Eching: Bürgerplatz:Abscheu vor der Leere

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Mülleimer aus Blech, alte Spielgeräte und ein Brunnen, dessen Geplätscher im Verkehr untergeht: Der Echinger Bürgerplatz weckt Unbehagen. Doch bevor er saniert wird, kommt das Rathaus dran.

A. Vettori

Die Diskussion um den Echinger Bürgerplatz, der bis vor kurzem nicht einmal einen richtigen Namen hatte, ist ebenso alt wie der Platz selbst: 1995 war er fertig - und sofort verursachte das über 3000 Quadratmeter große Areal zwischen Hauptstraße, Kirche, Rat- und Bürgerhaus bei den Echingern Unbehagen. "Horror Vacui" haben Kritiker dieses Gefühl genannt, die Abscheu vor der Leere. Denn bis auf Kartoffelfest, Gewerbeschau und Weihnachtsmarkt vermochte nichts die graue Betonfläche mit einer wirklich wahrnehmbaren Zahl von Menschen zu füllen.

Unbelebte Flächen sind unbehaglich. Der Echinger Bürgerplatz hat in dieser Hinsicht einiges zu bieten - auch wenn sich vereinzelt eine Bank findet. (Foto: Marco Einfeldt)

Tatsächlich beschleicht selbst den geneigten Betrachter auch heute noch eine leichte Melancholie, wenn er sich an einem dieser ruhigen August-Nachmittage am Bürgerplatz niederlässt. Der Fußweg entlang der Kirche Sankt Andreas führt von Osten her zum Platz. Die stark befahrene Hauptstraße im Süden ist optisch mit einem kleinen Brunnen abgetrennt, sein Geplätscher kommt gegen den Motorenlärm allerdings nicht an. Das Ensemble daneben, aus blechernem Mülleimer, einer Siebziger-Jahre-Kugelleuchte und einem grauen Stromverteilerkasten könnte eine Ursache für die aufkommende Melancholie sein. Auch die nicht mehr ganz taufrischen Spielgeräte für Kleinkinder in der nordwestlichen Ecke des Platzes sind nicht dazu angetan, die Tristesse zu vertreiben.

So groß freilich kann die Abscheu vor der Leere zumindest bei den Kommunalpolitikern nicht sein. Denn als es ernst wurde im vergangenen Jahr, auf dem Höhepunkt der Umgestaltungsdiskussion, war die Abscheu vor der Tat offenbar noch größer als die vor der Leere. Es begann noch recht hoffnungsvoll mit einem Ideenwettbewerb. Neun Architekturbüros gaben Vorschläge für die Gestaltung des Platzes ab.

Daraus wählte man drei aus, die die ganze Bandbreite der Möglichkeiten darstellen: Eine rein kosmetische Verschönerung des Platzes, dann ein neuer Häuserriegel, der den Bürgerplatz zur Hauptstraße hin abgrenzen würde, und eine großflächigere Bebauung im Süden und Nordwesten mit Ladenzeilen oder Verkaufspavillons, die nur noch einen rund 2000 Quadratmeter großen Platz frei ließen.

Nicht einmal ein Wahlkampfthema

Nicht nur im Echinger Gemeinderat fand sich in der Folge aber eine Mehrheit, die keine neue Bebauung wollte. "Die Arbeiten waren monatelang ausgestellt, die Reaktionen gingen in alle Richtungen, aber insgesamt war bei den Leuten eine klare Tendenz zu erkennen, dass man nicht viel verändern möchte", erinnert sich Bürgermeister Josef Riemensberger an die Diskussion Ende vergangenen Jahres.

Noch nicht einmal als Thema im Bürgermeisterwahlkampf hat sich der Bürgerplatz wirklich geeignet - mangels klar abgrenzbarer Alternativen bei den Kandidaten. Weil nun trotz des Konsenses im Gemeinderat noch immer klare Vorstellungen fehlen, hätte Riemensberger am liebsten einen Bürgerentscheid zu dem Thema. "Endlos-Diskussionen machen keinen Sinn. Ich kann mir da die Frage vorstellen: Möchten sie eine grundlegende Veränderung oder nur eine gestalterische?"

Markus Scheuch, von der Gemeinschaft Echinger Fachbetriebe, muss nicht lange überlegen bei der Antwort auf diese Frage: "Ich würde die Umgestaltung nicht nur auf den Bürgerplatz beschränken, sondern bis über die Bahnhofstraße ausdehnen. Auf dem Grund, wo jetzt die Pension Sagermann steht, der aber der Gemeinde gehört, könnte man ein Gebäude bauen, das auch einem größeren Supermarkt als Kundenmagnet Raum böte."

Zwischen diesem westlich angrenzenden Gebiet könnte sich bis zum Bürgerplatz dann ein Areal zum Flanieren erstrecken. Eine Bebauung des Bürgerplatzes selbst hält Scheuch dagegen für einen Fehler: "Einmal zu, immer zu, warum sollte man einen so schönen Platz zubauen?" Es sei auch keine reine Utopie, einen weit gefassteren Bebauungsplan anzustreben. Einige Grundstücksbesitzer hätten durchaus Verkaufsabsichten signalisiert. Und mit einem guten Konzept fänden sich sicher auch private Investoren. Der Bedarf an weiteren Läden in Eching sei durchaus vorhanden.

Bürgermeister Riemensberger hat vorerst bodenständigere Pläne. Er plant als nächsten Schritt die Rathaussanierung. Der graue Betonbau aus dem Jahr 1972 ist zwar sehr "original" und abgesehen von der Kirche auch das älteste Gebäude am Platz, wirklich ansprechend findet ihn aber kaum jemand.

Weil die Bausubstanz aber gar nicht so schlecht ist und die energetischen Defizite mit einer neuen Fassade in den Griff zu bekommen wären, plädiert der Bürgermeister gegen den Abriss und stattdessen für eine neue Fassade: "Das Rathaus wird auch in Zukunft auf den Bürgerplatz abstrahlen, da muss man sich Gedanken machen, welche Botschaft das sein soll. Das muss kein Betonklotz bleiben." Die Ausschreibung für die Sanierung läuft, sind die Arbeiten vergeben, kommt der Entwurf. Dann wird der Gemeinderat die Diskussion um die vom Rathaus ausgehenden Signale für den Bürgerplatz starten.

An diesem leicht melancholischen Augustnachmittag sitzt schließlich doch noch jemand auf dem Bürgerplatz, eine ältere Dame ist mit ihrem Enkel gekommen. Sie findet den Platz gut, vor allem beim Spielflugzeugfliegen wie jetzt: "Gestern waren wir im Freizeitgelände, da hing der Flieger immer in den Bäumen, aber hier fliegt er super."

© SZ vom 23.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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