Häusliche Gewalt:"Wir blicken mit Besorgnis auf den Winter"

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Frauenhäuser bieten Schutz vor häuslicher Gewalt (Symbolbild). Das aktuelle Gebäude des Landkreises Freising ist längst an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen. (Foto: Peter Steffen/dpa)

Derzeit steigt die Zahl der Anfragen im Freisinger Frauenhaus wieder an. Für die Wintermonate befürchtet die Diakonie Schlimmes. Die Suche nach einem größeren Haus mit mehr Plätzen aber gestaltet sich mühsam.

Von Gudrun Regelein, Freising

Das Frauenhaus der Diakonie in Freising ist derzeit voll besetzt - aber das ist nichts Neues. Fünf Frauen und zehn Kinder finden hier Platz, das reicht schon seit Langem eigentlich nicht mehr aus. "Derzeit steigt die Zahl der Anfragen wieder, das ist nicht nur bei uns, sondern deutschlandweit so", sagt Freisings Diakonie-Vorständin Christina Binder. Schon jetzt können erneut nicht alle Frauen, die anfragen, auch aufgenommen werden.

Eine Zeit lang, über den Sommer hinweg, war die Situation im Frauenhaus entspannter. "Das lag wahrscheinlich mit daran, dass viele Frauen, die unter häuslicher Gewalt leiden, nach der Corona-Krise und dem Beginn der Inflation und Kostenexplosion eine Trennung nicht gewagt haben", sagt Binder. Das habe sich mittlerweile aber wieder verändert - und die Vorständin befürchtet für die kommenden Monate Schlimmes. "Die steigenden Miet- und Energiekosten sind für viele Familien nicht finanzierbar, das erzeugt einen emotionalen Druck. Dieser wiederum führt zu Streit und Auseinandersetzungen." In einer solchen Situation könne die Situation in Familien, in denen bereits eine Gewaltstruktur herrsche, komplett eskalieren. "Wir blicken mit Besorgnis auf den Winter", sagt Binder.

Lange Wartezeiten

Ein anderes Problem in der Arbeit mit den Frauen, die im Frauenhaus Zuflucht gesucht haben, ist der angespannte Wohnungsmarkt in der Region, schildert Binder. Die Zahl der Wohnungssuchenden sei durch den Ukraine-Krieg noch einmal nach oben geschnellt, bezahlbare Wohnungen für die Frauen, die eigentlich aus dem Frauenhaus ausziehen könnten, seien immer schwieriger zu finden. Das aber bedeute, dass - wie in den vergangenen Jahren bereits oft geschehen - diese Frauen und ihre Kinder länger als eigentlich geplant bleiben müssen. "Und dort der Platz, den eigentlich eine andere Frau bräuchte, nicht frei wird", sagt Binder.

Frauenhaus will sich vergrößern

Das Frauenhaus will sich vergrößern, es ist schon seit Längerem viel zu klein. Die Zahlen sprechen für sich: Im Jahr 2020 gab es 143 Anfragen, aufgenommen werden konnten aber nur zehn Frauen. Im Jahr 2021 erhielt das Frauenhaus Freising unter Pandemiebedingungen insgesamt 130 Anfragen und konnte 19 Frauen aufnehmen. Die Diskrepanz zwischen der Zahl der Frauen, die um einen Platz nachfragen, und denen, die unterkommen, ist also groß, mehr Plätze wären dringend notwendig.

Auch baulich genügt das Haus nicht mehr den Mindestanforderungen. Unter anderem gibt es keine Barrierefreiheit, die eigentlich vorgeschrieben ist. Schon seit Monaten ist die Diakonie auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie. Grünes Licht für eine Erweiterung gab es nämlich bereits im Frühjahr 2021 vom Kreisausschuss des Kreistags, der sich für eine Erweiterung von fünf auf acht Plätze aussprach. Bewilligt wurde damals sogar ein Neubau. Als Zwischenlösung bis zu dessen Realisierung wurde die Anmietung einer geeigneten Immobilie beschlossen.

Mindestens 300 Quadratmeter

Acht Zimmer für die Frauen und Kinder muss das neue Domizil mindestens haben, ein Spielzimmer, einen Aufenthaltsraum, mehrere Bäder, eine große Küche und zwei kleine Büros. Ein Garten für die Kinder darf auch nicht fehlen. Mindestens 300 Quadratmeter groß muss das neue Frauenhaus sein und in relativ zentraler Lage liegen. Eigentlich sollte der Umzug schon in diesem Jahr erfolgen, aber: "Wir haben zwar schon einige Angebote bekommen, aber bislang war nichts Passendes darunter", berichtet Binder. Die Suche nach einer geeigneten Immobilie gestalte sich sehr mühsam. "Die Mieten für die angebotenen Objekte sind teilweise utopisch, die können wir nicht finanzieren."

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