Unterbringung von Geflüchteten:Der Schimmel wuchert in allen Farben

Lesezeit: 3 min

Schimmel bedeckt Wände im ehemaligen Wohnheim für Studierende an der Giggenhauser Straße in Vötting. Das Landratsamt ist trotzdem der Ansicht, dass das Gebäude so saniert werden kann, dass dort Geflüchtete wohnen können. (Foto: oh)

Anwohner des maroden Studierendenwohnheims in Vötting schließen sich zu einer Interessengemeinschaft zusammen. Ihrer Ansicht nach ist das Gebäude zur Unterbringung von Geflüchteten nicht geeignet. Außerdem klagen sie über mangelnde Kommunikationsbereitschaft des Landratsamts.

Von Peter Becker, Freising

Die Kritik am Vorgehen des Landratsamts reißt nicht ab: Die Behörde will in einem maroden Studierendenwohnheim an der Giggenhauser Straße in Vötting Geflüchtete unterbringen. Dies hatte sich bereits in der Nachbarschaft herumgesprochen, bevor das Landratsamt dies im November des vergangenen Jahres in einer Pressemeldung bekannt gab. Die Vorwürfe an die Adresse von Landrat Helmut Petz (FW) beziehen sich einerseits auf den nach Ansicht der Nachbarschaft für Menschen gesundheitsgefährdenden Zustand des Gebäudes, zum anderen auf offenbar mangelnde Kommunikationsbereitschaft der Behörde. "Der Bürger wird offiziell vor vollendete Tatsachen gestellt", klagt etwa Andreas Wittmann in einem der Leserbriefe, welche bei der Freisinger SZ eingingen.

Das Wohnheim steht seit etwa fünf Jahren leer und sollte eigentlich abgerissen werden. Geschehen ist bislang nichts, der Schimmel hat sich an den Wänden ausgebreitet. Das Dach ist undicht. Dass es unbewohnbar geworden sei, das sei plötzlich nicht mehr relevant, klagt Wittmann. Das Landratsamt hatte auf Nachfrage geantwortet, dass alle Schäden beseitigt würden und die Gesundheit der künftigen Bewohner nicht gefährdet sei.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Nach Ansicht der Nachbarschaft ist das seit Jahren dem Verfall preisgegebene Gebäude nicht zur Unterbringung von Menschen geeignet. In den Mauern zeigen sich Risse, Wände sind teilweise von Schimmel überzogen. Dessen Sporen könnten Reizungen von Haut und Schleimhäuten, Allergien und Asthma auslösen. Ein Anwohner bestätigt den Zustand nach einer Besichtigung des Gebäudes. Das Dach sei undicht, der Schimmel wuchere in allen Farben, überall gebe es Wasserspuren. Einmal sei sogar Wasser aus dem Gebäude geplätschert, woraufhin die Leitungen gesperrt wurden.

Hans-Georg Geppert wohnt in der Nachbarschaft des baufälligen Wohnheims. "Alleine schon der Schwarzschimmelbefall und der Brandschutz stellen unkalkulierbare Gefahren für Leib und Leben der zukünftigen Bewohner dar", schreibt er in einem Leserbrief. Man stelle sich nur mal vor, "Otto Normalbürger" würde so ein marodes Wohnheim günstig erwerben und Geflüchtete dort unterbringen wollen. Er ist sich sicher, dass Behörden das Projekt mit Auflagen und Gutachten für den Bauwerber zu einem vollen Fiasko werden ließen. Ein baubiologisches Gutachten, die Prüfung des Brandschutzes und eventueller Belastungen durch Asbest, Energieausweis und der Nachweis von Fluchtwegen wären fällig.

Die Erfüllung dieser Vorschriften erwartet Geppert jetzt vom Landratsamt. Alles andere widerspreche nicht nur dem gesunden Rechtsempfinden der Bürger, "sondern auch dem Gleichheitsgrundsatz unserer Verfassung und bedarf der Kontrolle höherer Instanzen".

Aus dem früheren Wohnheim an der Giggenhauser Straße soll eine Flüchtlingsunterkunft werden. Die Bauarbeiten laufen bereits. (Foto: Marco Einfeldt)

Das Landratsamt steht vor dem Dilemma, die von der Regierung zugewiesenen Geflüchteten unterbringen zu müssen. Was Landrat Petz in jedem Fall vermeiden will, ist eine Belegung der Turnhallen an Schulen, deren Trägerschaft der Landkreis innehat. Dafür gibt es durchaus Verständnis. Aber: "Hier wird auf Kosten der Gesundheit der Geflüchteten etwas durchgezogen, nur um eine Quote zu erfüllen", mutmaßt Wittmann. Er vermisst überdies einen Antrag auf Nutzungsänderung des Gebäudes, einen Bauantrag oder eine Bautafel. "Auf Nachfrage bei der Stadt Freising weiß man davon nichts", schreibt er. Wittmann befürchtet, dass das Landratsamt aufgrund der Dringlichkeit alle üblichen Prozesse umgehe und das Projekt mit der Brechstange durchziehen werde.

Das Landratsamt lädt an diesem Montag, 29. Januar, um 17 Uhr zu einer Informationsveranstaltung in den Großen Sitzungssaal des Landratsamts ein. Landrat Helmut Petz sowie die Leiterin des Sachgebiets Asyl und Flüchtlingsmanagement im Landratsamt, Sandra Schulenberg, wollen über den aktuellen Fortschritt der Instandsetzung sowie die Belegung der neuen Unterkunft informieren und sich den Fragen der Bürgerinnen und Bürger stellen.

Die Informationsveranstaltung kommt zu spät, finden die Anwohner

"Zu spät", finden Betroffene. "Nach monatelangem Schweigen jetzt, wo die Maler mit etwas Farbe anrücken, eine gnädige Audienz bei Hofe zu gewähren, spricht nicht gerade für kommunikatives Talent", rügt Geppert. "Bürgernähe, Kommunikation und Beteiligung der Bürger bei solch brisanten Themen geht anders", kritisiert auch Wittmann.

Betroffene monieren in ihren Leserbriefen, dass auf ihre Anfragen an das Landratsamt entweder keine Antworten erfolgten oder sie auf später, "einen zeitnahen Termin", vertröstet worden seien. Als Reaktion darauf hat sich eine Vöttinger Interessengemeinschaft gebildet. Diese ruft mittels Flyer alle Anwohner dazu auf, zahlreich bei der Infoveranstaltung zu erscheinen und ihren Standpunkt zu der geplanten Flüchtlingsunterkunft kundzutun. "Angesichts des maroden Zustands können wir es uns nicht vorstellen, dass dort eine würdige Unterbringung möglich ist", heißt es zur Erklärung.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Studentenwohnheim an der Giggenhauser Straße
:"Alle Schäden werden professionell und fachmännisch behoben"

Das Studentenwohnheim an der Giggenhauser Straße soll zur Unterkunft von Geflüchteten werden. Anwohner weisen darauf hin, dass das Gebäude marode sei. Das Landratsamt versichert, dass die Gesundheit der künftigen Bewohner keinesfalls gefährdet werde.

Von Peter Becker

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: