20 Jahre nach der ersten Tat:Drei Jahre Haft für sexuellen Missbrauch

Lesezeit: 2 min

Von Alexander Kappen, Landshut

Ihr Mann sei ein "sehr religiöser Mensch, liest täglich in der Bibel und geht regelmäßig zu den Zeugen Jehovas - ich habe ihm so was nicht zugetraut", erzählte die Zeugin den Richtern, jetzt, da sie es besser wusste - da sie es längst besser wusste. Bereits vor 15 Jahren hat sie erfahren, dass ihr Mann, ein heute 67-jähriger Rentner aus dem Kreis Freising, zwischen 1994 und 1997 ihre damals sechs- bis neunjährige Tochter sexuell missbraucht hat. "Aber ich wollte ihn damals nicht damit konfrontieren, weil ich gedacht habe, dass es vorbei ist", erklärte die Frau jetzt in der Verhandlung am Landshuter Landgericht. Mit ihrem Schweigen seinerzeit versäumte sie es womöglich, Schlimmeres zu verhindern: Im Sommer 2002 oder 2003 verging sich der Angeklagte - er ist Vater von insgesamt acht Kindern - an einer weiteren, damals ebenfalls minderjährigen Tochter.

Das ältere der beiden Opfer, heute 26 Jahre alt, ging vergangenes Jahr schließlich zur Polizei und brachte das Verfahren ins Rollen. Zwei Jahrzehnte nach der ersten Tat bekommt der Rentner nun seine Strafe. Das Gericht verurteilte ihn wegen des vierfachen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu drei Jahren Gefängnis.

In der Verhandlung, in der die 26-Jährige und ihre 21-jährige Schwester unter Ausschluss der Öffentlichkeit aussagten, räumte der Rentner die Vorwürfe im Wesentlichen ein. Die ältere der beiden Töchter sei sein "Lieblingskind gewesen". Er habe eigentlich kein sexuelles Interesse an ihr gehabt, "das hat sich so ergeben". Eine pädophile Neigung habe er nicht, soll der Angeklagte bei der Polizei angegeben haben. Es sei nur eine Phase gewesen, in der er sich zu Jüngeren hingezogen gefühlt habe. Die Richter fragten sich, warum er dann Jahre später "bei der nächsten Tochter wieder angefangen" habe. Und warum die Mutter nicht vorher etwas unternommen habe und zum Beispiel mit den Kindern ausgezogen sei, wo sie doch bereits vom Missbrauch der älteren Tochter wusste, die sich ihr unter Tränen anvertraut hatte. Sie habe nicht geglaubt, dass sich so etwas wiederhole, versuchte die Mutter zu erklären. Außerdem sei sie finanziell von ihrem Mann abhängig und habe die Kinder nicht aus ihrem gewohnten Umfeld reißen wollen. Bis zum Tag der Verhandlung lebte sie immer noch mit ihrem Mann unter einem Dach. Ein paar Tage vor der Verhandlung habe er sie dazu drängen wollen, die Aussage zu verweigern, berichtete sie dem Gericht. Immerhin ließ sie sich davon nicht abbringen.

© SZ vom 26.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: