Landgericht Landshut:Klimaschutz rechtfertigt keine Straftaten

Lesezeit: 2 min

Vom Vorwurf des versuchten Totschlags ist ein Neufahrner freigesprochen worden. Wegen seiner psychischen Erkrankung hat das Schwurgericht allerdings eine Unterbringung in einer Psychiatrie angeordnet. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Ernst Hörmann hat im März des vergangenen Jahres aus Protest Fenster einer Bankfiliale mit Plakaten beklebt. Wie das Freisinger Amtsgericht ahndet auch die fünfte Strafkammer in Landshut die Sachbeschädigung mit einer Geldstrafe.

Von Peter Becker, Freising/Landshut

"Wo soll das enden?", fragte Vorsitzender Richter Klaus Kurtz in seiner Urteilsverkündung Richtung Ernst Hörmann. Der Freisinger Klimaaktivist war am Mittwoch im Landshuter Landgericht in der Hoffnung erschienen, doch noch einen Freispruch für sich zu erwirken. Im März des vergangenen Jahres hatte er in einer Aktion der "Letzten Generation" Plakate an die Fenster der Filiale der Deutschen Bank an der Unteren Hauptstraße in Freising geklebt. Diese waren nur schwer zu entfernen gewesen, so dass Hörmann wegen Sachbeschädigung am Freisinger Amtsgericht zur einer Gesamtgeldstrafe von 800 Euro verurteilt worden war. Die fünfte Strafkammer reduzierte diesen Betrag auf 400 Euro.

Hörmann beruft sich bei seinem Handeln auf den Paragrafen des "rechtfertigenden Notstands". Die ihm vorgeworfene Sachbeschädigung des Bankgebäudes begründete er damit, Unheil von der Menschheit abwenden zu wollen: und zwar einer möglichen Vernichtung der Zivilisation durch den Klimawandel. Seiner Ansicht nach spielt dabei die Deutsche Bank eine erhebliche Rolle, indem sie die Ausbeutung fossiler Energieträger finanziell unterstützt.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Hörmann war sich dessen bewusst, dass er durch diese Aktion mit dem Gesetz in Konflikt geraten könnte. "Herkömmliche Mahnwachen haben aber nichts genutzt", begründete er sein Vorgehen. Die Wirtschaft wolle ihren zerstörerischen Pfad nicht verlassen und stürze die Menschheit auf lange Sicht ins Verderben, begründet er sein Vorgehen. Von seinem Gewissen geleitet, verteidigte der 72-Jährige sein Vorgehen, habe er beschlossen, einzuschreiten.

Hörmann war wie bereits in Freising geständig. Ein Zeuge, ein weiterer Aktivist, der an der Aktion an einem Marktsamstag beteiligt war, schilderte das gemeinsame Vorgehen. Die beiden klebten die Plakate mit Mehlkleister ans Fenster. Dessen Zusammensetzung hatte Hörmann bei sich zu Hause getestet. Er sollte leicht lösbar sein, damit an den Fenstern kein Schaden entsteht. Zuhause hatte das alles wunderbar geklappt.

Es dauerte nicht lange, als an jenem Samstag dann die Polizei vor der Bankfiliale erschien. Eine als Zeugin geladene Polizistin sagte, die Streife habe Hörmann angeboten, noch eine letzte Rede zu halten. Nach einer halben Stunde solle er dann die Plakate entfernen. Der Klimaaktivist ging darauf nicht ein. Mit den Worten, er habe den Mehlkleber selbst hergestellt, entfernte er sich. Polizei und ein Mitarbeiter des Bauhofs hatten dann erhebliche Mühe, die Plakate zu entfernen. Hörmann bekam dann eine Rechnung von 139 Euro, die er auch bezahlte.

Das Motiv ist hehr, doch das rechtfertigt keine Straftat

Wie dies zu ahnden sei, darüber gingen die Meinungen auseinander. Sowohl Hörmann hatte gegen das Freisinger Urteil Berufung eingelegt als auch die Staatsanwaltschaft. Letztere hätte den Klimaaktivisten gerne mit einer höheren Strafe belegt. Der Rechtsbeistand des Angeklagten, ebenfalls aus den Reihen der "Letzten Generation" stammend, sah einen "gerechtfertigten Notstand" vorliegen und plädierte deshalb auf Freispruch.

Vorsitzender Richter Klaus Kurtz würdigte in seiner Urteilsverkündung die durchaus hehren Motive des Klimaaktivisten. Weniger ehrenvoll empfand das Gericht aber, dass Hörmann begonnen habe, Gesetze zu verletzen, nur weil die bisherigen Maßnahmen nicht die gewünschte Resonanz gebracht hatten. Es herrsche zwar in Deutschland Meinungsfreiheit, die Grenze zu Straftaten dürfe aber nicht überschritten werden.

Es waren keine Zettelchen, sondern "gewaltige Oschis"

Der Richter sagte, auch die Filiale einer Bank sei schützenswert. Hörmann habe nicht das Recht, sie zu bekleben. Obendrein, weil es sich bei den Plakaten nicht um "kleine Zettelchen" gehandelt habe, sondern um "gewaltige Oschis". Das Gericht ist auch der Ansicht, dass die Aktion langfristig angelegt war. Sie sollte deshalb an einem Samstag stattfinden, weil die Filiale für zwei Tage geschlossen war. Die Plakate hätten also theoretisch zwei Tage bis zu ihrer Entfernung hängen können. Zeit genug also, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Solche Aktionen seien nicht geeignet, den Klimawandel zu bekämpfen, befand Kurtz. Es sei bedenklich, dass Hörmann mit so einem "Leuchtturmprojekt" versucht habe, Aufmerksamkeit zu erregen. "Das ist bedenklich. Wo hört das auf?"

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: