Wahlrecht:Die Jugend will eine Stimme haben

Lesezeit: 2 min

Auch in Bayern fordern Jugendliche die Herabsetzung des Wahlalters. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Wählen ab 16 Jahren ist in Bayern bisher nicht erlaubt. Ein neues Volksbegehren will das ändern. Auch im Landkreis Freising engagieren sich die Jugendlich dafür. Nicht allen Parteien gefällt das.

Von Victoria Hehle, Freising

Gut eine Woche ist es her, dass in ganz Bayern ein Wahlkampf der anderen Art stattgefunden hat. Die Aktion Vote-16, die sich für das Wahlrecht für 16- und 17-Jährige in Bayern einsetzt, organisierte in allen Landkreisen Infostände mit Unterschriftenlisten. Ziel war es, die Debatte um eine Herabsetzung des Wahlalters zu starten und Unterschriften für die Zulassung zum Volksbegehren zu sammeln.

Bei der Kampagne dabei ist auch der 17-jährige Lysander Brieger aus Moosburg. Der zweite Vorsitzende des Moosburger Jugendparlaments hatte sich in der Moosburger Innenstadt positioniert, um dort der Bevölkerung das Thema Wahlrecht ab 16 näher zu bringen. Mit Erfolg. Rund 60 Unterschriften konnten an dem Tag gesammelt werden, darunter auch die des Grünen-Landtagsabgeordneten Johannes Becher. Für Lysander Brieger ein wichtiges Zeichen, denn schließlich darf er aufgrund seines Alters nicht selbst unterschreiben.

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Der 17-Jährige wünscht sich mehr Mitbestimmung in der Politik, besonders bei den Themen Klimaschutz, Bildung oder etwa Digitalisierung. "Ich finde mit 16 oder 17 ist man schon sehr politisch interessiert und engagiert sich zum vielleicht schon bei Organisationen wie etwa Fridays for Future. Aber auch in Vereinen sind viele Jugendliche vertreten und setzen dort einiges um", so Brieger. Um die Demokratie zu stärken, fände der Teenager eine Senkung des Wahlalters wichtig: "Wenn junge Leute sehen, dass sie ihre Stimme einbringen können, werden sie ermutigt, auch in Zukunft weiter wählen zu gehen."

Doch nicht allen gefällt die Idee, schon 16- und 17-Jährigen das Wahlrecht zu geben. Eine Partei, die sich gegen Vote-16 ausspricht, ist die CSU. Maximilian Mader, Vorsitzender des CSU-Ortsverbands in Moosburg, nennt die Forderung nach einem Wahlrecht ab 16 eine "populistische Debatte". "Wenn man das Wahlrecht von der Volljährigkeit loslöst und damit die durchschnittliche Reifeentwicklung unberücksichtigt lässt, könnte man genauso gut das Wahlalter ab 14 fordern und man landet in einer willkürlichen Debatte", so Mader.

Kerry Hoppe, eine jungen Liberale aus Schäftlarn, will Volksbegehren für das Wahlrecht ab 16 in Bayern initiieren. (Foto: Alessandra Schellnegger)

"Es gibt sehr viele Menschen, die schon sehr jung gesellschaftliche Verantwortung übernehmen", meint hingegen Kerry Hoppe von Vote-16. "Sie sollen auch mitbestimmen dürfen." Die 21-jährige Liberale kandidiert im Stimmkreises München-Ramersdorf für den Bayerischen Landtag. Um das Wahlrecht für 16- und 17-Jährige in Bayern tatsächlich möglich zu machen, muss ein langwieriges Prozedere durchlaufen werden. Damit der Antrag auf ein Volksbegehren überhaupt zugelassen werden kann, muss ein ausgearbeiteter Gesetzentwurf vorgelegt werden. Und dazu mindestens 25 000 Unterschriften, die nicht digital, sondern nur bei Infoständen von Vote-16 oder bei Kreis- und Stadtjugendringen gesammelt werden können.

In Freising ist dafür Damian Knöpfle, Geschäftsleiter des Kreisjugendrings Freising (KJR), verantwortlich. Er ist optimistisch: "Ich glaube, die 25 000 Stimmen werden weit übertroffen. Wenn jeder Jugendring 200 Unterschriften sammeln würde, wäre es geschafft." In Freising selbst beobachtet Knöpfle eine positive Resonanz gegenüber Vote-16. Seinen Aussagen zufolge haben bereits mehrere Hundert Freisinger die Listen unterschrieben.

Innenministerium prüfte die Gültigkeit des Zulassungsantrags

Wenn bayernweit genügend Unterschriften gesammelt worden sind, gehen die vollständigen Unterlagen an das Innenministerium, das die Gültigkeit des Zulassungsantrags überprüft. Wenn alles klappt, kann daraufhin das eigentliche Volksbegehren gestartet werden. Damian Knöpfle rechnet damit, dass das Vote-16 -Volksbegehren im vierten Quartal des Jahres stattfinden wird. Im Herbst werden deshalb wohl große Kampagnen starten. Denn zehn Prozent der Wahlberechtigten, also in Bayern rund 950 000 Menschen sind notwendig, um die Entscheidung in die nächste Runde zu bringen. Zwei Wochen Zeit hat man dann, das Begehren in den Rathäusern der Kommunen zu unterschreiben.

Sollte das Volksbegehren von Vote-16 tatsächlich genügend Anklang in der Bevölkerung finden, liegt es am Bayerischen Landtag, dessen Mitglieder zu zwei Dritteln für den Beschluss stimmen müssen. Bisher haben sich nur CDU und die AfD gegen ein Wahlrecht für Unter-18-Jährige ausgesprochen. Weil die Veränderung des Wahlrechts aber eine Veränderung der Verfassung bedeutet, braucht es neben der Landtagsabstimmung auch noch einen Volksentscheid. Dabei müssen mindestens 25 Prozent der wahlberechtigten Bayern für den Beschluss stimmen. Erst dann könnte das neue Wahlrecht auch tatsächlich umgesetzt werden.

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