Jahresrückblick 2022: Berufsschule Freising:Der Abrissbirne geweiht

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Die Tage der alten Berufsschule in Freising sind gezählt. Sie soll durch eine neue ersetzt werden. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Kreistag beschließt mehrheitlich, eine neue Berufsschule zu bauen, die alte kann nicht mehr saniert werden. Die Kosten sind allerdings schwindelerregend.

Von Peter Becker, Freising

Regenwasser tropft auf den Boden. Berufsschullehrer Karlheinz Reingruber wagt sich gar nicht auszumalen, was passieren könnte, wenn ein Schüler auf dem nassen Fußboden ausrutscht und in eine laufende Drehmaschine gerät. Oder aber, wenn das Wasser in einen elektrischen Schaltschrank rinnt. Auch faustgroße Gesteinsbrocken seien schon aus der Decke gefallen. Dieses Szenario bot sich den Teilnehmern bei einem Rundgang durch die Freisinger Berufsschule im Sommer 2009. Die älteren Kreisrätinnen und Kreisräte werden sich noch daran erinnern.

Vier weitere Jahre zogen ins Land, bis sich der Kreistag 2013 dazu entschloss, eine neue Berufsschule an der Wippenhauser Straße zu bauen. Die alte, 1974 noch Vorzeigeprojekt in ganz Bayern, soll der Abrissbirne zum Opfer fallen. Bis zum heutigen Tag aber steht sie immer noch. Außer ein bisschen Flickschusterei ist wenig geschehen. Eine Sanierung war damals ebenfalls im Gespräch, wurde aber rasch verworfen. Das Hauptgebäude sei nur bedingt sanierungsfähig, hieß es. Als Beispiel führte das Hochbauamt die Fassade mit ihren Waschbetonplatten an. Mit einer Wärmedämmung versehen, bestehe die Gefahr, dass die Platten mit der Zeit herunterfallen könnten. Es sei nicht mehr zu kontrollieren, ob sich dahinter Schwitzwasser bilde oder ob sie instabil würden.

Die Kostenschätzung schockiert die Kreisräte

Die Ausbaupläne gerieten dann ins Stocken. Der Hochschulsportplatz, den der Landkreis dem Freistaat im Oktober 2011 für 1,76 Millionen Euro abgekauft hatte, wurde erst mal zum Containerstandort. Geflüchtete mussten dort untergebracht werden. 2021 startete endlich der Architektenwettbewerb für die Gestaltung des Berufsschulzentrums. Im Juli stand der Sieger fest.

Ende des laufenden Jahres sollten die Kreisrätinnen und Kreisräte den aktuellen Stand der Planungen zum Berufsschulzentrum zur Kenntnis nehmen. Eine erste Kostenschätzung gab es bereits 2013. Der damalige Landrat Michael Schwaiger (FW) sagte seinerzeit, die Zahlen seien dazu angetan, vor Schreck vom Stuhl zu fallen. Die neuesten seien dazu geeignet, einem das Blut in den Adern gefrieren zu lassen, sagte sein Nachfolger Helmut Petz (FW) zum groben Kostenvoranschlag des Projektleiters. Zwischen 137 und 156 Millionen Euro sollte der Bau der neuen Berufsschule kosten.

Der Ruf nach dem Rotstift wurde laut

Der Ruf nach dem Rotstift wurde im Kreistag laut. Der Projektleiter sollte abspecken, wo immer es nur ging. Ein erster Ansatz war die Laufbahn, welche der Entwurf in das Gebäudeinnere verlegte. Na ja, wer möchte schon gern bei künstlichem Licht in einem Keller um die Wette laufen? Die Bahn soll verlegt werden, wohin steht noch nicht fest. Einsparmöglichkeiten gäbe es auch bei den Parkplätzen.

Johann Stegmair (CSU) wollte noch einen Schritt weiter gehen. Im Kreisausschuss grub er die Idee aus, von Neuem eine Untersuchung zu starten, ob das alte Gebäude nicht doch zu sanieren sei. Rainer Schneider (FW) assistierte ihm. Letzterer vermisste eine Revolte seitens der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Landkreis. Diese sollten bedenken, dass sich diese gigantische Summe in der Kreisumlage niederschlagen werde.

Im Sommer soll eine qualifizierte Kostenschätzung vorliegen

Martin Pschorr (SPD) und Eva Bönig (Grüne) verwiesen indes auf die Beschlüsse der Vergangenheit. Kreisrat Herbert Bengler bezeichnete den Antrag von Stegmair im Jahresgespräch der SPD als "jenseits von Gut und Böse". Und unter den Kreisrätinnen und Kreisräten herrschte überwiegend die Einsicht, den eingeschlagenen Weg erst einmal weiterzugehen. So lautet der mehrheitliche Beschluss aus dem Kreistag.

Jetzt geht das Warten zunächst weiter. Der Projektleiter will im Sommer des kommenden Jahres eine "qualifizierte Kostenschätzung" abgeben. Dann lässt sich ungefähr sagen, was die neue Berufsschule kosten wird. Sparpotenzial soll da schon eingearbeitet sein.

Eng geht es auf der Wippenhauser Straße zu. Ein Arbeitskreis soll Vorschläge entwickeln, wie das Verkehrschaos dort entzerrt werden könnte. (Foto: Marco Einfeldt)

Was auch noch nicht vorliegt, ist ein Plan, wie denn künftig die Verkehrsführung auf der Wippenhauser Straße aussehen wird. Darauf hat der Landkreis keinen Einfluss, diese Gestaltungsaufgabe liegt in der Zuständigkeit der Stadt Freising. Die Wippenhauser Straße ist dort sehr eng. Viele Berufsschülerinnen und Berufsschüler sowie Lehrkräfte kommen mit dem Auto. Auf der Straße sind überdies wegen der angrenzenden Fachober-/Berufsoberschule sowie der Wirtschaftsschule viele Busse unterwegs. Das führt zu unübersichtlichen Verkehrssituationen. Wie das alles gelöst werden kann, dazu soll es Arbeitskreise mit dem Münchner Verkehrsverbund, der Polizei und der Schulfamilie geben. Läuft alles optimal, könnte bis September 2024 die Baugenehmigung vorliegen. Baubeginn soll dann im Februar 2025 sein. Die Berufsschule könnte dann im Mai 2028 an die künftigen Nutzerinnen und Nutzer übergeben werden. Der erste Schultag wäre der 11. September 2028.

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