Absage der Weihnachtsmärkte in und um Freising:"Verdammt harte Zeiten"

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Kunsthandwerker und karitative Vereine leiden unter dem neuerlichen Ausfall nahezu aller vorweihnachtlichen Veranstaltungen, die oft den einzigen Kontakt zum Kunden bieten. Viele bleiben auf vorproduzierter Ware sitzen.

Von Anais Agudo Berbel, Freising

Wegen der Corona-Pandemie sind in diesem Jahr erneut alle Christkindlmärkte und Adventsbasare abgesagt worden. Besonders hart trifft das die Kunsthandwerker, denen es nun schwer fällt, ihre Ware zu verkaufen. Doch auch Vereine, die Spenden für Wohltätigkeitszwecke sammeln, leiden darunter.

Silke Zotter stellt gemeinsam mit drei anderen Frauen seit acht Jahren Seifen her. Normalerweise würden sie Ware für sechs Weihnachtsmärkte produzieren. Doch drei davon seien diesen Winter gar nicht erst geplant gewesen und die anderen drei in letzter Minute abgesagt worden, bedauert Zotter. Da die Seifen handgesiedet seien, hätten sie eine Reifezeit von etwa sechs Wochen. Bis zur Absage der Märkte sei die Produktion also schon abgeschlossen gewesen und entsprechend viel Ware übrig geblieben. Ein bisschen etwas könne über Läden oder per online-Bestellung an Stammkunden verkauft werden. "Doch die Seife hält nicht ewig und verliert irgendwann ihren Duft", so Zotter.

Ein Onlineshop lohnt sich nicht

Da die Frauen die Produktion hobbymäßig und nur im Herbst und Winter für die anstehenden Märkte betreiben, lohnt sich auch ein richtiger Onlineshop nicht. Zwar sind auf ihrer Webseite ( www.seifenstueckchen.de) alle Produkte mit zugehörigem Preis einsehbar, jedoch müssen Kunden die Bestellung per Mail aufgeben. "Ein Onlineshop ist viel zu viel Aufwand, dafür wäre ein extra Raum und eine Person, die das Verpacken der Ware übernimmt, nötig", sagt Zotter. Die Bestellungen von Hand zu verpacken und zu verschicken, dauere ungefähr eine halbe Stunde. Das sei außerhalb ihrer Möglichkeiten, schließlich arbeiten alle vier Frauen auch hauptberuflich. "Spaß machen uns deshalb die Märkte. Dort treffen wir unsere Kunden und die müssen auch an der Seife riechen können."

"Es sind verdammt harte Zeiten für alle", sagt Max Kirchmaier vom Werbeverein Aktive City Freising. Er bedauere sehr, dass der karitative Christkindlmarkt erneut ausgefallen sei. Man habe anfangs das Hygienekonzept den sich ständig ändernden Coronamaßnahmen angepasst. Schlussendlich habe das aber Ausmaße angenommen, die nicht zu stemmen seien. "Ich finde es wirklich sehr schade, schließlich ist das unser Christkindlmarkt mit Herz in Freising, wo es nicht nur um Konsum, sondern um Menschlichkeit und Nächstenliebe geht."

Melanie Spornraft ist die Gründerin des Kreativmarkts "Wirschafft", der im Bücher Pustet seinen Platz hat. Dort können Kreative ihre selbstgemachte Ware in Holzkisten ausstellen und verkaufen. Da der Verkauf von den Ladenmitarbeitern übernommen wird, besteht für die Künstler selbst im Alltag aber kein Kundenkontakt. Somit sei beispielsweise der karitative Weihnachtsmarkt in Freising immer eine tolle Möglichkeit gewesen, um mit den Kunden in Kontakt zu treten. "An solchen Markttagen ist das anders und für uns besonders", sagt Spornraft.

Das Feedback der Kunden fehlt

Das bestätigte auch Ruth Pollinger, Inhaberin des Freisinger "Seifenkistl". Sie produziert Seifen und Keramik. Im nächsten Jahr feiert sie damit bereits ihr zehntes Jubiläum. Auch bei ihr seien heuer zehn Märkte ausgefallen. "Es ist schade, denn das direkte Feedback vom Kunden fehlt." Sie habe daraufhin nach anderen Kanälen gesucht, nun laufe viel über ihren Onlineshop und Instagram. "Tatsächlich ist es bei mir umsatztechnisch besser gelaufen als vorher, beschweren kann ich mich eigentlich wirklich nicht", erzählt Pollinger. Für sie sei vorteilhaft gewesen, dass sie schon seit vielen Jahren auf Märkten verkaufe. Dadurch würden die Leute in und um Freising sie kennen und weiter ihre Artikel bestellen.

Die Marzlingerin Cornelia Berchthold betreibt viel Upcycling und ist bei "Wirschafft" bekannt für ihre Leseknochen. Mit Hilfe der Kiste hab sie trotz abgesagter Märkte ein paar Artikel verkaufen können und sei dafür sehr dankbar, sagt sie. Bereits vor Corona habe sie einen Onlineshop gehabt, doch auf diesen würden die Leute nur aufmerksam, wenn vorher persönlicher Kontakt stattgefunden habe - eben auf einem der vorweihnachtlichen Märkte. Natürlich habe sie dafür auch vorproduziert, "auf der Ware ist man dann sitzen geblieben". Beide Frauen sind Hobbykünstlerinnen und betreiben ihre handwerklichen Geschäfte nebengewerblich. "Das ist Liebhaberei, davon leben kann man heutzutage nicht ", sagt Berchthold.

Eva Dörpinghaus, ehemalige Sprecherin des Freisinger Landratsamtes, ist ehrenamtliches Mitglied des "Rainbow Handicraft Nepal"-Projekts. Zur Weihnachtszeit verkauft sie normalerweise nepalesische Taschen in Neufahrn. Die Taschen würden in einem Frauenprojekt von nepalesischen Frauen hergestellt, denen dort das Nähen und Zuschneiden von Stoffen vermittelt werde. "Das bietet ihnen die Möglichkeit ein Handwerk zu erlernen und sich finanziell unabhängig zu machen", erklärt Dörpinghaus. In diesem Jahr habe ihr eine Freundin angeboten, die Taschen vor ihrem Laden in München zu verkaufen. Behelfsmäßig hätten die zwei Frauen einen kleinen Stand aufgebaut. "Ich habe dort aber kein gutes Geschäft gemacht."

Glücklicherweise hat aber Sabina Brosch über Facebook von Dörpinghaus' Problem erfahren. Sie ist die Organisatorin des "Cultiamo"-Kunsthandwerkermarktes in Hallbergmoos, der als einer der wenigen Weihnachtsmärkte vor einer Woche stattfand. Schlussendlich habe sie dort dann doch noch 50 Taschen verkauft, so Dörpinghaus.

© SZ vom 13.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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