Energiewende im Kreis Freising:"Die Gefahr, dass wir nicht mehr selbst entscheiden können, ist groß"

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Windräder werden dringend gebraucht, um die Energiewende zu schaffen. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister fürchten aber den Widerstand der Bevölkerung, so wie seinerzeit beim Bau der Anlage bei Paunzhausen. (Foto: Marco Einfeldt)

Landrat Helmut Petz beschwört die Gemeinden, selbst Standorte für Windräder auszuweisen, bevor dies eine übergeordnete Behörde erledigt.

Von Peter Becker, Freising

Wohl den Gemeinden, die vor gut zehn Jahren Vorrangflächen für Windkraftanlagen ausgewiesen haben. Wie etwa die Marktgemeinde Au. Bürgermeister Hans Sailer (FW) braucht nur in eine Schublade zu greifen, um die damaligen Pläne wieder ans Tageslicht zu holen. Allen anderen Kommunen, die sich nicht beeilen, könnte Ungemach drohen. "Robert Habeck geht es zu langsam", erklärte Landrat Helmut Petz (FW) während der Dienstbesprechung der Bürgermeister im Landratsamt. Der Wirtschafts- und Energieminister wolle beim Ausbau der Windkraft aufs Tempo drücken. Petz deutete an, dass Habeck deshalb die Planung von Windrädern aus der Hand der Gemeinden nehmen wolle. "Die Gefahr, dass wir nicht mehr selbst entscheiden können, ist groß", warnte der Landrat.

Petz riet den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern zum schnellsten Handeln. Er ist sich sicher: Wenn Pläne vorliegen, dann werde diese die übergeordnete Stelle, der Regionale Planungsverband, übernehmen. "Die werden die nicht über den Haufen schmeißen", versicherte er. "Wenn wir aber warten, dann wird uns das Heft aus der Hand genommen."

Ministerpräsident Seehofer hat den Bau von Windkraftanlagen in Bayern abgewürgt

Der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte den Bau von Windkraftanlagen mit Rücksicht auf seine Wählerklientel abgewürgt. Den zehnfachen Abstand ihrer Größe sollten die Windräder künftig zur nächsten Bebauung einhalten. Die 10-H-Regelung war geboren. Gemeinden wie Au oder Attenkirchen, die Teilnutzungsflächen für Windenergie ausgewiesen hatten, mussten feststellen, dass sie ihre Arbeit vergebens gemacht hatten.

Der Landrat ist sich aber sicher, dass die 10-H-Regelung bald fallen wird. Laut Petz seien Radaranlagen etwa in der Nähe vom Flughafen bald kein Hindernis mehr. Die Funkfeuer würden von Radar auf Satellit umgestellt, sagte er. Petz glaubt, dass es beim Bau von mehr Windkraftanlagen eine gewisse Hemmschwelle zu überwinden gelte. Und auch die Gemeinden fürchten gewissen Widerstand in der Bevölkerung. Mathias Kern (WIR), Bürgermeister von Attenkirchen, weiß von einer Veranstaltung der Bürgerinitiative gegen Windkraft in Mauern, die am 10. Juli stattfinden soll. Bürgermeister Georg Kroyer sagte, dass bei einer früheren Veranstaltung der BI in seiner Gemeinde alles "schlecht geredet" worden sei. Befürworter der Windenergie seien regelrecht "mundtot" gemacht worden.

Susanne Hoyer (FW), Bürgermeisterin und Kreisvorsitzende des Gemeindetags, assistierte Landrat Petz. Die Kommunen im Landkreis hätten im Kreisverband vereinbart, ein gemeinsames Konzept für Windkraft zu erarbeiten. Hilfestellung könnte dabei eine ähnliche Untersuchung leisten, wie sie die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf jüngst für Freiflächen-Photovoltaikanlagen erstellt habe. Und wo eine Gemeinde nicht genügend Fläche vorweisen könne, könne die Nachbargemeinde einspringen.

Solarparks könnten ebenso wie Windräder dazu beitragen, die Energiewende im Landkreis zu schaffen. (Foto: Christophe Gateau/dpa)

Paunzhausens Bürgermeister Johann Daniel (FW) ist skeptisch. Viele geeignete Flächen befänden sich im Norden des Landkreises, vermutet er. Deshalb stünden die meisten Windräder dann in der Hallertau und über dem Ampertal. Die Energie werde aber im bevölkerungsreichen Süden benötigt. Petz warnte davor, die Gemeinden gegeneinander auszuspielen.

Der Landrat zog in der Sitzung ein Resumée zur Klimakonferenz im Mai, in der er eine Klimadekade ausgerufen hatte. "Der Funke hätte besser überspringen können", sagte er angesichts der Tatsache, dass doch einige Kreisrätinnen und Kreisräte der Veranstaltung fern geblieben waren. Nach der Sommerpause sollen sich die Arbeitsgruppen, die während der Klimakonferenz gebildet hatten, neu formieren und in Workshops zusammenarbeiten.

Zum Instrumentarium der Umsetzung der Energiewende gehören auch Solarparks. Wo diese entstehen könnten, dazu haben Studierende der HSWT um Professor Markus Reinke vor Kurzem eine Studie vorgestellt. Deren Ergebnisse sollten in den kommenden Tagen bei den Gemeinden eintreffen. Eine ideale Grundlage, hatte Petz in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses gelobt. "Da können wir sofort loslegen."

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