Biermösl Blosn in Allershausen:Die Lieblingsfeinde können aufatmen

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In Allershausen schießt die Biermösl Blosn noch einmal kräftig gegen Söder und Warsteiner.

Petra Schnirch

Die Allershausener haben zweifellos Gefühl für das richtige Timing. Mehr als ein Jahrzehnt lag der erste Auftritt der Biermösl Blosn in der Gemeinde bereits zurück, nun fand am Freitag in der Mehrzweckhalle eines der letzten gemeinsamen Konzerte der drei Well-Brüder statt. Entsprechend groß war der Ansturm auf die Karten. Als klar war, dass sich die Biermösl Blosn Anfang 2012 trennen wird, seien Anfragen aus ganz Bayern und sogar aus Österreich gekommen, sagt Claudia Löw. Allerdings vergeblich, denn die Veranstalter verschickten keine Karten. So kamen die 800 Besucher überwiegend aus der Umgebung. Der Erlös des Abends geht an bedürftige Familien in Allershausen.

Dass die Mehrzweckhalle mit ihren Netzen, Ringen und Kletterwänden für Turner oder Hallenfußballer wunderbare Bedingungen bietet, weniger aber für Musik und Kabarett, spielte an diesem Abend keine Rolle. Lieber schlechte Sicht von hinten rechts oder links als gar nicht dabei. Denn ein letztes Mal fiel die Biermösl Blosn im Landkreis mit bekannter Bissigkeit über Politiker, Startbahnbauer und engstirnige Brauchtumshüter her. Und immer wieder bauten sie in bewährter Manier Bezüge zu Allershausen ein - dem Dorf, das vor allem durch Staus weltbekannt ist, wo man den Kindern den Begriff "Ewigkeit" mit dem Warten auf eine Umgehung erklärt und in dem die Menschen unter Verkehrslärm nicht nur von Norden, Osten, Süden und Westen leiden, sondern auch aus der Luft. Geringfügige örtliche Desorientierung, wenn zum Beispiel von Paunzhofen statt von Paunzhausen die Rede war, verzieh das Publikum gern, ebenso die ständigen Spitzen, dass in der Heimat der Well-Brüder angeblich alles viel größer und schöner ist.

Hans, Michael und Stopherl Well erfüllten alle Erwartungen: Zwischen musikalischen Highlights mit Okarina oder Alphörnern, den "Gigalinern der Stubenmusik", und einem sicheren Wandeln zwischen verschiedenen Stilrichtungen bekam der neue Finanzminister Söder, "der Wirbellose", sein Fett weg, außerdem der leuchtende "Stern von Mykonos", Münchens OB Christian Ude, der nicht viel weniger verlangt, als der Startbahn drei bedingungslos zuzustimmen.

Viele Gags sind längst bekannt wie Querschüsse gegen die Beliebigkeit der Großbrauereien. Als Lieblingsfeind der Biermösl Blosn hat sich im Laufe der Jahre, vielleicht weil die Politiker immer austauschbarer werden und weniger Angriffsfläche bieten, die "Warsteiner Brewery" herauskristallisiert. Die kleinen und großen Unverschämtheiten zogen sich wie ein roter Faden durch das Programm, Lacher im Augustiner-Land waren garantiert. Diese Lektion mussten in den vergangenen Jahre mehrere Großkonzerne schmerzhaft lernen: Mit anarchisch-hintersinnigen Humoristen vom Schlage der Gebrüder Well sollte man sich besser nicht anlegen. Denn von Drohschreiben, seien sie noch so höflich formuliert, lassen sie sich nicht beeindrucken. Im Gegenteil: Es kann nur noch schlimmer kommen - bis zur irrwitzigen These eines Warsteiner-Boardings in Guantanamo. Gescheitert war auch der Versuch des humorfreien Müller-Konzerns, Spitzen gegen die Molkerei Weihenstephan aus dem Programm zu bannen. Die "Alpenmilch aus Sachsen" ersetzte die Biermösl Blosn halt durch Alpenmilchlieferungen aus Tschechien. Drohungen, gegen solche Frechheiten vorzugehen, sorgten eher für einen festen Platz im Programm. Genau für solche Respektlosigkeiten, verpackt mit viel Humor, liebt das Publikum die Biermösl Blosn. Für vorsichtige Kritik, dass viele Gags altbekannt sind, ist bei der Abschiedstour ohnehin kein Platz. Gerade jetzt hört man sie gerne noch einmal. Feiern lassen wollten sich die Well-Brüder nicht. Laute Musik vom Band und das grelle Hallenlicht nach der zweiten Zugabe vertrieben schnell jede Nostalgie.

© SZ vom 21.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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