Finanzielle Schieflage in Freising:"Uns ist die Vorsicht abhanden gekommen"

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Nach dem Veto der Rechtsaufsicht genehmigt der Stadtrat den eilends überarbeiteten Sparhaushalt, damit die Stadt handlungsfähig bleibt. Zu hören ist auch Selbstkritik.

Von Kerstin Vogel, Freising

Zügig und ohne große Debatten haben der Freisinger Finanzausschuss und anschließend der Stadtrat am Montag den nachgebesserten Freisinger Haushalt für das laufende Jahr beschlossen. Der ursprüngliche Entwurf war bekanntlich von der Rechtsaufsicht nicht genehmigt und stattdessen mit Spar-Auflagen versehen worden. Daraufhin waren die Abteilungen der Stadtverwaltung erfolgreich noch einmal auf die Suche nach Einsparmöglichkeiten gegangen. Wie Kämmerer Johannes Hutter zu Beginn der Ausschusssitzung mitteilte, hatten die Finanzwächter im Landratsamt im Vorfeld signalisiert, den neu aufgestellten Etat nun wohl genehmigen zu können. Dennoch blicken einige Stadträte - allen voran Peter Warlimont (SPD) - mit großer Sorge in die Zukunft.

Der neue Verwaltungshaushalt summiert sich nun auf gerundet 142,5 Millionen Euro, ursprünglich waren es 144,6 Millionen. Im Vermögenshaushalt der Stadt für 2023 stehen aktuell noch gut 97,6 Millionen, in der ersten Vorlage waren es noch 110,2 - und auch bei den Verpflichtungsermächtigungen konnte der Ansatz deutlich im Sinne der Rechtsaufsicht gesenkt werden. Beibehalten wird die bereits beschlossene, 20-prozentige Haushaltssperre.

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Der Kämmerer und die Verwaltung ernteten von den Stadträtinnen und Stadträten viel Lob für den "Kraftakt, bei dem Hunderte von Haushaltsstellen durchforstet und auf Einsparungen und mögliche Anpassungen im Zeitplan abgeklopft worden sind", wie es Monika Schwind (FSM), die Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, formulierte. Gleichzeitig könnten alle wichtigen Projekte, um die Stadt Freising "fit für die Zukunft zu machen", weitergeführt werden, unterstrich die Stadträtin: Eine "Vollbremsung" habe vermieden werden können.

Für die Zukunft gelte es nun, die Einnahmen zu stabilisieren, die Gewerbesteuern wieder in die Höhe zu treiben und die Ausgaben weiter zu überprüfen, mahnte Schwind im Finanzausschuss, denn die "Schieflage", die man im Verwaltungshaushalt der Stadt habe, die sei ja nicht überwunden. Man stehe jetzt vor der Beratung des Gutachtens, das der Kommunale Prüfungsverband (BKPV) zur finanziellen Lage der Stadt angefertigt habe "und dann geht es ja auch schon wieder um den neuen Etat für das kommende Jahr".

"Es stehen harte und ungeliebte Entscheidungen an"

Während Susanne Günther (Grüne) im Ausschuss einmal mehr darum bat, den Stadträten neue Unterlagen zu den Haushaltszahlen doch etwas früher zur Verfügung zu stellen, mahnte auch Rudi Schwaiger, die strukturellen Probleme jetzt ernsthaft anzugehen. "Da stehen harte und ungeliebte Entscheidungen an", warnte Schwaiger: "Da müssen einige über ihre Schatten springen." Zwar werde er dem überarbeiteten Etat nun zustimmen, weil die Rechtsaufsicht ebenfalls Zustimmung signalisiert habe, sagte der CSU-Stadtrat weiter: "Aber für das Bauchgrimmen, das ich dabei verspüre, bräuchten andere wohl Medikamente."

Die Stadt Freising habe schon vieles schultern müssen, die jetzige Situation aber gehe weit über das Normalmaß hinaus, sagte SPD-Stadtrat Peter Warlimont, der sich seine mahnenden Worte zur Lage der Stadt für das Plenum aufgehoben hatte. Es gebe erstmals einen "aktiven Eingriff in die Haushaltsführung", stellte er fest, dieser sei jedoch "sachlich begründet und berechtigt". Die Schieflage resultiere aus den Einbrüchen bei der Gewerbesteuer, einem enormen Anstieg bei den Personalausgaben und dem großen Investitionsvolumen, das die Stadt noch vor sich habe, zudem verbunden mit massiv gestiegenen Baukosten, fasste er zusammen.

Dafür müssten Stadtrat, Oberbürgermeister und Verwaltung jetzt gemeinsam Verantwortung übernehmen, appellierte Warlimont - "und wir müssen ehrlicher werden. Man hätte sehen können, dass der Kraftakt, den wir uns vorgenommen haben, nur gelingen kann, wenn nichts dazwischen kommt, doch über all der Begeisterung ist uns die Vorsicht abhanden gekommen", kritisierte der SPD-Stadtrat. Er forderte, bei allen Sparzwängen auf soziale Ausgewogenheit zu achten, das BKPV-Gutachten nun so weit möglich öffentlich zu machen und über die vorliegenden Verbesserungsvorschläge von SPD und Grünen zügig zu beraten: "Wir müssen das Zeitfenster bis zur Sommerpause nutzen."

Zustimmung von der Linken, ein Nein von der FDP

Diesen Appell unterstrich auch Jens Barschdorf (FDP), der allerdings erklärte, dem Haushalt unter diesen Umständen nicht zustimmen zu können und an seine Warnrede vom vergangenen Dezember erinnerte. Zustimmung kam dagegen von Nicolas-Pano Graßy. Man müsse anerkennen, dass es keine Kürzungen bei den sozialen Leistungen gegeben habe, deswegen stimme seine Fraktion zu.

Die Rechtsaufsicht habe die Projekte der Stadt ja nicht in Grund und Boden gestampft, relativierte am Ende Sebastian Habermeyer (Grüne) die Lage: "Die haben halt mal ihre Muskeln spielen lassen." Natürlich werde der Stadtrat nun arbeiten und sparen müssen, räumte er ein: "Aber die Welt geht nicht unter." Er habe schon Zeiten erlebt, in denen es knapper zugegangen sein: "Etwas Optimismus und Zusammenarbeit, dann kriegen wir das schon hin."

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