"Das wilde Grün" im Café Übrig:Ein feministischer Blick auf die Natur

Lesezeit: 3 min

Jasmin Jetter (links) und Julia Schmack setzen sich mit ihrer Ausstellung "Das wilde Grün" im Café Übrig mit dem Blick des Menschen auf seine Umwelt auseinander. (Foto: Marco Einfeldt)

Kunstpädagogin Jasmin Jetter und Insektenforscherin Julia Schmack stellen Kunstwerke aus, die sich mit der Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Umwelt beschäftigen.

Von Lena Meyer, Freising

Die menschliche Beziehung zur Natur sei ein "sehr aktuelles und sehr kontroverses Thema, zu dem jeder und jeder eine eigene Haltung hat", sagt Kunstpädagogin Jasmin Jetter. Zusammen mit der Wissenschaftlerin und Insektenforscherin Julia Schmack stellt sie aus diesem Grund eigene Kunstwerke, die sich mit der Auseinandersetzung zwischen Mensch und Natur beschäftigen, aus. Die gemeinsame Ausstellung unter dem Motto "Das wilde Grün - Von Farbe, Pflanzen und Frauen" lädt dazu ein, diese Beziehung aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Ausgestellt wird im Café Übrig, "einem Ort, an dem sich viele tolle Menschen für einen nachhaltigeren Umgang mit Lebensmitteln und damit mit den Ressourcen unserer Erde einsetzten", sagt Jasmin Jetter. "Auch wir möchten diesen Ansatz mit unserer Kunst unterstützen." Im Mittelpunkt der Ausstellung steht ein feministischer Blick auf die Umwelt.

Die Geschichte der Menschheit ist stets von einem grünen Faden durchzogen: der Natur. Von der Frühzeit, in der das Überleben von der Jagd und dem Sammeln abhing, bis zur modernen Ära der Urbanisierung hat sich die Interaktion zwischen Mensch und Umwelt jedoch ständig gewandelt. Diese Veränderungen spiegeln nicht nur unseren Wandel in Lebensstilen, sondern zeugen auch von einer vielschichtigen Haltung des Menschen zu seiner Umwelt.

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Eine anthropomorphe Darstellung der Natur als weiblich ist tief in der menschlichen, kulturellen Geschichte verankert. Repräsentiert durch fruchtbare Erde, blühende Pflanzen und majestätische Wälder wird die Umwelt oft als weiblich beschrieben. "Die Natur wird oft als Metapher für weibliche Erfahrungen verwendet - sowohl im Sinne von kreativer Entfaltung als auch im Umgang mit dem Ungezähmten als auch mit dem Zerbrechlichen des Lebens", erklärt Julia Schmack.

Die Ausstellung konzentriere sich daher auf die Erforschung des Weiblichen, indem sie die Natur aus einem feministischen Blickwinkel betrachtet. Julia Schmack betont, dass dies nicht im biologischen Sinne geschehe, sondern als ein universelles Konzept, das in jedem Menschen existiert. Qualitäten wie etwa Intuition, Schöpfungskraft, Reflexion und Emotionen, die zwar stark mit dem weiblichen Geschlecht assoziiert sind, werden dabei als universell und unabhängig vom Geschlecht betrachtet.

"Durch unsere Kunst wollten wir diese weiblichen Anteile hervorheben und feiern, und den Besuchern die Möglichkeit bieten, ihre eigene Verbindung zu diesen Qualitäten zu erkunden und zu vertiefen", so Schmack. "Moderner Feminismus bedeutet für uns zudem, dass Männer und Frauen in allem gleichgestellt sind und frei ausleben dürfen, wer sie sind", ergänzt Jetter. Eben auch in ihren Emotionen und Erfahrungen. Gerade florale Motive sollen dabei als Ausdrucksform der weiblichen Emotionswelt dienen. Das hat einen bestimmten Grund: Schöne Blumen und dekorative Natur galten lange Zeit als für Malerinnen angemessenes Thema. Als harmlos anmutend waren diese Motive jedoch mit unterschwelligen Bedeutungen aufgeladen. "Als Beispiel könnte man hier Gabriele Münters Blumenstillleben während des Nazi-Regimes nennen", sagt Jetter.

Einen feministischen Blick auf die Natur werfen Jasmin Jetter und Julia Schmack mit ihrer aktuellen Ausstellung. Das Bild zweigt ein Werk von Jasmin Jetter. (Foto: Marco Einfeldt)

Auch die Freisinger Künstlerinnen wollen ihre Werke nicht als rein dekorativ sehen, sondern viel eher als Möglichkeit verstehen, eigene Gefühle und Geschichten aufzuzeigen. Die Pflanzenmotive dienen als Bedeutungsträger eigener Emotionen. Die Freiheit, dies frei und unabhängig als Frau darzustellen, sei ein hohes Gut und nicht selbstverständlich, mahnt Jetter.

Sowohl ihre als auch Schmacks Bilder weisen einen gewissen Dualismus auf: sanft und wild, laut und leise, hell und dunkel. "Dichotomien werden in unseren Bildern zusammengeführt und spiegeln so die Komplexität unserer Welt", sagt Jetter. Als Kunstpädagogin fängt sie das Schöne und Friedliche in der Natur ein, was die Hoffnung und Harmonie in der weiblichen Seele symbolisiert. Julia Schmack hingegen, als Ökologin, thematisiert das Werden und Vergehen in der Natur, das Helle und das Dunkle und den hoffnungsvollen, lebendigen Raum dazwischen. "Unsere Bilder kann man als Gefühlsbilder bezeichnen und jedes Bild beschäftigt sich mit verschiedenen Emotionen", so Jasmin Jetter.

Die Ausstellung kann bis zum 18. Dezember besucht werden. Am Samstag, 9. Dezember, bieten die Künstlerinnen einen ganztägigen Kinderworkshop an. Dieses Angebot schafft auch eine inklusive Gelegenheit für junge Künstler, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Die Materialien werden zur Verfügung gestellt, die Aufsichtspflicht könne allerdings nicht von den Künstlerinnen übernommen werden. Es fällt ein Kostenbeitrag an.

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