Bodendenkmäler am Ortsrand von Zolling:Die Spuren der Vergangenheit lesen

Lesezeit: 2 min

Bevor die Gemeinde Zolling ihr neues Gewerbegebiet erschließen kann, graben dort die Archäologen. Sie haben bisher Scherben, Pfostenlöcher und Gruben gefunden, die beweisen, dass das Ampertal schon seit Jahrtausenden besiedelt ist

Von Katharina Aurich, Zolling

Die Gemeinde Zolling will am Ortsausgang Richtung Haag ein Gewerbegebiet entwickeln - dort werden aber nicht zum ersten Mal in der Geschichte der Ortschaft Gebäude errichtet werden. Bereits vor mehreren tausend Jahren siedelten an dieser Stelle Menschen - sie bauten Häuser, legten Gruben an und töpferten Gefäße. Deshalb wird das Gelände gerade archäologisch untersucht und die Zeugnisse aus der Vergangenheit kartografiert, fotografiert und die Keramikteile später im Depot des Archäologischen Vereins Freising ausgestellt. Etwa 200 Befunde gibt es schon.

"Wer Bodendenkmäler durch Bautätigkeit zerstört, ist laut Denkmalschutzgesetz verpflichtet, die Funde zu dokumentieren und aufzubewahren", sagt Landkreisarchäologin Delia Hurka. Ihr wäre es lieber, wenn das Bodendenkmal unversehrt bleiben könnte, denn vielleicht habe man in Zukunft noch genauere Methoden, das Leben unserer Vorfahren zu entschlüsseln. Aber natürlich sei auch der Bauwunsch der Gemeinde berechtigt, so Hurka.

Es sei schon lange bekannt, dass im Ampertal Bodendenkmäler vorhanden sind, denn für unsere Vorfahren war die Gegend offensichtlich günstig, um sich niederzulassen, erklärt Hurka. "Wir vermuten hier eine Fülle an Bodendenkmälern aus der Bronzezeit." Deshalb habe die Gemeinde, bevor sie das Gewerbegebiet bautechnisch erschließe, einen Antrag auf Graberlaubnis gestellt und eine Fachfirma beauftragt, das Gelände und den Untergrund zu sichten. Zum Glück habe sich die Gemeinde rechtzeitig gerührt, bevor die Bauarbeiten für das Gewerbegebiet beginnen, lobt die Landkreisarchäologin.

Bevor die Bagger vollendete Tatsache schaffen, suchen die Archäologen in Zolling nach Bodendenkmälern. (Foto: Marco Einfeldt)

Bereits vor zwei Jahren, als die Gemeinde das Baugebiet "Schlossfeld II" im Ortsteil Flitzing entwickeln wollte, wurden zuvor umfangreiche archäologische Grabungen vorgenommen. Man fand zahlreiche Zeugnisse, zum Beispiel Reste von Vorrats- und Abfallgruben von Menschen, die dort in der Jungsteinzeit um 4700 vor Christus lebten. Sie waren die ersten Ackerbauern, die in dem kleinen Seitental des Ampertals siedelten und bereits große Häuser aus Weidengeflecht und Lehm errichteten.

Für das neue Gewerbegebiet wurde im November mit der archäologischen Geländekartierung begonnen, jetzt geht es nach der Winterpause weiter. Über 200 sogenannte Befunde haben die Fachleute bereits entdeckt. Dazu zählen Pfostenlöcher, Gruben und Spuren, aus denen sich die Hausgrundrisse ableiten ließen. Und natürlich auch Keramikscherben. Grabungsleiter Thomas Beckh weist auf eine dunkle, bandartige Verfärbung des Bodens hin, dort sei vermutlich Wasser vom Dach herunter getropft. Daher bezeichne man diese Flächen auch als Traufgräben, erläutert der Fachmann.

Die Winterpause ist vorbei: Grabungsleiter Thomas Beckh Zolling untersucht das Gelände des neuen Zollinger Gewerbegebiets. (Foto: Marco Einfeldt)

Wenn man auf der Fläche am Zollinger Ortsausgang ein Loch grabe, dann treffe man in 80 Prozent der Fälle auf Spuren aus der Bronzezeit um 1800 vor Christus. Am westlichen Ende des Grabungsgebietes stießen die Fachleute auf etwas jüngere Keramikscherben aus der Hallstatt-Epoche (um 800 v. Chr.). Offensichtlich kamen die Menschen immer wieder an diesen Ort und siedelten sich an. Damals sei das Gelände hügelig und der Boden fruchtbar gewesen, die Amper war in der Nähe. Schon aus Sicht unserer Vorfahren seien das günstige Bedingungen gewesen, schildert Beckh. Die Archäologie gebe uns Hinweis, wie die Menschen lebten, bevor es schriftliche Aufzeichnungen darüber gab. Das sei für unsere Identität wichtig, findet er. Delia Burka begeistert sich ebenfalls für die Funde, "es ist immer wieder bewegend, wenn ich ein Stück Keramik in den Händen halte und mir bewusst mache, dass es ein Mensch vor 4000 Jahren hergestellt hat. Was hat er gedacht, wie sah er aus?", sagt Hurka. Diese Fragen werden wohl nie vollständig beantwortet werden, aber man könne seine Fantasie schweifen lassen.

Vielleicht ist es besonders jetzt in der Coronakrise tröstlich zu wissen, dass hier schon so lange Menschen leben und allen Krisen getrotzt haben. Die Fläche am Ortsausgang von Zolling verbindet Geschichte und Zukunft, wenn dort ein neues Gewerbegebiet entsteht.

© SZ vom 02.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: