Freising:Autos - raus aus dem Zentrum

Lesezeit: 3 min

Um die Innenstadt aufzuwerten, will Freisings Stadtplanerin Sonja Rube Autos aus dem Zentrum verbannen. Ein Fahrverbot lehnt die Stadt ab - doch Rube verfolgt ohnehin einen anderen Plan.

Sabina Dannoura

Das Geschäftszentrum in der Freisinger Altstadt ist genau so lang wie in München die Strecke vom Stachus bis ins Tal. Diesen großen Raum aufzuwerten, gestalterisch und in seiner Qualität als Standort für die Wirtschaft und den Handel, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, der sich die Stadt mit einer Neukonzeption der Innenstadt stellt. Wichtige Handlungsfelder sind nun bei einer Klausurtagung vereinbart worden: Öffentliche Stellplätze soll es nicht mehr geben und die Hauptstraße annähernd niveaugleich ausgebaut werden; in der Oberen Altstadt steht die Öffnung der Moosach auf der Agenda; und am westlichen Ende der Innenstadt soll Platz für weitere Parkgelegenheiten gesucht werden.

Wie in der Fischergasse soll die Moosach bald in der Oberen Altstadt erlebbar sein. Höhengleich, wie in der Ziegelgasse (Foto), aber mit einer markierten Fahrbahn, könnte die Hauptstraße ausgebaut werden. (Foto: Marco Einfeldt)

Stadtspitze und Sonja Rube, die Chefin des interdisziplinär besetzten Planungsteams, sind ausgesprochen zufrieden. "Die Veranstaltung war für alle ein großer Erfolg", resümiert Oberbürgermeister Dieter Thalhammer (SPD) und ordnet die Beratungen von Vertretern des Stadtrats, der Agenda, von Wirtschaft und Verwaltung - zusammen 27 Personen - als intensiv und konstruktiv ein. Zwei Tage setzten sich die Teilnehmer in Landshut mit ersten Konzept-Ideen auseinander. Zu Beginn stand dabei die für Sonja Rube entscheidende Aussage: "Freising ist sehr, sehr schön, und es ist bislang nicht viel falsch gemacht worden, das nicht reparabel wäre", versichert die Stadtplanerin.

Weil die Innenstadt das Wichtigste sei, was Freising zu bieten habe, müsse diese als Wirtschafts- und Handelsstandort "mindestens so bleiben" und gleichzeitig alles unterlassen werden, was dem Zentrum schade, formuliert Rube einen Grundsatz.

Übersetzt heißt das: Auf die grüne Wiese gehören keine Geschäfte mit einem hochwertigen, Innenstadt-relevanten Sortiment. Gleichzeitig sollten in der Altstadt mit heute 27.000 Quadratmetern Verkaufsflächen noch zusätzliche Flächen in einem Umfang von 7000 Quadratmetern akquiriert werden - vor allem im Textilbereich, aber auch in "Nischenbranchen". Den privaten Immobilienbesitzern will das Team um Sonja Rube nicht nur in dieser Sache unterstützend zur Seite stehen: Beratung bietet es auch an, um vorhandene "Gestaltungsmängel" abzustellen.

Für Investoren sind die Untere und Mittlere Hauptstraße die erste Adresse. Diese "eher konsumorientierte" Entwicklung wird und soll sich nach Überzeugung der Experten fortsetzen. In der Oberen Stadt soll den Besuchern dagegen ein längeres Verweilen schmackhaft gemacht werden. "Dazu gehört ein klares Ja zur Moosach-Öffnung", sagt Rube. Wie ein offener Wasserlauf zwischen Kriegerdenkmal und Bücher Pustet bewerkstelligt werden könne, müsse aber noch geklärt werden. Beseitigt werden soll auch das Hinterhof-Ambiente auf der Ostseite der Altstadt und dieses Entree ansprechend gestaltet werden.

Inszenierung eines "echten Altstadtrings"

Benachteiligt, so hat die Bestandsaufnahme ergeben, ist die Geschäftszone in der Oberen Hauptstraße beim Parkplatzangebot. Die Klausur-Teilnehmer haben deshalb das Planungsteam beauftragt, Platz für zusätzliche Stellflächen zu ermitteln. Verbessert werden soll die Erreichbarkeit auch für den öffentlichen Nahverkehr und eine zusätzliche Bushaltestelle im Bereich Karlwirt geschaffen werden. Aufgreifen will man auch die Kritik an der unklaren Verkehrsführung zu den Parkplätzen. Rube schwebt vor, "einen echten Altstadtring zu inszenieren", an dem die jeweiligen Parkhäuser quasi aufgereiht würden.

Zu einer echten Fußgängerzone in der Altstadt kann man sich nicht durchringen - weil, wie Rube erklärt, dies auch gar nicht möglich sei: Bus, Rad, Taxen, Behinderte, Lieferverkehr und Anwohner müssten weiterhin Zugang zur Innenstadt haben. Deutlich weniger Verkehr erwartet sie sich aber, wenn keine öffentlichen Stellplätze mehr angeboten werden: "Wenn es keine Parkplätze mehr gibt, wird auch kein Auto mehr rein fahren." Weiterhin soll das Zentrum nach schweizerischem Vorbild als "Begegnungszone" gestaltet werden: Der Straßenraum würde "fast höhengleich" ausgebaut, ein kleiner baulicher "Versatz" zeige dem motorisierten Verkehr und Radlern an, dass sie "nur hier" fahren dürften, erläutert die Stadtplanerin.

Die finanzielle Schere hat die Diskussionsrunde nicht im Kopf haben dürfen, denn die vorgeschlagenen Maßnahmen verschlingen Millionen. "Der Prozess wird ja nicht von heute auf morgen umgesetzt, das sind Leitlinien für die nächsten Jahre", so Thalhammer. Zunächst sollen die Ziele mit den Bürgern (14. Juli) und bei einem Stammtisch mit den Geschäftsleuten (20. Juli) besprochen werden. Im Herbst möchte Rube die Projekte benennen, die bevorzugt umgesetzt werden sollten. Am Ende des Jahres schließlich soll der Rahmenplan für die Innenstadt-Konzeption stehen.

© SZ vom 22.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: