Lokalpolitiker unterstützen Werbekampagne:Gegen das Apothekensterben

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Nach knapp 30 Jahren muss die Isar-Apotheke in der Finkenstraße 31 in Lerchenfeld zum Jahresende schließen. (Foto: Marco Einfeldt)

Landrat Josef Hauner und Moosburgs Bürgermeisterin Anita Meinelt werben für den Pharmazeutenverband, dem der Nachwuchs fehlt. Sie warnen davor, Medikamente im Internet zu bestellen.

Von Thilo Schröder, Freising/Moosburg

Nach knapp 30 Jahren muss die Isar-Apotheke in der Finkenstraße 31 in Lerchenfeld zum Jahresende schließen. Das bestätigte am Freitag Inhaberin Renate Weinzierl. Drei Jahre habe sie einen Nachfolger gesucht, letztlich aber keinen gefunden, sagt die 68-Jährige. "Einige waren interessiert, aber wollten es dann doch nicht machen: zu wenig Rendite." Kein Einzelfall: Die Branche plagen Nachwuchssorgen, "manche müssen ganz schön um ihre Existenz kämpfen", sagt Ingrid Kaiser, regionale Sprecherin des Bayerischen Apothekerverbands.

Um dem Apothekensterben vor Ort entgegenzuwirken, fährt der Verband seit September 2018 eine Imagekampagne unter dem Schlagwort "#unverzichtbar - Sichere Perspektiven für junge Apotheker". Im Zuge dessen kooperiere man mit Lokalpolitikern, sagt ein Sprecher der Landesapothekerkammer. Begründung: "Kommunalpolitiker bekommen am schnellsten mit, was die Menschen vor Ort umtreibt." Im Landkreis Freising beteiligen sich derzeit Landrat Josef Hauner und Moosburgs Erste Bürgermeisterin Anita Meinelt (beide CSU). Auf Plakaten, die vor Ort, aber auch am Münchner Hauptbahnhof hängen, werben sie mit Sätzen wie "Sachkundige und persönliche Beratung gibt es nur in der Apotheke vor Ort" und "Für den Fortbestand unserer Apotheken sollten wir vorbeugen". Was treibt sie an?

"Apotheken gehören zu einem lebendigen Ortsbild"

"Apotheken gehören zu einem lebendigen Ortsbild", sagt Meinelt. "Wenn wir nicht aufpassen, dann sind die weg, dann ist es zu spät." Im schlimmsten Fall gäbe es am Ende nur noch Berater, die Medikamente im Internet bestellen. "Online-Apotheken sind nicht die Lösung", sagt Meinelt, "sondern Fachleute vor Ort, die zum Beispiel fragen: Nehmen Sie sonst noch etwas? Wegen möglicher Nebenwirkungen." Eine Nebenwirkung von Online-Apotheken sei, dass mehr Medikamente gekauft würden. "Da werden die Gesundheitskosten nach oben gehen", so Meinelt.

Mit der Kampagne vor Ort wolle man sich vom Internet-Angebot abgrenzen, bestätigt Ingrid Kaiser. Ausländische Versandanbieter von Medikamenten böten keine Notdienste oder Rezepturmischungen an. "Wir haben keine Angst vor Qualitätswettbewerb", betont Kaiser, "den würden wir gewinnen." Es gehe darum, auf den Berufsstand aufmerksam zu machen und eine "flächendeckende Versorgung, gerade auf dem Land, sicherzustellen". Es sei wichtig, eine wohnortnahe Versorgung zu gewährleisten, bestätigt Hauner. "Damit auch die Menschen auf dem Land kurze Wege haben, wenn sie sich medizinische Produkte besorgen wollen oder müssen." Auch der Notdienst der Apotheken sei wertvoll, um am Wochenende und an Feiertagen schnell und unkompliziert an Medikamente zu kommen.

Die Kommunalpolitiker bekommen keine Aufwandsentschädigung

Dass Politiker mit der Wirtschaft kooperieren, wird zum Teil aber auch kritisch gesehen. Meinelt und Hauner widersprechen: "Mit Werbung für die Pharmaindustrie hat das nichts zu tun", sagt Hauner. "Das machen ja viele", sagt Meinelt. "Es ist Aufgabe der Politik, vor Ort dafür zu sorgen, dass die Infrastruktur nicht ausblutet." Die Rückmeldungen auf die Kampagne seien "nur sehr positiv", sagt sie. Organisation und Kosten übernehme außerdem vollständig der Apothekerverband. Der bestätigt: Die Kommunalpolitiker bekämen keine Aufwandsentschädigung.

Ende 2009 gab es laut Landesapothekerkammer 39 Apotheken im Landkreis Freising, derzeit sind es 35. Wenn die Isar-Apotheke in Lerchenfeld zum Jahresende schließt, wird es eine weniger sein. "Wir haben viele Stammkunden, die sind alle sehr traurig. Vor allem die Älteren, die müssen jetzt weitere Wege gehen", sagt Renate Weinzierl. Einige ihrer acht Mitarbeiter habe sie im letzten Quartal bereits verloren, sagt sie. Die Verbliebenen müsse sie dann alle entlassen.

© SZ vom 16.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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