Freisinger Kita-Krise:Alles nur "Augenwischerei"

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Freisings Eltern haben schon mehrmals für ausreichende Kitaplätze demonstriert. (Foto: Johannes Simon)

Die Stadt freut sich über einen "kleinen Aufwärtstrend" bei den Zusagen für das neue Kitajahr. Die Eltern sehen das anders. Vor allem die mehr als 40 Prozent der Bewerber, die laut den Zahlen der Stadt eine Absage bekommen werden.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Gleich zweimal fällt in der Pressemeldung der Stadt zu den Anmeldungen für Freisings Kindertagesstätten das Wort "Aufwärtstrend". Dennoch: Von einer tatsächlichen Entspannung könne aber keine Rede sein. Das gibt auch die Stadt Freising zu. Annalisa Fischer, Mitinitiatorin der Bürgerinitiative für Freisings Kinder, die sich im vergangenen Sommer gegründet hat, reicht das nicht. Sie nennt es "Augenwischerei", wenn die Stadt Freising hier von einem Aufwärtstrend rede. Beinahe zynisch sei das.

Nach den Zahlen hätten im vergangenen Jahr 49 Prozent der Eltern, die sich beworben hätten, keinen Kitaplatz bekommen und in diesem Jahr seien es 42,5 Prozent. Da von einem Aufwärtstrend zu sprechen, sei schon sehr positiv formuliert. Wen es nun genau trifft, das war am Freitagvormittag noch nicht klar. Die Briefe mit den Zusagen oder Absagen landen wohl an diesem Freitag oder Samstag in den Briefkästen der Betroffenen.

Annalisa Fischer hofft selbst auf einen Kindergartenplatz für ihre Tochter. "Sie war bis jetzt in der Kita und steigt auf", sagte sie. Annalisa Fischer ist einigermaßen zuversichtlich. Die Erfahrung habe gezeigt, dass Kinder, die schon in der Kita betreut würden, auch später einen Kindergartenplatz bekämen, weil die Stadt natürlich davon ausgehe, dass die Eltern berufstätig seien und den Platz auch bräuchten. Aber sicher sei es erst, wenn sie den Brief mit der Zusage in Händen halte.

Doch mehr als 40 Prozent der Eltern aus Freising, die sich um einen Kitaplatz beworben hätten, bekämen eben keinen Platz. Bei den Kindergärten stehen auf der Warteliste aktuell noch 217 Familien, 2023 waren es 329, Absagen haben zehn Familien erhalten (2023/24: 17).

Bei der Betreuung der Schulkinder im Hort stehen noch 115 Familien auf der Warteliste (2023: 131), sieben haben zudem eine Absage erhalten (zuletzt 0). Insgesamt 198 Kinder unter drei Jahren haben ebenfalls noch keinen Platz erhalten und stehen auf den entsprechenden Wartelisten (224), 14 Familien haben hier eine Absage bekommen (3).

Wer auf der Warteliste stehe, das bedeute im Wesentlichen, man habe eben keinen Platz, sagt Annalisa Fischer. Was kann man dann tun? Dann gebe es als nächsten Schritt die Möglichkeit, beim Jugendamt vorstellig zu werden und seinen Bedarf anzumelden. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Jugendamtes würden dann tätig und versuchten, irgendwo noch einen Platz aufzutreiben. "Die telefonieren dann sehr viel. Aber man muss wissen, sie müssen zwar tätig werden, aber sie müssen keinen Platz finden. Das können sie ja nicht, wenn es einfach keine gibt", weiß Annalisa Fischer. Es werde auch intensiv mit den Eltern gesprochen, wenn ein Platz nicht zumutbar ist. Wenn zum Beispiel jemand kein Auto habe und die Kita zu weit entfernt sei, dann verfalle darum nicht der Anspruch auf Betreuungsplatz.

Eine einfache Fahrzeit von 30 Minuten bis zur Kita ist lauf Ministerium zumutbar

Das Thema wird auch in der Whatsapp-Gruppe diskutiert, in der sich die Eltern seit Bekanntwerden der Freisinger Kita-Krise im vergangenen Jahr austauschen. Eine große Sorge ist, was soll man tun, wenn man erst eine halbe Stunde fahren muss, um den Kitaplatz zu erreichen, aber man selbst in München arbeitet? Ist das noch zumutbar? Diese Frage wird oft gestellt.

Das ist es wohl nach Ansicht des Bayerischen Sozialministeriums: "Einfache Fahrzeiten im Umfang von 30 Minuten sind in der Regel zumutbar (dies gilt nicht, wenn die Kindertageseinrichtung oder die Tagespflegeperson nur mit dem Auto zu erreichen ist, die Eltern aber kein Auto haben)." lautet ein entsprechender Passus zu dem Gesetz, das den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung regelt.

Annalisa Fischer versichert trotz ihrer Zuversicht, sollte sie in den nächsten Tagen keine Zusage für den Kindergartenplatz bekommen, werde sie ebenfalls beim Jugendamt ihren Bedarf anmelden und den Betreuungsplatz für ihre Tochter einklagen. Denn darauf habe sie ja Anspruch.

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