Archäologie:"Sehr gut lesbar"

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Ein zweiter Band des Bernstorf-Buches gibt detaillierte Einblicke in die aktuellen Erkenntnisse zu den Funden bei Kranzberg

Von Clara Lipkowski, Kranzberg

Die Fälschungsvorwürfe um die Goldfunde von Bernstorf lassen Rüdiger Krause noch immer keine Ruhe, obwohl längst mehrere Fachleute deren Echtheit bezeugt haben. Er bedauere, dass diejenigen, die an der Echtheit zweifelten, nicht persönlich mit ihm sprächen. Oder, dass der Chemiker und Kritiker Ernst Pernicka die Funde noch nie selbst gesehen habe, sagte der Frankfurter Prähistoriker am Donnerstag auf dem Pantaleonsberg.

Eigentlich aber ging es an dem Abend nicht um das umstrittene Gold, sondern um die aktuellen Erkenntnisse über das gesamte Areal des Bernstorfer Bergs - genauer den zweiten Band eines Buches namens "Bernstorf". Krause forscht seit Längerem mit Studenten auf dem Areal, das als die größte bekannte bronzezeitliche Befestigung nördlich der Alpen gilt. Seit den Neunzigerjahren haben Forscher dort zig Keramiken gefunden und einen mittelalterlichen Wall aus Holz und Erde identifiziert. Rätselhaft ist, ob dort wirklich Menschen siedelten. Zwei Studentinnen haben ihre Magisterarbeiten über die Forschungen geschrieben und nun als verschiedene Kapitel des Buchs veröffentlicht. Der Band gebe detailliert Einblick in die aktuellen Erkenntnisse, sagte Krause vor rund 55 Interessierten: "Aber nicht in Fachchinesisch, das Buch ist sehr gut lesbar."

Bernstorf, das seien nicht nur Goldbleche und Bernsteinfunde, "wir wollen soweit es geht, den Berg und das Umfeld erschließen", sagte der Professor. Leider habe der Kiesabbau seit den 1950er Jahren große Teile der Befestigung zerstört. "Andererseits sind die Untersuchungen dadurch erst in Gang gekommen." Das Areal teilten die Forscher in drei Fundorte: das bronzezeitliche Areal, das aus der Hallstattzeit und jenes aus dem Frühmittelalter.

Krause stellte die Ergebnisse von Helena Mooser vor, die in ihrer Magisterarbeit über die Funde aus der Hallstattzeit, also ab etwa 800 vor Christus, geschrieben hatte, aber an dem Abend verhindert war. Ein hallstattzeitliches Gefäß sei gefunden worden, berichtete Krause, auch Scherben, deren Muster mit konzentrischen Kreisen Auskunft über ihr Alter gäben. 2012 allerdings erlebte die Forschung einen Rückschlag. "Wir haben auf der Kuppe eindeutige Pflugspuren gefunden", sagte Krause, "der kiesige Boden war abgetragen und sehr labil". Ernüchterndes Fazit: "Auf der Kuppe können wir nicht mit weiteren Erkenntnissen rechnen." Konkrete Siedlungsspuren habe man "nur ganz wenig" feststellen können, daher komme man in der historischen Interpretation nicht weiter.

Franziska Crössmann hat zu der etwa 1,1 Hektar großen mittelalterlichen Anlage auf dem Hügel geforscht. Im Fokus stand ein Wall, der 2002 erstmals dokumentiert wurde und bis zu drei Meter hoch ist. Erst zehn Jahre später sei der Wall untersucht und erstmals datiert worden, sagte Crössmann. Eine Schicht der Mauer konnten die Forscher auf 727 bis 887 nach Christus datieren. Warum sie errichtet wurde, bleibt jedoch rätselhaft, klar ist aber, dass sie aufgeschüttet wurde - ein Indiz dafür, dass sie verhältnismäßig kurzfristig als Schutzwall dienen sollte, mutmaßlich vor einfallenden ungarischen Kriegern auf Pferden, ausgestattet mit Pfeil und Bogen. Allerdings wurden keine Waffen - Pfeilspitzen etwa - gefunden. Das könne darauf hindeuten, dass die Anlage nicht oder kaum genutzt wurde. Sie könnte auch schon früher, im 8. oder 9. Jahrhundert, gebaut worden sein, sagte Crössmann, etwa als Schutz rivalisierender Adelsfamilien.

Ein großes Problem ist, dass in dem mittelalterlichen Areal nur sehr wenige Funde gemacht wurden. Eine einzige Scherbe lasse sich ins 10. bis 12. Jahrhundert datieren, sagte Crössmann. Zudem gebe es kaum Erwähnungen in schriftlichen Quellen. Zwar sei der Wall erstmals 1867 genannt worden, sehr viel früher allerdings, 1039, wurde das Gut Bernstorf erwähnt, für das der Wall Schutz habe bieten können, vermutete sie. Es gebe also noch viel Arbeit, sagte Krause. Er regte an, das Bronzezeit-Museum in Kranzberg auf den neuesten Stand zu bringen, und gab sich kämpferisch: "Die Geschichte ist nicht zu Ende. Wir machen weiter."

Der Streit über die Goldfunde geht ebenfalls weiter. Am Freitag, 23. März, referiert Christian-Heinrich Wunderlich vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt um 19.30 Uhr in der Klosterbibliothek des Freisinger Landratsamts. Er zweifelt an der Echtheit der Funde.

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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