Böse Überraschung:Lesensart schließt Filiale

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Auch wenn das Weltbild-Schild über dem Laden an der Unteren Haupstraße noch hängt: Nach Weltbild selber hat auch Nachfolger "Lesensart" die Filiale jetzt aufgegeben. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Buchladen an der Unteren Hauptstraße wird seit heute abgewickelt, vier Mitarbeiter verlieren ihre Jobs. Zweifel an der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells der ehemaligen Weltbild-Filiale hatte es bereits länger gegeben.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Seit Monaten hatten die Mitarbeiter der Buchhandlung Lesensart an der Unteren Hauptstraße um ihre Jobs gebangt. Am Mittwoch nun hat die Geschäftsleitung ihnen kurzfristig mitgeteilt, dass die Filiale endgültig geschlossen wird. Und zwar schon einen Tag später, am Donnerstag.

Das Unternehmen Lesensart mit Sitz im westfälischen Ahaus war erst im Frühjahr vom Kaufmann Rüdiger Wenk gegründet worden, um 67 Filialen des Augsburger Versand- und Buchhandelsunternehmens Weltbild zu übernehmen. Wie Wenk die Buchläden profitabel machen wollte, war stets unklar geblieben. Im Juli hatte Lesensart bereits einen Insolvenzantrag gestellt.

In den vergangenen Wochen waren sukzessive Filialen geschlossen und in Ein-Euro-Läden der Billigkette Schum Euroshop umgewandelt worden. Auch den Mitarbeiter in der Freisinger Lesensart-Filiale bleibt jetzt nichts anderes übrig, als das Geschäft abzuwickeln.

"Wir haben am Mittwoch in der Früh den Anruf bekommen, dass wir heute alles mit 40 Prozent Rabatt verkaufen müssen und dann am Donnerstag um 9 Uhr den Schlüssel abgeben sollen", sagte eine Lesensart-Mitarbeiterin am Mittwoch.

Vier Mitarbeiter seien in der Freisinger Lesensart-Filiale beschäftigt, zwei davon seien derzeit im Urlaub. "Und die bekommen dann wohl Post und erfahren das auf diesem Weg", vermutet die Frau. Die vergangenen Wochen seien für das gesamte Team nervenaufreibend gewesen. "Monatelang haben wir unseren Kunden erzählt, wir heißen jetzt Lesensart und nicht mehr Weltbild. Und dann das."

Seit Juli bekommen die insgesamt 350 Lesensart-Mitarbeiter schon Insolvenzgeld. "Ich denke, wir werden jetzt erst einmal freigestellt und bekommen das Geld auch noch im August und im September", sagte die Mitarbeiterin. So genau habe man ihnen das aber noch nicht mitgeteilt. Aber vielleicht kläre sich das ja bei der Schlüsselübergabe am Donnerstag. Wie es für sie alle weitergehe, sei ungewiss. Sie und ihre Kollegen seien Quereinsteiger zwischen Mitte 20 und Mitte 30, aber mit jahrelanger Erfahrung in der Branche.

Obwohl die Lage in den vergangenen Monaten schon unsicher gewesen sei, hätten sie kaum Zeit gehabt, sich nach einer neuen Arbeit umzuschauen. "Wir haben hier ja seit Monaten ohne Filialleitung gearbeitet. Das habe ich auch immer wieder beanstandet", sagte die Mitarbeiterin. Aber der Betrieb musste weiterlaufen.

Im April 2015 war bekannt geworden, dass die Freisinger Weltbild-Filiale den Besitzer wechseln würde. Noch im April vergangenen Jahres hatte es nach SZ-Informationen geheißen, Freising bleibe als Standort von Weltbild erhalten. "Wir bleiben da, und unsere Filiale bleibt geöffnet", hatte die Freisinger Filialleiterin Miriam Schipper damals erklärt. Der Laden an der Unteren Hauptstraße sei von späteren Maßnahmen nicht betroffen, versicherte eine Sprecherin der Weltbild-Presseabteilung ebenfalls im April.

Für Lesensart-Mitarbeiter, die jahrelang bei Weltbild beschäftigt waren, hatte die Zitterpartie bereits viel länger gedauert. Schließlich war schon 2013 öffentlich geworden, dass die Weltbild-Verlagsgruppe, die von der katholischen Kirche getragen wurde, in finanzielle Schieflage geraten war.

© SZ vom 20.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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