Goldbergviertel in Freising:Die Fahrradzone als letzte Rettung

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Eng und zugeparkt sind die Straßen im Freisinger Goldbergviertel. Nun soll das Wohngebiet zur Fahrradzone werden. (Foto: Marco Einfeldt)

Weil das alte Wohngebiet seit Jahren von Parkplatz suchenden Autofahrern überrollt wird, haben die Anwohner jetzt selber eine neue Verkehrsregelung beantragt.

Von Kerstin Vogel, Freising

Das Goldbergviertel in Freising wird zu einer Fahrradzone. Diesen Beschluss hat der Planungsausschuss des Freisinger Stadtrats am Mittwoch gefasst - und er folgt damit ausdrücklich dem Wunsch der Bürgerinnen und Bürger, die in dem zentrumsnahen, alten Freisinger Stadtviertel leben. Seit Jahrzehnten zusammengeschlossen in einer Interessengemeinschaft, hatten die Goldbergler diese Neuordnung des Verkehrs zuletzt selber bei der Stadt beantragt, um dem Chaos in den engen Straßen des Wohngebietes Herr zu werden.

Der Hintergrund: Die 1919 entworfene Goldbergsiedlung besteht noch heute überwiegend aus kleineren Häusern, die allerdings dicht an dicht stehen und durch die nahen Weihenstephaner Institute, die Schulen an der Wippenhauser Straße und die weitgehende Verkehrsberuhigung in der Innenstadt seit Jahren einem enormen Parksuchverkehr ausgeliefert sind. Anwohnern zufolge parken in dem Quartier sogar Urlauber, die anschließend zum Flughafen fahren und die kostenlosen Parkmöglichkeiten nutzen. Frühere Anläufe, dem Problem eventuell mit einer Anwohnerparkzone zu Leibe zu rücken, waren gescheitert, lediglich den Durchgangsverkehr hatte man mithilfe eines ausgeklügelten Einbahnstraßensystems aus dem Gebiet verbannen können.

Um nun auch noch die Parkplatzsucher zu vertreiben, hatte die Interessengemeinschaft (IG) Goldberg zuletzt die Einführung einer Fahrradzone beantragt, nur noch Anlieger sollten mit dem Auto einfahren dürfen und auch das nur mit maximal Tempo 20. Zusätzlich sollten nach Wunsch der IG einige der vorhandenen Einbahnstraßenregelungen entfallen.

Bei der Prüfung des Antrags durch die Stadtverwaltung wurde zunächst festgehalten, dass die in dem Viertel liegende Ferdinand-Zwack-Straße im Mobilitätskonzept der Stadt bereits als Bestandteil des Erschließungsnetzes gekennzeichnet ist, das eine sichere Führung für den Radverkehr ermöglichen soll. Bestätigt wurde auch, dass der Goldberg für den Radverkehr aufgrund der Verbindung zum Schulcampus im Norden sowie dem Universitätscampus im Südwesten eine besondere Bedeutung hat.

Zählungen haben tatsächlich eine hohe Radlerfrequenz ergeben

Radverkehrszählungen zwischen dem 26. September und dem 15. Oktober 2023 haben zudem eine hohe Radlerfrequenz in dem Viertel belegt. So wurden in der Blumenstraße werktags zwischen 600 und 700 und am Wochenende 200 bis 300 Radfahrer gezählt, in der Ferdinand-Zwack-Straße (auf Höhe der Stadtwerke) waren es werktags 500 bis 550 und am Wochenende 200 bis 300 Radfahrer.

Nachdem das Wohnquartier für den motorisierten Verkehr gleichzeitig von geringer Bedeutung ist, sah die Verwaltung die Voraussetzungen für die Einführung einer Fahrradzone im Goldbergviertel tatsächlich gegeben, wie es am Mittwoch im Planungsausschuss hieß. Lediglich die gewünschte Beschränkung auf Tempo 20 könne nicht umgesetzt werden, weil für Fahrradzonen 30 als Beschränkung vorgeschrieben sei. Auch von Änderungen bei den Einbahnstraßen riet man eher ab, weil man damit lediglich wieder mehr Durchgangsverkehr erzeugen würde.

Im Ausschuss gab es keine Einwände gegen die Neuregelung, sodass der Einrichtung der Fahrradzone grundsätzlich nichts im Weg steht. Im Goldbergviertel hat damit der Radverkehr künftig absoluten Vorrang. Auf der Straße sind nur Radfahrer zugelassen, andere Verkehrsmittel müssen durch eine Zusatzbeschilderung explizit vom Verbot ausgenommen werden, beispielsweise Anlieger. Radfahrer dürfen in Fahrradzonen nebeneinander fahren, es gilt Rechts-vor-Links und eben eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde. Die geschätzten Kosten für Markierung und Schilder liegen bei etwa 17 000 Euro und wurden vom Ausschuss durchgewunken.

"Das sind jetzt nicht nur vier Nachbarn"

Grünen-Stadtrat Manfred Drobny feierte die Entscheidung im Ausschuss als ein "äußerst gelungenes Beispiel für direkte Demokratie", weil der Wunsch nach dieser Neuordnung eben von den Bürgerinnen und Bürgern gekommen sei. CSU-Kollege Rudi Schwaiger erkundigte sich prompt, ob man denn eigentlich sicher sei, dass die IG Goldberg tatsächlich die Mehrheit der Anwohner dort vertrete. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher konnte ihn da allerdings beruhigen: Das seien schon mehrere 100 Menschen, "das sind jetzt nicht nur vier Nachbarn". Gleichwohl handele es sich natürlich nicht um ein Beispiel für gelebte direkte Demokratie, sondern wenn, "dann für die repräsentative Demokratie", stellte der Oberbürgermeister richtig. Drobny ließ es sich nicht nehmen, Schwaiger darauf hinzuweisen, dass die CSU in Bayern schließlich auch nicht von einer absoluten Mehrheit der Menschen gewählt worden sei.

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