"Poetry Unplugged":"Freising hat das beste Publikum, das ich kenne"

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Die Poetry-Slammer treffen sich jetzt immer donnerstags im Lindenkeller. (Foto: Andreas Gebert)

Mit einem Sommer-Special verabschieden sich die Poetry-Slammer Yannik Sellmann und Philipp Potthast als Veranstalter der Lesebühne im Furtnerbräu. Lea Loreck übernimmt und will die Treffen noch diverser gestalten.

Von Ella Rendtorff, Freising

Wenn Yannik Sellmann auf der Lesebühne im Freisinger Furtnerbräu seine Texte zum Besten gibt, empfinde er vor allem eines: ein starkes Miteinander. Fünf Jahre ist es nun her, dass der Poetry-Slammer gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen Philipp Potthast die Lesebühne in Freising gegründet hat. Seitdem ziehen hier einmal im Monat junge Menschen ins Wortgefecht. Nicht einmal von der Pandemie ließen sich die Slammerinnen und Slammer aufhalten. Unter Berücksichtigung der geltenden Hygienekonzepte wurde es auf der Lesebühne nie ganz still.

Unter dem Titel "Poetry Unplugged" bietet die Veranstaltungsreihe Freiraum für Gesprochenes, Gesungenes, Gerapptes und Gereimtes. Von Stand-up-Nummern über sozialkritische Texte bis hin zu klassischer Poesie bekommt man so ziemlich alles zu hören, was aus Worten entstehen kann. Anders als bei den Poesie-Wettstreits, bekannt als Poetry-Slams, geht es auf der Lesebühne nicht um ein Gegen-, sondern um ein Miteinander. Besonders in kleineren Städten wie Freising gehe dieses Konzept spürbar auf, bestätigt Yannik Sellmann, der selber mit seinen Texten als Stand-up-Comedian und Poetry-Slammer durch ganz Deutschland tourt. So viel Enthusiasmus wie auf der Bühne im Furtnerbräu habe er anderswo selten erlebt: "Freising hat das beste Publikum, das ich kenne."

Für Sellmann endet die Zeit als Organisator der Lesebühne nun allerdings vorerst. Mit ein bisschen Wehmut, aber mindestens so viel Zuversicht geben er und Philipp Potthast die Veranstaltung aus zeitlichen sowie räumlichen Gründen nun ab. Unter der Leitung der befreundeten Poetry-Slammerin Lea Loreck und dem langjährigen Slammer Debil Darryl soll die Bühne aber fortleben. "Ich glaube, wir haben mit der Lesebühne etwas Cooles aufgebaut und ich freue mich, dass es weitergeht", sagt Yannik Sellmann.

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Bevor sie die Bühne abgeben, soll es im Furtnerbräu aber noch einmal laut werden: An diesem Samstag, 29. Juli, feiert "Poetry Unplugged" zum Saisonende und zum Abschied der beiden bisherigen Veranstalter ein großes Sommer-Special. Eingeladen sind alle, die in den vergangenen Jahren an der Lesebühne aktiv waren. Den Wortakrobatinnen und -akrobaten sind für den Abend keine Grenzen gesetzt, man darf also auf Textgattungen und Stilrichtungen aller Art gespannt sein. "Natürlich wird es auch Texte über die Lesebühne selbst geben, eine Art kleine Revue", verrät Sellmann.

Mit großer Euphorie, aber auch einer Prise Nervosität blickt die zukünftige Leiterin Lea Loreck dem Abend entgegen. "Ich fühle mich geehrt, die Veranstaltungsreihe übernehmen zu dürfen und freue mich auf alles, was kommt", sagt die 31-Jährige Sozialpädagogin aus München. Neben ihrem Beruf ist sie seit Jahren in der Poetry-Slam-Szene aktiv und tritt als freie Rednerin bei verschiedensten Events auf. Als Mutter und engagierte Feministin ist es ihr vor allem ein Anliegen, die Lesebühne zukünftig noch diverser zu gestalten. "Mir ist wichtig, dass jedes Mal mindestens eine FLINTA*- Person an der Veranstaltung teilnimmt." ( Anm. d. Red.: Das Akronym steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender, also geschlechtsneutralen, Personen). Sie selbst habe oft genug die Erfahrung gemacht, als einzige Frau auf dem Lineup zu stehen. Das möchte sie ändern.

Schöne Atmosphäre: Das Publikum im Furtner liebt die Poetry-Slammer und -Slammerinnen der Lesebühne. (Foto: privat)
Philipp Potthast organisiert seit vielen Jahren Poetry Slams und ist selbst auf vielen Bühnen aufgetreten. (Foto: privat)

"An der Lesebühne soll sich jede und jeder wohlfühlen, egal ob als Performerin oder als Zuschauerin", betont Loreck. Außerdem will sie auch denjenigen eine Chance geben, die kaum oder gar nicht bekannt sind. Gerade bei ersten Auftritten sei Lampenfieber normal, aber Angst müsse hier keiner haben: "Das Publikum im Furtnerbräu ist offen für alles, was geboten wird", weiß die Poetry-Slammerin aus Erfahrung. "Die Menschen hier lachen, reflektieren und fühlen mit."

Entgegen der Erwartung vieler müssen sich die präsentierten Texte nicht einmal zwingend reimen, Loreck selbst verzichtet in ihren Texten übrigens auch darauf. Am liebsten schreibt sie Prosa und Kurzgeschichten aus dem Leben, klassisches Versmaß finde man bei ihr nicht. "Das Reimen überlasse ich lieber anderen, sagt die angehende Leiterin der Lesebühne und lacht.

Neben viel Poesie wird der Kölner Singer-Songwriter Lights of May am kommenden Samstag für musikalische Untermalung sorgen. Höchstwahrscheinlich sogar ohne elektronische Verstärkung und damit ganz im Sinne des Veranstaltungsmottos "Unplugged". Was sich Yannik Sellmann und Lea Loreck für das Sommer-Special wünschen? Zahlreiche Auftritte und natürlich ein lebendiges Publikum. Das dürfte in Freising ja selbstredend der Fall sein.

Los geht es am 29. Juli um 20 Uhr im Furtnerbräu an der Oberen Hauptstraße in Freising, die Tickets kosten fünf Euro.

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