Freisinger Frauenhaus:Das Siegel der Verschwiegenheit ist gebrochen

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Schutz vor ihrem gewalttätigen Partner finden Frauen im "Frauenhaus". (Foto: Maja Hitij/dpa)

Die Suche nach einem Standort für ein Frauenhaus in Freising beginnt von Neuem. Denn mittlerweile ist es ein offenes Geheimnis, wo es gebaut werden sollte. Die Diakonie sieht die Anonymität der Schutzsuchenden nicht mehr gewahrt.

Von Peter Becker, Freising

In der Stadt Freising ist längst kein Geheimnis mehr, wo das geplante, neue Frauenhaus entstehen sollte. Die Diakonie als derzeitiger Träger hat deshalb einen Rückzieher gemacht. Weil die Anonymität der dort untergebrachten Frauen und ihrer Kinder nicht mehr gewährleistet sei, sind die Pläne erst mal auf Eis gelegt. Das gab Landrat Helmut Petz (FW) während der Sitzung des Sozialausschusses des Kreistags bekannt.

Die Diakonie hat derzeit nur ein geschlossenes Konzept und wollte das neue Frauenhaus zunächst anonym betreiben. "Mit detektivischem Eifer", sagte Petz, hätten einige Personen herausgefunden, wo der neue Standort der Einrichtung geplant war. Das hat sich in Freising herumgesprochen und die Pläne zunichtegemacht. Dem Vernehmen nach hat es sich um ein Grundstück in Vötting gehandelt. Die Suche beginnt also von Neuem. Auf dem vom Landkreis gekauften Grundstück sollen jetzt Wohnungen für Beschäftigte des Landkreises oder des Klinikums entstehen.

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Schon seit Längerem sind sich die SPD, die einen entsprechenden Antrag gestellt hatte, und die Fraktionen im Kreistag einig, einen neuen Zufluchtsort für unter häuslicher Gewalt leidende Frauen und ihre Kinder zu schaffen. Im Januar war Petz noch recht optimistisch gewesen. Ein Grundstück für ein neues Frauenhaus sei gefunden, berichtete er im Sozialausschuss. Wo, das falle unter das Siegel der Verschwiegenheit. Nun dauerte es wohl nicht allzu lange, bis dieses gebrochen war.

Christine Binder von der Geschäftsstelle der Diakonie hatte im Sozialausschuss berichtet, dass im vergangenen Jahr 24 Frauen und 19 Kinder in der Einrichtung Zuflucht gesucht hätten. Das Frauenhaus stößt längst an die Grenzen seiner Kapazität. Einige Bewohnerinnen kommen aus dem Landkreis, andere aus Bayern oder von außerhalb des Freistaats. Bei Frauen aus der näheren Umgebung sei die Sicherheit nicht unbedingt zu gewährleisten.

Privatsphäre gibt es im alten Gebäude praktisch nicht

Das aktuelle Gebäude besteht aus einem Einfamilienhaus, das Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre gebaut wurde. Es gibt eine kleine Küche und einen Herd. Die Zimmer sind auf eine Familie zugeschnitten, aber nicht für den Zweck eines Frauenhauses. Als Gemeinschaftsraum dient ein Wohnzimmer mit Kinderbereich. Eine Privatsphäre existiert praktisch nicht. Dazu gibt es ein kleines Büro, das der Diakonie zur Verfügung steht. Im Neubau hätten künftig acht schutzbedürftige Frauen und deren Kinder Platz finden sollen.

Christine Binder hatte in der damaligen Sitzung des Sozialausschusses beklagt, dass die Sicherheitslage dort nicht mehr befriedigend sei. Männer, die unerlaubterweise Kontakt zu ihren Frauen und Kindern suchten, könnten die Adresse ohne große Schwierigkeiten erfahren. Den Schutzsuchenden werde zudem geraten, am Bahnhof oder in der Nähe des Frauenhauses ihre Mobiltelefone auszuschalten, um nicht geortet zu werden. Manche Männer sind aber erfinderisch. So gibt es einen Fall, allerdings nicht im Landkreis, bei dem ein Mann vor einem Frauenhaus auftauchte und seinem Kind einen Teddy schenkte, in dem er einen Chip zum Auslesen von Daten eingebaut hatte.

Das Gelände sollte technisch zu überwachen sein

Die Diakonie hat beschlossen, das neue Frauenhaus wie bislang mit einem geschlossenen Konzept zu führen. Das bedeutet eine weitere Geheimhaltung, wo es sich befindet. Wert wird auf die Sicherheitslage gelegt, das Gelände sollte technisch zu überwachen sein.

Die Pläne für das neue Frauenhaus waren weit gediehen. Die Diakonie sollte die Einrichtung weiter betreiben, ebenso den Notruf bei häuslicher und sexualisierter Gewalt, der damit eng verknüpft ist. Weil aber ein Neubau ansteht, müsste aus Gründen des Vergaberechts der Betreiber neu ausgeschrieben werden. Die Verwaltung des Landkreises und die Diakonie als derzeitige Betreiberin hatten sich bereits Gedanken über das Raumprogramm gemacht. Diese sollten während eines Wettbewerbs konkretisiert werden. Der Kreisausschuss des Kreistags hielt dies allerdings für überzogen, mit so einem übersichtlichen Bauvorhaben in einen Wettbewerb zu gehen.

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