Der Flughafen München ist ein Hotspot für ultrafeine Partikel (UFP) in der Luft - und das auch in der Pandemie. Zu diesem Schluss kommen der Bürgerverein Freising und das Helmholtz Zentrum München nach einer im Jahr 2020 initiierten Messkampagne am und rund um den Airport. Die Ergebnisse der Kampagne sind am Donnerstag im Ausschuss für Planung, Umwelt, Tourismus, Landkreisentwicklung und Infrastruktur des Kreistags vorgestellt und die zugehörige Publikation an Landrat Helmut Petz (FW) offiziell übergeben worden. Die Messungen während des Lockdowns hätten gezeigt: "Die Konzentration von UFP korreliert stark mit der Zahl der Flugbewegungen."
Genau das sei das Ziel der vom Kreistag 2020 in Auftrag gegebenen Kampagne gewesen, sagte der Landrat: Herauszufinden, welcher Zusammenhang zwischen dem Flugverkehr und UFP-Belastungen bestehe. "Die durch den Lockdown flugarme Zeit hat dafür die historisch einmalige Chance geboten", so Petz. Wolfgang Herrmann, Reinhard Kendlbacher und Oswald Rottmann aus dem Vorstand des Bürgervereins haben die Ergebnisse zusammen Josef Cyrys vom Helmholtz Zentrum in einem Beitrag für das VDI-Fachmedium "Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft" aufbereitet, der im Dezember 2021 veröffentlicht worden ist.
Kendlbacher und Herrmann präsentierten das Ergebnis der Messungen jetzt im Planungsausschuss des Freisinger Kreistags. Der Bürgerverein sei damals in einer Phase gewesen, in der er ohnehin gerade UFP-Messungen rund um die Flughafen vorgenommen habe, so Kendlbacher. "Der Lockdown war dann eine Riesenchance, die wir nutzen mussten." Während die Gemeinden des UFP-Messnetzwerks, Hallbergmoos, Neufahrn, die Messgemeinschaft Wartenberg/Berglern/Fraunberg, Freising, das Helmholtz Zentrum München, die Schutzgemeinschaft Nord und der Pfarrverband Freising die Messungen unterstützten "und Feuer und Flamme waren", habe die Flughafen-Gesellschaft FMG eine Kooperation verweigert, so Herrmann. Deshalb habe man am Flughafen nur eine mobile Messstation einrichten können. Gemessen wurde zudem an den Stationen Freising/Angerstraße, Achering, Freisinger Moos, Massenhausen, Hallbergmoos und Eitting. Durch die Mitarbeit des Helmholtz Zentrums habe man nun auch "den wissenschaftlichen Background gehabt, "von dem immer gesagt wurde, dass wir ihn nicht haben", so Kendlbacher.
Gemessen wurde im Februar 2020, also vor dem Lockdown, und dann im Lockdown von April bis August. Auf dem Parkplatz Besucherhügel am Flughafen wurden im Februar von sechs bis 24 Uhr bei durchschnittlich 1020 Flügen am Tag 51 544 Partikel pro Kubikmeter Luft gemessen. Im April waren es bei täglich durchschnittlich 68 Flügen nur noch 7063 Partikel. Als die Zahl der Flüge im August wieder auf durchschnittlich 403 am Tag stieg, kletterte auch der Wert der gemessenen Partikel auf 14 670. Die UFP-Belastungen, so das Ergebnis der Studie, "sind am Flughafen selbst am höchsten; mit zunehmender Entfernung vom Flughafen nehmen die Belastungen ab".
Zudem steige im Umland die UFP-Belastung "mit Wind vom Flughafen", so eine weitere Erkenntnis. "Wenn der Wind zum Flughafen hin bläst, ist die Belastung nicht so hoch, wenn er vom Flughafen kommt, hat man die höchsten Belastungen, das ist eine sehr eindeutige Geschichte", so Herrmann. UFP stellten laut Umwelt-Bundesamt ein Risiko dar, und das nicht erst ab einer gewissen Wirkungsschwelle, "auf jede Belastung durch UFP reagiert der Körper", hieß es in der Präsentation des Bürgervereins. Es gebe zwei Möglichkeiten, die UFP an Flughäfen deutlich zu reduzieren: schwefelarmes Kerosin sowie das Schleppen der Flugzeuge von der Landung zum Gate und vom Gate zum Start. Das Einsparen von Kerosin amortisiere die Mehrkosten für das Scheppen in kurzer Zeit.
Josef Cyrys vom Helmholtz Zentrum zeigte sich "etwas überrascht, dass der Münchner Flughafen so einen Widerstand gegen die Messungen leistet". Am Flughafen Berlin-Brandenburg gebe es zwei UFP-Messstationen, "dort gibt es eine sehr große Bereitschaft, mit der Wissenschaft zu kooperieren". Landrat Petz lobte den Bürgerverein, "dass Sie das Thema durch Ihr Tun salonfähig und zu einer politischen Sache gemacht haben". Denn inzwischen sei auch das Land Bayern mit aufgesprungen und beteilige sich an Messungen zusammen mit Bürgerverein und Uni Bayreuth. Für diese liegen die Ergebnisse aber noch nicht vor.