Löwenwirt und Hofbrauhauskeller:Wirte im Kreuzfeuer

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Kritik und schlechte Bewertungen im Internet erntet sehr schnell, wer als Gastwirt seine Räume rechtskonservativen Gruppierungen überlässt. Die Initiative "Kein Bier für Nazis" scheint in Freising unterdessen im Sande zu verlaufen.

Von Christian Gschwendtner, Freising

Der Ton wird rauer in der Flüchtlingsdebatte, das bekommen nun auch die Freisinger Wirte zu spüren. Eher unfreiwillig sind sie in die Schusslinie geraten. Die Gretchenfrage, mit der sich einige Gaststättenbetreiber nun konfrontiert sehen, lautet: Wie hältst du es, lieber Wirt, mit der AfD? Und egal wie sich die Gastronomen auch entscheiden, sie können dabei nur verlieren. Das beste Beispiel geben gerade der Gasthof zum Löwen und der Hofbrauhauskeller: In ersterem hielten die Rechtskonservativen vor einer Woche eine Veranstaltung ab, im Hofbrauhauskeller will sich der AfD Kreisverband Oberbayern Nord Anfang Februar erneut treffen.

Für ihre Entscheidung, der AfD Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, ernteten beide Wirte eine gehörige Portion Kritik. Auf der Facebook-Seite des Hofbrauhauskellers fragt eine Nutzerin, ob es wirklich sein müsse, dass man die AfD beherberge. Die Frau bewertet das Lokal mit einem von fünf möglichen Sternen.

Ein Rosenheimer lässt die AfD nicht ins Lokal und kassiert dafür einen Shitstorm

Hofbrauhaus-Inhaber Harald Schrott ist ratlos. "Flüchtlingshelfer sind bei uns genauso oft da gewesen wie die AfD", sagt er. Aus rechtlicher Sicht gebe es keine Veranlassung, dieser Partei die Reservierung im kleinen Nebenzimmer zu verwehren. Schrott überlegt sich stattdessen, ob er in Zukunft überhaupt noch Reservierungen von Parteien entgegennimmt. Seinen Angaben nach handelt es sich bei diesen Veranstaltungen ohnehin meistens um Verlustgeschäfte. Dafür ist Ärger programmiert.

In Rosenheim kämpft beispielsweise der Wirt des Mai-Kellers gerade mit einem veritablen Shitstorm von der anderen Seite, weil er die AfD nicht länger in seinem Lokal haben will. Die Parteijugend "Junge Alternative" setzt ihm mit Trillerpfeifen und Schmähkritiken auf Facebook zu.

20 Neonazis stören im Löwenwirt Mitglieder von "Freising ist bunt"

In Freising sind die Wirte seit einem Vorfall vor 14 Monaten besonders sensibilisiert. Damals störten rund 20 Neonazis im Löwenwirt eine Informationsveranstaltung von "Freising ist bunt", dem Bündnis gegen Fremdenfeindlichkeit. Das nahm man zum Anlass, um einen Schulterschluss der Wirte gegen rechts zu wagen. Ähnlich wie in München und Regensburg sollte auch in der Domstadt eine Initiative unter dem Schlagwort "Kein Bier für Nazis" an den Start gehen. Anfangs war die Euphorie groß, es gab Gespräche mit der Stadtspitze, den Wirtshausinhabern und den Mitgliedern von "Freising ist bunt". Auch auf dem allmonatlich stattfindenden Stammtisch der Freisinger Wirte wurde das Thema verhandelt. Passiert ist seitdem aber nichts. Erklärungen für das Scheitern gibt es viele.

Der inoffizielle Sprecher der Freisinger Wirterunde hat sich zurückgezogen

So ist das Projekt gegen rechte Umtriebe in den Wirtshäusern etwa in der Prioritätenliste von "Freising ist bunt" nach unten gerutscht. "Wir sind momentan alle durch die Hilfe für Flüchtlinge überarbeitet", sagt Albert Baumgartner-Murr, einer der Köpfe von "Freising ist bunt". Sobald man wieder genügend Kräfte beisammen habe, wolle man das Projekt aber wiederbeleben. Baumgartner-Murr will auch abwarten, in welche Richtung sich die AfD entwickelt. Den Wirten allein traut er eine Neuauflage des Projekts eher nicht zu.

Mit dieser Vermutung dürfte Baumgartner-Murr nicht ganz falsch liegen. Zwar finden Freisings Wirte auch weiterhin am Stammtisch zusammen, Löwenwirt Günter Wittmann, der inoffizielle Sprecher der Gruppe, hat sich aber zurückgezogen. An seiner Stelle verschickt nun Brigitte Killermann vom Gasthof Lerner die Stammtisch-Einladungen per E-Mail. Killermann sagt, man habe das Projekt im Hinterkopf, im Moment sei aber nichts Konkretes geplant.

Günter Wittmann will sich dennoch nicht in die rechte Ecke stellen lassen

Dem Löwenwirt Wittmann stößt es hingegen sauer auf, dass einige Kritiker ihn seit einiger Zeit in die rechte Ecke stellen wollen. Er sieht sich in erster Linie als Unternehmer. Ansonsten könne er seinen Laden gleich zusperren, sagt Wittmann. Willkommen sei bei ihm grundsätzlich jeder, der fest auf dem Boden der Demokratie stehe und sich zu benehmen wisse. "Bei mir verkehrt Gott und die Welt", so jedenfalls interpretiert Wittmann sein Verständnis von bayerischer Gastfreundschaftlichkeit.

Ob es Löwenwirt Günter Wittmann und seinen Kollegen in Freising gelingt, ihre Wirtstuben in Zeiten der Polarisierung aus der Politik herauszuhalten, ist fraglich. Einzig Tanguy Doron vom "La Petite France" am Freisinger Marienplatz dürfte es einfacher haben. "Ich bin Ausländer, zu mir kommen keine Nazis", sagt der Franzose.

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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