Jan Polack, Meister der Spätgotik, muss im Jahre 1482 eine Vision gehabt haben. Auf der ältesten Stadtansicht von Freising ist der Domberg zu sehen. Auf dessen Südhang führt ein Pfad schnurgerade nach oben. So schilderte es Generalvikar Christoph Klingan am Freitag kurz vor der Segnung der Standseilbahn, die von kommender Woche an die Besucherscharen der bayerischen Landesausstellung auf den Hügel befördern soll. Dort, wo sich früher das Zollhaus am Münchner Tor befand, steht jetzt ein Häuschen aus Beton, in dem sich der Zugang zum Aufzug befindet. Aber ganz im Gegensatz zu früher, scherzte Klingan, steht dort kein Zöllner, der beim Passieren einen Obulus verlangt. Die Fahrt ist kostenlos.
Sachte gleitet der Aufzug dann unter dem grünen Blätterdach etwa eine Minute lang nach oben. Maximal vierzehn Personen passen hinein, die sich einen ersten Panoramablick auf Freising gönnen können. Von der Bergstation vor dem Diözesanmuseum aus ist der Anblick natürlich noch erhebender.
Wer sich darüber wunderte, dass die Blaskapelle den Hit der einstigen bayerischen Dixieland-Jazzkapelle Hot Dogs, "Schau hi, da liegt a toter Fisch im Wasser!", spielte, musste sich von Museumsdirektor Christoph Kürzeder belehren lassen, dass es sich bei dem Stück um das volkstümliche Lied Funiculi, Funiculá handelt, das Luigi Denza 1880 zur Eröffnung der Seilbahn von Neapel auf den Vesuv komponiert hatte. Diese wurde beim Ausbruch des Vulkans 1944 zerstört. Ein Schicksal, das der Standseilbahn auf den Domberg wohl erspart bleibt.
Ein Aufzug hinauf zum geistlichen Zentrum der Stadt galt lange Zeit als undenkbar. Angesichts der Landesausstellung in diesem Jahr hatten sich aber Stadt und Erzdiözese zusammengesetzt und vor zwei Jahren zu planen begonnen. Nach vielen Diskussionen, erinnerte Kürzeder, sei dann dieses für Freising und Bayern einmalige Projekt entstanden. Auch Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher sprach von einem "Kraftakt", bei dem es Naturschutz und Denkmalschutz zu berücksichtigen galt. Schließlich sollte der Baumbestand am Südhang nicht unter dem Bau der Seilbahn leiden.
5,8 Millionen Euro habe sich die Erzdiözese den Bau der Standseilbahn kosten lassen, informierte Klingan. "Ein Geschenk an die Stadt Freising", sagte Eschenbacher. Diese muss allerdings die Wartungskosten übernehmen. Die kurze Bauzeit sei nur deshalb einzuhalten gewesen, "weil alle an einem Strang gezogen haben", lobten die Festredner. Kommende Woche werde die Seilbahn einem echten Härtetest unterzogen, sagte Kürzeder. Nämlich dann, wenn sich "gewichtige Personen aus Kirche und Staat" den Hang hinauf befördern lassen.