Bericht aus dem Gericht:"Es hat Klick gemacht"

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Ein 24-Jähriger wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er die Firmentankkarte unerlaubt genutzt hatte. Nach mehreren kleineren Delikten will er Gerichtsgebäude künftig nur noch von außen sehen

Von Thilo Schröder, Freising

Einen Servicetechniker, der unerlaubterweise auf Firmenkosten getankt hatte, hat das Freisinger Amtsgericht zu acht Monaten Haft verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Hinzu kommt eine Geldstrafe von 1000 Euro, die der 24-Jährige in Monatsraten von 100 Euro begleicht. Zudem muss er die Verfahrenskosten von knapp 600 Euro tragen. Weder Staatsanwalt noch Verteidiger wollen in Revision gehen.

Laut Anklage hatte der Servicetechniker im Zeitraum von September 2016 bis Mai 2017 mehrmals seine Firmentankkarte dazu benutzt, Freunden die Tankrechnung zu bezahlen, im Juni 2017 war er entlassen worden. In insgesamt zwölf Fällen räumte der Angeklagte die Taten ein; in der Anklageschrift war von 26 Fällen die Rede, der Rest wurde eingestellt. "Es war scheiße von mir, es tut mir leid, ich weiß das", sagte der 24-Jährige. Er sei damals zunächst überglücklich gewesen, habe die "Liebe meines Lebens" getroffen, die ihn dann betrogen habe. Er habe regelmäßig wenig Geld zur Verfügung gehabt, habe kurz vor dem Rauswurf aus seiner Wohnung gestanden. "Ich war auf mich alleine gestellt, suchte Ablenkung, wollte den Kopf frei machen", erklärte der Angeklagte sein Handeln. Neben dem spendablen Umgang mit der Firmentankkarte habe er aber "kein Geld angenommen".

Sein Leben gehe wieder aufwärts. Seine derzeitige Freundin erwarte ein Kind, er habe einen festen Arbeitsplatz, verdiene dabei etwa 1500 Euro netto und habe seine Lehre als Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik fast fertig. Und er habe keinen Kontakt mehr zu den "falschen Freunden". "Ich zahle meine Strafen", beteuerte der 24-Jährige. Obgleich es seine erste Berufsausbildung sei, habe der Angeklagte nie Hartz IV bezogen, sagte dessen Anwalt.

Keine leichte Kindheit habe er gehabt, schilderte der Mann. Seine Mutter habe ihn mit zwei Jahren "abgeschoben", "auf die Straße gesetzt". Dann sei er bei seinen Großeltern, später bei einer Tante und schließlich in einem Heim aufgewachsen. Als Kind habe er mal die Bankkarte seiner Oma missbraucht und einen vierstelligen Betrag erschlichen. Es ist nicht sein erstes Mal vor Gericht, in seiner Jugend beging er mehrere kleinere Delikte. Der Angeklagte gelobte während der Verhandlung mehrmals Besserung. "Ich will nicht so ein Vater sein, wie meiner einer war."

Der Vorsitzende Richter bewertete die Aussagen des Angeklagten in der Folge als vollumfängliches Geständnis. Der Staatsanwalt wertete die zwölf Fälle und die jeweils "vergleichbar geringen Beträge" zugunsten des Angeklagten, seine Vorstrafen seien ihm aber anzulasten. Er forderte daher eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten und eine Bewährungszeit von drei Jahren.

Der Verteidiger verwies in seinem Plädoyer darauf, dass der Angeklagte den Tankkartenmissbrauch nicht als Einnahmequelle genutzt habe. Zudem seien die zwölf Fälle lediglich in einem Zeitraum von zwei Monaten aufgetreten, dadurch sei keine Erwerbsmäßigkeit begründbar. Er wies die Forderung nach einer Freiheitsstrafe zurück, da die Vorstrafen größtenteils im Jugendalter lägen, jene im Erwachsenenalter seien als Bagatelldelikte zu bewerten.

Der ehemalige Chef des Angeklagten, der Strafanzeige erstattet hatte, habe "keine eindeutigen Aussagen gemacht", so der Verteidiger weiter. Falls eine Freiheitsstrafe auf Bewährung ausgesprochen werde, solle diese acht Monate nicht überschreiten; der Richter folgte diesem Vorschlag. "Das war meine letzte Gerichtsverhandlung, es hat Klick gemacht", versprach der Angeklagte zum Abschluss der Verhandlung. Eine wartende Zeugin musste nicht mehr aussagen.

© SZ vom 03.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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