Vielleicht löst sich ja doch alles in Wohlgefallen auf, das zumindest ist die Hoffnung von Landrat Helmut Petz. Während einer Informationsveranstaltung zur geplanten Flüchtlingsunterkunft in Vötting versuchte er, Sorgen und Ängste der Anwohner zu zerstreuen. Diese befürchten einerseits eine mögliche Gesundheitsgefährdung der Menschen, die dort unterkommen sollen.
Andererseits sorgt sich die unmittelbare Nachbarschaft vor Belästigungen durch künftige Bewohnerinnen und Bewohner sowie nächtelange Partys, die ihren Schlaf stören könnten. Außerdem warfen sie Petz und Sandra Schulenberg, zuständig für Asylangelegenheiten im Landratsamt, schlechtes Informationsmanagement vor.
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Etwa 90 Personen waren in den großen Sitzungssaal des Landratsamts gekommen, um ihren Unmut zu äußern. Der Landrat habe zur Audienz gebeten, hieße es höhnisch. Petz und Schulenberg erklärten, unterbrochen durch Zwischenrufe, zunächst die Lage, in der sich das Landratsamt befindet. Nämlich die dem Landkreis zugeteilten Geflüchteten unterzubringen. Das ehemalige Wohnheim für Studierende bietet sich aus Sicht der Verwaltung dazu optimal an, zumal die Stadt Freising in Rückstand ist, was die Aufnahme von Geflüchteten anbelangt. Das Landratsamt verständigte sich mit der Regierung von Oberbayern, die dem Landkreis das Gebäude für einen geringen Obolus überlässt.
Schon einige Zeit, bevor das Landratsamt bekannt gab, dass es das Wohnheim zu einer Flüchtlingsunterkunft umbauen lässt, hatten die Nachbarn dort Entrümpelungsarbeiten wahrgenommen. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie sich bereits Informationen gewünscht, lautet ein Vorwurf gegenüber Petz. Er habe viel Vertrauen verspielt, warf Anwohner Hans-Georg Geppert dem Landrat vor.
Die Behörde setze bewusst die Gesundheit der Geflüchteten aufs Spiel
Petz begründete den Zeitpunkt, an dem er an die Öffentlichkeit ging, damit, dass das Landratsamt lange "noch nicht Herr im Haus" war. Sofort, als der Freistaat dem Landkreis signalisierte, dass er die Immobilie mieten könne, habe die Behörde das publik gemacht. "Am selben Tag haben wir die ersten Vorwürfe erhalten." Erst am 25. Januar dieses Jahres sei der Vertragsvorentwurf eingegangen. In der Zwischenzeit habe man mit Einverständnis des Freistaats bereits mit der Entrümpelung begonnen.
Massive Vorwürfe gibt es gegenüber dem Landratsamt, die Behörde setze bewusst die Gesundheit der Geflüchteten aufs Spiel. Schimmel und Sporen könnten unter anderem zu Reizungen der Atemwege führen. Das Gebäude sei mit Asbest belastet. Die Nachbarn führten überdies ein Gutachten aus dem Jahr 2017 an, in dem es hieß, dass das Haus unbewohnbar sei.
Tatsächlich hatte das Studierendenwerk vor sieben Jahren den Plan, das Wohnheim abzureißen. Eine Renovierung wäre zu teuer, hieß es damals zur Begründung. Eine technische Ausrüstung gemäß den heutigen Standards wäre zudem nicht leicht umzusetzen. Offenbar war in dem Gutachten damals aber nicht von einer Gesundheitsgefährdung die Rede. Möglicherweise ist der Schimmel erst in den Jahren danach entstanden, als die Studierenden ausgezogen waren und nicht mehr geheizt wurde.
Meinung Kommentar:Die reine Provokation
Michael Albuschat (AfD) polemisiert gegen das geplante Wohnheim für Geflüchtete. Und erntet auch noch Beifall dafür.
Anwohner Manfred Guldner hegt ebenfalls Bedenken, was die Gesundheit der Geflüchteten anbelangt, die in das Wohnheim einziehen sollen. Überdies entspreche der Brandschutz nicht den aktuellen Bestimmungen. Guldner möchte Einblick in das Gutachten haben, das die Sicherheit der künftigen Bewohner garantiere. Was den Brandschutz angeht, sagte Petz, habe er als Landrat ein Eigeninteresse. "Da hört sich der Spaß auf." Alles müsse rechtlich einwandfrei sein, "sonst komme ich in Teufels Küche".
Schulenberg ist überzeugt: "Wir können alles sanieren." Was den Asbest betreffe, sei dieser fachmännisch entsorgt worden. Überdies seien nur zwei Zimmer belastet gewesen. Dies erkläre den Umstand, dass Arbeiter dort ohne Schutzmaske zu Werke gehen könnten. Schulenberg wehrte sich gegen den Vorwurf, das Wohnheim sei eine "Schrottimmobilie". Es sei im Gegenteil ein "Geschenk". Die Zimmer seien mit Bad und Küchenzeile ausgerüstet.
Guldner treibt vor allem die Lärmbelastung um, die nachts von dem Wohnheim ausgehen könnte. Als noch Studierende in dem Gebäude gewohnt haben, sei die Nachbarschaft regelmäßig durch Partylärm aus dem Schlaf gerissen worden, weil die Fenster der Gemeinschaftsräume zur Giggenhauser Straße ausgerichtet sind. "Wir können endlich wieder ruhig schlafen." Er forderte eine schriftliche Garantie, "dass wir auch künftig nachts Ruhe haben".
Schulenberg und Petz beriefen sich auf das Hausrecht, das der Landkreis als Hausherr innehabe. Die Regeln sind strikt. Von 20 Uhr an herrsche Besuchsverbot, sagte Petz. Partys werde es keine geben. Dafür sollen Hausmeister und Security sorgen. Die Erstbelegung solle von Süden her erfolgen, auf der von der Nachbarschaft abgewandten Seite. Schulenberg sagte, dass es keine Gemeinschafts-, sondern nur noch Einzelzimmer geben werde. "Der Sicherheitsdienst sorgt für die Einhaltung der Hausordnung."
Renvierungskosten sollen geringer sein als bei der Containeranlage an der Wippenhauser Straße.
Was die Kosten für die Renovierung betrifft, hielt sich Schulenberg bedeckt. Das sei Sache der Regierung, in deren Auftrag der Landkreis die Geflüchteten unterbringt. Sie verriet nur so viel, dass die Kosten geringer seien als bei der Containeranlage an der Wippenhauser Straße.
"Ich fühle mich beobachtet", argumentierte eine Nachbarin. Ihre Terrasse und ihr Garten seien vom künftigen Wohnheim gut einsehbar. Manche Frauen würden sich vielleicht des Nachts gar nicht mehr auf die Straße trauen. Sie vermutet, dass die Leute im Wohnheim den ganzen Tag über nichts zu tun hätten. Ihr wäre wohler, wenn sie rasch arbeiten dürften. Schulenberg versicherte, dass die neuen Bewohnerinnen und Bewohner tagsüber kaum zu sehen sein werden, weil sie entweder Besorgungen in München erledigten oder aber einer Arbeit nachgingen. Falls es zu Belästigungen kommen sollte, sollte dies dem Hausmeister oder dem Landratsamt gemeldet werden.