Stadtplanung in Freising:Mehr Leben am Wasser

Lesezeit: 3 Min.

In der Innenstadt haben sich die Menschen den Fluss schon wieder zurückerobert. (Foto: Johannes Simon)

Über Jahrhunderte war die Moosach die Lebensader der Stadt. Dann wurde sie zubetoniert und kanalisiert, verschwand aus dem Stadtbild. Das soll sich langfristig ändern. Ein Freiraumkonzept will den Fluss wieder zu den Menschen bringen, nicht nur in der Innenstadt.

Von Peter Becker, Freising

Die Moosach war über Jahrhunderte hinweg die Lebensader der Stadt Freising. Sie versorgte die Menschen mit Nahrung und Energie. Davon zeugen noch heute Relikte von Mühlen und Wasserkraftwerken. Sie versorgte die Menschen mit Trinkwasser, was aufgrund zunehmender Verschmutzung immer wieder zu Choleraausbrüchen führte. "Sie muss zum Himmel gestunken haben", heißt es in einer Chronik. Vor allem im 20. Jahrhundert verbannte die Stadtplanung den weit verzweigten Fluss zunehmend unter die Erde. Die Moosach wurde zubetoniert und kanalisiert, verschwand aus dem Stadtbild. Das soll sich langfristig ändern. Ein Freiraumkonzept will den Fluss wieder erlebbar machen. Eine Machbarkeitsstudie nahm der Planungsausschuss des Stadtrats jüngst zur Kenntnis.

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Heute hat sich ein Gesinnungswandel eingestellt. Fließgewässer bedeuten Lebensqualität. Darum hat die Stadt Freising ein Planungsbüro beauftragt, zu untersuchen, wie die Moosach etwa durch durchgängige Fuß- und Radwege wieder mehr erlebbar gemacht werden kann. Sie nutzt dazu eine Förderinitiative der Europäischen Union für bayerische Städte und Gemeinden.

Das Planungsbüro stellte nun am Beispiel der Herrenmoosach vor, wie den Menschen der Aufenthalt an dem oft unzugänglichen Fluss wieder ermöglicht werden könnte. Sie legte deshalb den Fokus auf diesen Flussabschnitt, weil er als "grünes Band" zwischen Domberg und Musikschule in Neustift das größte Potenzial hat, "zu einem durchgängigen, grünen und stadtklimatisch wirksamen Wassererlebnisraum am Rande der Kernstadt zu werden".

Die Herrenmoosach an der Heiliggeistgasse sieht man noch. (Foto: Marco Einfeldt)

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Auch an der Angerbadgasse plätschert die Heerenmoosach vorbei. Das ließe sich schöner gestalten, sagen die Planer. (Foto: Marco Einfeldt)
Nicht jede städtische Musikschule leistet sich ein eigenes Gebäude. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Planer haben dabei vor allem ungenutzte Flächen entlang der Herrenmoosach an der Dombergwiese, Heiliggeistgasse, Angerbadgasse und Musikschule im Blick. Parallel dazu plant das Erzbischöfliche Ordinariat München auf dem Domberg verschiedene Hochbau-, Infrastruktur- und Freianlagenprojekte, die auch den Bereich südlich des Dombergs, angrenzend an die Moosach betreffen. Das Planungsbüro hat diese mit einbezogen.

Was die Wiese unterhalb des Dombergs anbelangt, hat das Planungsbüro zwei Vorschläge. In jedem Fall soll diese für die Öffentlichkeit geöffnet sein. Die Erschließung erfolgt über den Fürstendamm, die Brunnhausgasse oder die Sondermühlgasse. Variante eins zitiert laut Planer die historischen Bäder, Gärten und Wege der früheren Parkanlagen. Ein Teil der Wiese ist als Aufenthaltsfläche vorgesehen. Das ehemalige kirchliche Freibad soll zum Feuchtbiotop werden. Die Planung sieht die Wiederherstellung der historischen Brücke vor, mit Hilfe derer auch ein durchgehender Weg zum Bahnhof entstehen soll.

Die Wiese unterhalb des Dombergs soll für die Öffentlichkeit geöffnet sein. (Foto: Marco Einfeldt)

Variante zwei sieht eine einfache landschaftliche Gestaltung mit offener Wiese und Bäumen am Moosachufer vor. Aus der aktuellen Baustellenbrücke soll eine Fuß- und Radbrücke werden. Mit der Öffnung des Kirchengartens könnte ein direkter Weg vom Bahnhof in die östliche Altstadt entstehen. Für den Sondermüllerweg sieht die Planung einen Rückbau nicht mehr benötigter Garagen vor. Stattdessen soll eine Flusspromenade mit Wasserbalkon entstehen. In der alten Breymühle könnte eine Jugendherberge entstehen.

Eine historische Pferdetränke unter der Brücke

Nach der Mühle fließt die Herrenmoosach unter der Heiliggeistgasse hindurch und am naturnahen Spitalgarten vorbei. Was vielleicht den Wenigsten bekannt ist: Unterhalb der Brücke über den Fluss versteckt sich unter einer Trauerweide die historische Pferdetränke. Die Planer schlagen vor, die Heiliggeistgasse bis zur Einmündung in die Ottostraße verkehrsberuhigt und mit einem Pflasterbelag zu gestalten. Dabei soll der alte Standort des Isartors durch eine entsprechende Markierung wieder bewusst gemacht werden. Die alte Rosstränke könnte zu einem ruhigen Aufenthaltsort am Wasser werden, der Fußgänger zum Verweilen einlädt. Die Planer sehen dazu vor, die Brückenmauer durch Stufen zu ersetzen, um einen Holzsteg am Flussufer zu erreichen.

Der Moosachweg könnte dann weiter durch den öffentlich gemachten Spitalgarten bis zur Kreuzung mit dem Weg am Paudiß-Platz führen. Den weiteren Flussabschnitt bis zum Parkhaus bezeichnen die Planer euphemistisch "als unschöne Rückseite der Altstadt. Überall an der Angerbadgasse ist der Boden mit Parkplätzen versiegelt. Über der kanalisierten Moosach wölbt sich die Hochstraße. Einziger Lichtblick ist der kleine Park zwischen Feuerwache und Sonnenstraße hinter dem Parkhaus. "Das Potenzial zur Aufwertung des Areals ist hoch", bewertet das Planungsbüro.

Ein trister Ort. Über der kanalisierten Moosach wölbt sich hier die Hochtrasse. (Foto: Marco Einfeldt)

Vom Spitalgarten kommend könnte der Moosachweg über die Rampenabfahrt der Hochstraße unter dieser hindurch Richtung Angerbadergasse führen. Das Planungsbüro sieht vor, dort ein Sportangebot zu schaffen. Der anschließende Parkplatz soll entfallen und in einen kleinen Park umgewandelt werden. Die Planer weisen darauf hin, dass dort für die Stadtentwässerung die Möglichkeit zum Bau eines unterirdischen Retentionsbeckens entsteht. Der Moosachweg führt dann weiter zur Sonnenstraße, wobei die Garage eines Privatanrainers zurückgebaut werden müsste.

Bis zur Musikschule schlängelt sich die Moosach zwischen privaten Grundstücken hindurch. Ein unscheinbarer Eingang an der Sonnenstraße führt an einem Garagenhof entlang einer Kindertagesstätte vorbei zu einer Brücke über den Fluss hin zur Musikschule. Durchquert man dort einen Park, landet man auf einem "trostlosen" Parkplatz.

Die Planer schlagen einen Park am Flussufer vor

Die Planer schlagen vor, die Garagen an dem Kieshof in der Nähe der Kindertagesstätte zurückzubauen. Stattdessen könnte ein Park am Flussufer entstehen. Eine neue Brücke soll dann auf das Areal zur Musikschule führen. Die Parkplatzsituation gilt es neu zu lösen. Störende Elemente im Park der Musikschule sollen beseitigt werden. Vor dem historischen Eckherhaus haben die Planer einen Brunnen vorgesehen. Ein Weg soll Richtung Norden über eine fußgängergerechte Querungsstelle zum Herrenweg mit dem historischen Gerberhaus, dem "Abseits" führen. Der Herrenweg wäre dann die Fortsetzung des grünen Moosachwegs in Neustift.

"Das gefällt uns Allen", fasste Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher die Stimmung im Planungsausschuss zusammen. Es handele sich aber um ein eher mittel- bis langfristiges Ziel. Insbesondere Grundstücksverhandlungen mit Anliegern könnten sich mühselig gestalten.

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