Freisinger Fabriken:Das Elektrizitätswerk des Franz Datterer

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Beim Arpajon-Garten haben einst Mühlräder Strom erzeugt. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Druckereibesitzer will Ende des 19. Jahrhunderts die Stadt Freising mit Strom versorgen.

Von Peter Becker, Freising

"Freisinger Fabriken" heißt ein Buch, das der Freisinger Hans Lorenzer 2022 veröffentlicht hat. Das Nachschlagewerk, wie er es nennt, beschäftigt sich mit Fabrikationen und Werken innerhalb der Stadt Freising. Manche gibt es heute noch, viele sind verschwunden. Die Freisinger SZ stellt in einem Streifzug durch die Industrialisierung bestehende und aufgegebene Unternehmen vor. Heute: Das Elektrizitätswerk (1894 - 1903).

Ein Pionier der Stromversorgung Freisings war Franz Datterer, Herausgeber des Freisinger Tagblatts. Für seine Druckerei hatte er ein größeres Gebäude gesucht. Deshalb kaufte er die Steinmühle an der Wörthmoosach, dort wo sich heute der Arpajongarten befindet. Dort errichtete er eine moderne Druckerei. Datterers Interesse an Elektrizität war groß. Das rührt laut Lorenzer wohl auch daher, dass sein Vetter Ludwig ein Gehilfe von Oscar von Miller war.

Datterer beschloss, in seinem neuen Betrieb die Elektrizität zu nutzen. Zunächst erzeugte er mit Hilfe der beiden Mühlräder und einem Gleichstromdynamo Energie für die Beleuchtung und den Antrieb der Druckmaschinen. 1893 wollte er ein modernes Elektrizitätswerk in Freising bauen. Deshalb riss er das alte Mühlengebäude ab und ersetzte es durch ein Maschinenhaus. Statt der Mühlräder sorgte jetzt eine 20-PS-starke Jonval-Turbine für Energie. Diese war zu arbeitsfreien Zeiten nicht ausgelastet und so verfiel Datterer auf die Idee, die Stadt mit Strom zu versorgen.

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Bürgermeister Martin Mauermayr und der Magistrat waren nicht abgeneigt. Weil es für den Betrieb eines Elektrizitätswerks und der nötigen Infrastruktur noch keine rechtlichen Grundlagen gab, gestalteten sich die Verhandlungen mit der Stadt schwierig.

1894 baute Datterer in der Fabrikstraße eine Halle mit einem Schiffsdieselmotor und einer Werkswohnung für einen Maschinenmeister. Im selben Jahr erwarb die Fabrikanlage des Vorschussvereins, der mittellosen Gewerbetreibenden das nötige Geld für die Gründung eines Geschäfts vorstreckte. Der Vorschussverein hatte 1879 die Fabrik von Maurus Glas gekauft. Der Begründer der Glas-Werke in Dingolfing war in Konkurs gegangen.

In der Fabrik war bereits eine 100-PS-starke Dampfmaschine installiert. Datterer gewann zu dieser Zeit einen Rechtsstreit gegen Alois Steinecker, der seine Mühle am Veitshof in Vötting als Elektrizitätswerk vorgeschlagen hatte. Zu Demonstrationszwecken installierte Datterer 1894 auf eigene Kosten für die Gaststätte "Zur Gred" eine Glühlampenbeleuchtung sowie eine Bogenlampe vor dem Haus. In der Folge stieg der Strombedarf in Freising gewaltig an.

Im Lerchenfelder Brückentor ist einst der Strom vom Eittinger Kraftwerk angekommen. Im Torbogen erfolgte die Umspannung. Ein Erdkabel führte von dort aus zum alten E-Werk an der Fabrikstraße. (Foto: Stadtarchiv)

1903 beendete Datterer jedoch sein Engagement für ein Elektrizitätswerk. Die Druckerei, sein Hauptgeschäft, benötigte mehr Kapital. 1903 verkaufte er seine elektrischen Anlagen an die Bayerischen Elektrizitäts-Werke AG (BEW). Den Strom bezog Freising zunächst aus Erding, später auch von einem Wasserkraftwerk in Kranzberg. 1929 wurde das Netz von Gleich- auf Wechselstrom umgestellt. Der Konzessionsvertrag mit den BEW endete 1948. Die Stadt übernahm das Elektrizitätswerk und wandelte es in einen Eigenbetrieb um.

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