Energiewende im Landkreis Freising:Jede Menge Platz für Solaranlagen

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10.000 Hektar Fläche im Landkreis Freising sind für Solarparks geeignet. 6400 Hektar sogar in besonderem Ausmaß. Das hat eine Studie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf ergeben. (Foto: Ben Birchall/dpa)

Gut 10.000 Hektar im Landkreis sind laut einer Studie der HSWT für Freiflächen-Photovoltaikanlagen geeignet, 6400 sogar in besonderem Ausmaß. Jetzt gilt es, psychologische Hürden beim Ausbau zu überwinden, um die Energiewende zu schaffen.

Von Peter Becker, Freising

Zwei Seelen wohnen in der Brust von Kreisrat Toni Wollschläger (Grüne). Er war stets dafür, Solaranlagen auf Dächer oder über Parkplätze zu bauen anstatt in die Landschaft. Weil die Gesellschaft seiner Meinung nach in den vergangenen Jahren zu bequem war, um die Energiewende voranzutreiben, müsse man jetzt aber Photovoltaik-Anlagen in die Fläche bauen, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Das stört ihn am Namen "Pfiffig", den die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) einem Studienprojekt verliehen hat. Darin geht es darum, wie viel Fläche im Landkreis Freising für den Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen zur Verfügung stünden. Studierende stellten diese im Kreisausschuss des Kreistags vor.

Wollschläger monierte, dass sich die Gesellschaft in den vergangenen Jahren keineswegs pfiffig verhalten habe, sondern die Gelegenheit, etwas für die Energiewende zu tun, verstreichen ließ. Damit genug der Kritik: Die Studie der HSWT, die in ein parzellengenaues Gutachten münden soll, lenke seiner Ansicht nach den Bau von Freiflächenanlagen in geordnete Bahnen. Jetzt gelte es, vorwärts zu schauen. Die Anlagen sollten aber so schonend wie möglich in die Landschaft gebaut werden. Im Übrigen wüssten die Wenigsten, dass Landwirte kaum mehr Besitzer der Ackerflächen seien, sondern nur noch Pächter. Und es gelte zu bedenken, "dass Essen nicht im Supermarkt wächst, sondern auf den Feldern". Immerhin, er hat jetzt das Gefühl, dass "etwas vorwärts geht".

Der Kreisausschuss ist von den Ergebnissen der Studie begeistert

Insgesamt war der Kreisausschuss von der Studie der HSWT begeistert. Landrat Helmut Petz (FW) bezeichnete sie in dem Sinn als "Pfiffig", als sie Hinweise gebe, wo Solaranlagen am sinnvollsten gebaut werden können. Dazu hatten die Studierenden die Flächen im Landkreis untersucht und nach Kriterien eingestuft. Diese sind in eine "Raum-Widerstandskarte" eingeordnet. Da erscheinen absolute Tabuzonen. Dabei handelt es sich um intakte Landschaftsschutzgebiete oder Moorflächen ohne Ackerbau. Es gibt Flächen mit hohem und mittlerem Widerstand. In letzteren ist es nicht sinnvoll, Solaranlagen hineinzubauen. Aber dies liegt im Ermessen der Gemeinden. Dabei handelt es sich beispielsweise um Gebiete, die zwar in einem Landschaftsschutzgebiet liegen, in denen aber der Schutzzweck nicht erfüllt ist. Sie liegen neben einer Autobahn oder dienen zum Ackerbau. Flächen mit geringem Widerstand sollten die Kommunen nutzen. Vorrang haben Areale, die von einer Bebauung mit Freiflächenphotovoltaik gar profitieren, weil sie etwa vor Erosion schützen.

Nach den Erkenntnissen der HSWT-Studierenden gehören 12,5 Prozent der untersuchten Flächen zu solchen mit hohem Potenzial. Das heißt, 10.000 Hektar könnten mit Freiflächenanlagen überbaut werden. Davon sind wiederum 6400 besonders geeignet. Dies sind mehr Flächen, als die Bürgergenossenschaft vor Kurzem in einer Studie als notwendig für die Energiewende ausgewiesen hat.

Rainer Schneider fürchtet, aus befristeten Herausnahmen aus einem Landschaftsschutzgebiet könnten leicht unbefristete werden

Landrat Petz sagte, die Untersuchung sei "ein großartiges Instrument für Entscheidungen im Landkreis und den Gemeinden". Sie bilde eine belastbare und rationale Grundlage. "Meine Erwartung ist übererfüllt." Jetzt gelte es, psychologische Hürden beim Ausbau der Photovoltaikanlagen zu überwinden.

Rainer Schneider (FW) hegt die Sorge, dass es in den Gemeinden Diskussionen geben könnte, zu Gunsten einer gewerblichen Nutzung die Landschaftsschutzgebiete auszuhebeln. Er mahnte zur Vorsicht. Aus befristeten Herausnahmen aus einem Landschaftsschutzgebiet könnten leicht unbefristete werden. Am Ende bringe man die Solaranlagen von den Flächen nicht mehr weg. Sebastian Thaler (SPD) findet es wichtig, dass der Landkreis in die Vorgabe geht. Damit werde Investoren nicht das Feld überlassen. Er wünscht sich solch ein Gutachten auch für die Windkraft. Deren Effizienz sei wesentlich höher.

Photovoltaik gehört aufs Dach, aber nicht auf Felder oder Landschaftsschutzgebiete, findet Kreisrat Johann Stegmair (CSU). (Foto: Uwe Anspach/dpa-tmn)

Johann Stegmair (CSU) ist kein Freund davon, Flächen mit Solaranlagen zuzubauen. "Photovoltaik gehört auf die Dächer", machte er seinen Standpunkt klar. Zumal es schwierig sei, den Strom überhaupt ins Netz zu bringen, sprach er aus eigener Anschauung. Moritz Strey, Energiebeauftragter im Landratsamt, bestätigte, dass es da ein Defizit gebe. Er verwies auch auf das Nord-Süd-Gefälle im Landkreis. Im dünn besiedelten Norden gebe es die Flächen, die meisten Menschen lebten aber im Süden. Die Anlagen dürften nicht alle im Norden gebaut werden, um dort die Bevölkerung nicht zu überlasten.

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