Flüchtlingsunterkünfte:Einmal durchschnaufen

Lesezeit: 2 min

Landrat Josef Hauner, Sandra Schulberger und Irmgard Eichelmann, für das Thema Asyl zuständig, beim Rundgang durch die Echinger Unterkunft. (Foto: Marco Einfeldt)

Mit Bezug eines ehemaligen Bürogebäudes in Eching entzerrt sich die Situation in den Flüchtlingsunterkünften des Landkreises. Der Familiennachzug könnte jedoch neue Probleme schaffen, warnt Landrat Josef Hauner

Von Klaus Bachhuber, Eching

Mit dem Bezug einer neuen Asylbewerberunterkunft in einem ehemaligen Bürogebäude im Gewerbegebiet Eching-Ost ist die neue Verteilung der Flüchtlinge im Landkreis Freising weitgehend abgeschlossen. Als letzter Schritt wird noch die geplante Unterkunft in Lerchenfeld realisiert. Die in Neufahrn bereits aufgestellte, aber nie bezogene Traglufthalle wird wieder abgebaut. "Wir können einigermaßen beruhigt die nächsten Monate abwarten", sagte Landrat Josef Hauner am Dienstag bei der Vorstellung der Echinger Anlage, "der Landkreis hat gemeinsam mit den Gemeinden seine Hausaufgaben gemacht."

Als nächstes großes Problem sieht das Freisinger Landratsamt jetzt jedoch den in vielen Fälle bereits eingeleiteten Familiennachzug. Die einschlägigen Bestimmungen dazu, die völlig am Landratsamt vorbei liefen, könne er "kaum verstehen", rügte der Landrat und befürchtete "ganz große Probleme". Nach der aktuellsten Gesetzesinterpretation durch die Bezirksregierung gelten einreisende Familienangehörige anerkannter Asylbewerber als obdachlose Ausländer, für deren Unterbringung dann die jeweilige Gemeinde sorgen müsste.

Das Landratsamt hat den Rathäusern bereits zugesagt, Plätze in den Sammelunterkünften zur Verfügung zu stellen, auch wenn diese dafür zweckentfremdet würden. Allerdings sind diese trotz der aktuell entspannten Lage nicht beliebig verfügbar. "Wir müssen auch Kapazitäten frei halten", warnte Hauner. Aktuell leben 2415 Asylbewerber im Landkreis, davon 1960 in 76 Unterkünften unter der Obhut des Landratsamtes.

Weitere 317 Menschen hat die Bezirksregierung in den drei Sammelunterkünften in Moosburg, Zolling und Langenbach untergebracht. Für insgesamt 138 minderjährige Flüchtlinge ohne Familienanschluss ist das Freisinger Jugendamt zuständig, 19 wohnen in Pflegefamilien. Die 2415 Asylbewerber stammen aus 40 Nationen, die meisten, 526, kommen aus Nigeria und 480 aus Afghanistan.

Mit dem Bezug der angemieteten Anlage in Eching setzt das Landratsamt nun den Kurs fort, die Situation in überbelegten Unterkünften zu entzerren. Maximal 250 Menschen können in dem ehemaligen Bürogebäude untergebracht werden. Mit der Erschließung der einzigen Sammelunterkunft in Eching war vor Jahresfrist begonnen worden. Auf drei Stockwerken stehen 74 Zwei- bis Fünfbettzimmer zur Verfügung, dazu Gemeinschaftsräume. Zunächst werden Ende August 30 Asylbewerber aus Neufahrn untergebracht, deren Einrichtung geschlossen wird. Danach folgen 40 aus der ehemaligen General-von-Stein-Kaserne und schließlich 60 aus dem Containerdorf an der Wippenhauser Straße. Damit werden diese beiden Freisinger Einrichtungen wieder auf ihre Regelbesetzung zurückgefahren. In den vergangenen Wochen waren bereits insgesamt 240 Flüchtlinge verlegt worden, um Notunterkünfte zu räumen und die Situation an einzelnen Standorten zu verbessern.

Mit der Option, die Einrichtungen notfalls wieder stärker zu belegen, und dem ehemaligen Baumarkt in Attaching als voll ausgestattetem Erstaufnahmelager für bis zu 500 Menschen sieht sich der Landkreis auch für eventuelle Veränderungen bei der Flüchtlingssituation gut aufgestellt. Hauner warnte dennoch eindringlich vor den möglichen Folgen eines intensiven Familiennachzugs. Schon jetzt seien 238 Plätze in den Flüchtlingsunterkünften durch Fehlbeleger besetzt. Sie sind als Asylbewerber bereits anerkannt und müssten sich somit selbst eine Wohnung suchen - im Landkreis freilich mit den bekannt geringen Erfolgsaussichten.

Auch die ankommenden Familienmitglieder müssen angesichts des schwierigen Wohnungsmarktes zunächst überwiegend in den Unterkünften untergebracht werden. Von mindestens 90 einschlägigen Anträgen weiß die Behörde, was bei drei Familienangehörigen im Schnitt sofort wieder 270 neue Plätze bedingen würde. Bislang galt, dass für diesen Personenkreis, ebenso wie für Obdachlose, die Gemeinden zuständig sind. Erst durch das Nachfassen des Landratsamts hat die Bezirksregierung nun den Einzug in Sammelunterkünfte des Kreises akzeptiert - eine Zwischenlösung, die der Landrat den Bürgermeistern dann auch in Aussicht gestellt hat.

© SZ vom 10.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: