Gründonnerstagung im Lindenkeller:Hubert und der Brandstifter

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Johannes Becher gab diesmal den Hubert Aiwanger. (Foto: Johannes Simon)

Johannes Becher liefert als Aiwanger-Darsteller beim Grünen-Singspiel im Lindenkeller eine überzeugende Leistung. Die Mahnung des Abends kurz vor der Europawahl im Juni: Aufstehen gegen Populismus und Rechtsextremismus.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Ja, das war wieder grandios, was Johannes Becher bei der Gründonnerstagung der Freisinger Grünen abgeliefert hat. In den vergangenen Jahren hatte er gerne den Söder gegeben, bräsig selbstgefällig, ganz und gar von sich überzeugt. Diesmal musste es natürlich Hubert Aiwanger sein, volksnah in der Trachtenjacke ("Ich bin ein Menschenfreund"). Immer bereit, sich für die "ganz normalen Menschen" zu Wort zu melden ("Gib mir ein Mikrofon und ich brülle hinein").

Der triumphale Einmarsch von Hubert Aiwanger (Johannes Becher). (Foto: Johannes Simon)

Der Titel des Grünen-Kabaretts an diesem Abend, "Die Goldenen Zwanziger", war als Mahnung gewählt worden, denn die 1920-er Jahre endeten in Deutschland mit einer Katastrophe und dem Aufstieg des Nationalsozialismus. Der Ort der Handlung: Das Haus Europa, man will sich feiern und auch das Fundament, auf dem man steht.

Die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, die Achtung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Minderheiten. Uschi, "die Mama Europa", also Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Susanne Hehnen), war auch da. Umschwärmt vom Hausmeister (Björn Laczay).

Es hätte eine schöne Feier werden können. Wenn sich da nicht jemand eingeschlichen hätte, der sich vorgenommen hatte, die Party zu sprengen. Der Übeltäter war geschickt getarnt als Kellner (Andreas Heilmeier), ausgesucht höflich, immer ein bisschen anbiedernd. Sein Name: Brandstifter. Auf seinem Silbertablett servierte er Benzin in Flaschen, ein gefährlicher Brandbeschleuniger. Sein Ziel: Die Brandschutztür auf dem Dach des Hauses Europa sollte für ihn geöffnet werden, nur einen ganz kleinen Spalt. Und Hubert Aiwanger sollte ihm dabei helfen.

Hubert Aiwanger (Johannes Becher) hat den Schlüssel für die Brandschutztür schon in der Hand und der Brandstifter (Andreas Heilmeier) freut sich. (Foto: Johannes Simon)
Der gefährliche Kellner umwirbt auch den Wutbauern (Toni Wollschläger) (Foto: Johannes Simon)
Ursula von der Leyen (Susanne Hehnen) hat wie üblich alles im Griff, auch den Hausmeister (Björn Laczay). (Foto: Johannes Simon)

Wie zuvor erwähnt: Johannes Becher hat als Aiwanger eine überragende darstellerische Leistung abgeliefert, wie immer bei den Gründonnerstagungen. An diesem Abend hatte er mit Andreas Heilmeier aber ernsthafte Konkurrenz auf der Singspielbühne bekommen. Flirrend, sirrend, mit einem satanischen Grinsen umwarb der servile Kellner im Haus Europa den tumben Tor Aiwanger, der von sich sagte: "Es gibt nur einen gesunden Menschenverstand und der ist in meinem Kopf und in dem von meinem Bruder."

Es kam, wie es kommen musste. Aiwanger öffnete dem Brandstifter die Tür, nur ein bisschen, was sollte da denn schon passieren? Die Flammen begannen zu lodern, der Hausmeister konnte Schlimmeres verhindern. Der Brandstifter-Kellner wurde mit Schimpf und Schande aus dem Haus Europa getrieben. Da zeigte der sein wahres Gesicht, eine hässliche Fratze, die "Remigration jetzt!" brüllte.

Toni Wollschläger als Wutbauer. (Foto: Johannes Simon)

Im Gefolge hatte der Becher-Aiwanger auch einen Wut-Bauern (Toni Wollschläger), der gegen die "Insektizierung des Abendlandes" wetterte, mehr Subventionen forderte und sich überhaupt bitter über sein Dasein beklagte: "Ich bin so arm dran, keine Sau interessiert sich für mich...". Aber er hatte ja Hubert Aiwanger. "Farmers first" tönte der und wetterte gegen die Grünen, die alles verbieten wollten. Es werde bestimmt nicht mehr lange dauern, dann würden sie auch das Volk verbieten, um sich ein neues zu wählen.

Katha Schulze (Carolin Hofer) widersetzte sich allen Hetztiraden. (Foto: Johannes Simon)

Aiwanger schimpfte gegen die "Lügenpresse", die alles immer übertrieben darstelle. Und überhaupt Europa. Das bisschen Frieden und Freiheit und Demokratie, was das schon groß sein solle. Ob man nicht doch genauer hinhören sollte, was der Herr Brandstifter da zu sagen habe. "Du Möchte-Gern-Schönhuber", hielt Katha Schulze (Carolin Hofer) dagegen und Ursula von der Leyen platzte der Kragen. "Hubert, jetzt ist Schluss. Sonst sage ich es dem Markus", schimpfte sie.

Das Ensemble beim Abschluss-Song. (Foto: Johannes Simon)

Das wirkte und Hubert Aiwanger stimmte mit allen zusammen in den umgedichteten Monty-Python-Song "Always Look On The European Sight Of Life...!" ein. An dem Feuerchen auf dem Dach des Hauses Europa, das hatte er zuvor noch versichert, daran sei er gar nicht schuld. "Das war mein Bruder."

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