Amtsgericht Freising:Bald kommt die elektronische Akte

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Im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Freising steigen die Fallzahlen bei der Kinderpornografie an. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Digitalisierung macht auch vor dem Amtsgericht Freising nicht halt. Auffällig ist, dass im Bereich der Strafabteilung die Zahl der Verfahren wegen Kinderpornografie zunimmt.

Von Peter Becker, Freising

Was tun, wenn eine Mutter oder ein Vater auf dem Smartphone seines Kindes ein Nacktbild findet, bei dem es sich um Kinderpornografie handelt? Manche Eltern senden solche Bilder zur Warnung an andere Eltern oder die Schulleitung weiter, ohne zu wissen, dass sie sich damit strafbar machen. Hintergrund ist die Verschärfung des Paragrafen 184 zu Verbreitung und Besitz von Kinderpornos, mit dem der Staat auf die Enttarnung von Tätern und entsprechender Tauschringe im Internet reagierte. Seitdem gilt der Besitz solcher inkriminierter Bilder als Verbrechen. Auch am Amtsgericht Freising häuften sich die Verhandlungen, in denen es um Kinderpornografie gehe, sagte der stellvertretende Direktor Manfred Kastlmeier jüngst während eines Pressegesprächs.

Kastlmeier ist nicht glücklich über diese Regelung. Besitz oder Verbreitung solcher Videos oder Bilder ziehen jetzt eine Mindeststrafe von einem Jahr nach sich. Besagte Eltern, welche Missbrauchsfotos zur Warnung weiter versenden, machen sich nun strafbar. "Eine Einstellung des Verfahrens ist weggefallen", erklärte Kastlmeier. Die Strafverfolgung trifft jetzt mitunter die Falschen. Abhilfe könnte aber in Sicht sein: Ein Münchner Richter hält die Strafverschärfung für verfassungswidrig und strengt eine Normenkontrollklage an.

"Die Justiz in Freising funktioniert sehr gut"

Stefan Priller, seit August 2021 Leiter des Amtsgerichts, ist mit der Arbeit seines Personals zufrieden. "die Justiz in Freising funktioniert sehr gut", bilanzierte er. Das höre sich so lapidar an, sei aber sehr wichtig für die Bevölkerung. Im Mittelpunkt des Interesses steht hauptsächlich die Strafabteilung. Die war mit 3847 Verfahren im Jahr 2021 und 3190 im Jahr 2022 gut beschäftigt.

Die anderen Abteilungen gingen dagegen in der Öffentlichkeit stets ein bisschen unter, sagte Priller. Er erinnerte daran, dass es im Amtsgericht noch eine Zivil-, Familien-, Nachlass- und Betreuungsabteilung für Erwachsene sowie das Grundbuchamt gibt und die Verwaltung selbst. Das Zivilgericht ist mit 1,92 Stellen belegt. Die Richterinnen und Richter haben vor zwei Jahren 1165, im vergangenen Jahr 1107 Verfahren abgearbeitet. 1257 (2021) und 1073 (2022) waren es im Familiengericht. Priller sagte, es gebe immer mehr "hoch konfliktreiche Ehepaare". In vielen Familien gebe es Spannungen beispielsweise wegen der Impfung der Kinder oder der Schule. Es handele sich um aufwendige Verfahren, oft verbunden mit familienpsychologischen Gutachten.

Bis 2025 soll die Papierakte aus dem Alltag verschwinden

Insgesamt sind am Amtsgericht 85 Personen beschäftigt; darunter zwölf Richter und 13 Rechtspfleger. Was nach Ansicht von Priller immer etwas im Schatten steht, ist das Berufsbild des Justizfachwirts. "Ohne die läuft es nicht", betonte der Amtsgerichtsdirektor. Die Ausbildung erfolgt dual. Die Bewerbungsfrist für 2024 läuft bis Mai ( www.lpa.bayern.de).

Die Digitalisierung macht auch vor dem Freisinger Amtsgericht nicht halt. Sie soll bis zum Dezember 2025 abgeschlossen sein. "Dann gibt es keine Papierakte mehr", kündigte Priller an. Heuer werde in der Zivil- und Familienabteilung mit der Umstellung begonnen. Der Vorteil sei, dass den Beschäftigten das Arbeiten im Home-Office erleichtert werde, weil das lästige Transportieren von Akten entfalle. Über Suchfunktionen sei eine leichtere Orientierung möglich.

Irgendwann, sagte Priller, werde künstliche Intelligenz Sachverhalte aufbereiten und Vorarbeit leisten. Kastlmeier hat gewisse Vorbehalte. "Es muss alles auf neue Speicher transferiert werden", gibt er zu bedenken. Und was geschieht bei einem Blackout, wenn plötzlich der Strom ausfällt?

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