Freimann:Umhüllt von Asbest

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Graue Schönheit: der mit Eternitplatten verkleidete Wasserturm auf dem Gelände des ehemaligen Ausbesserungswerks der Bahn. (Foto: Florian Peljak)

Eternitplatten am Wasserturm stellen laut Stadt keine konkrete Gesundheitsgefahr dar

Von Jerzy Sobotta, Freimann

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, über Gesundheit nicht. Im Fall des Wasserturms an der Heidemannstraße in Freimann verhält es sich gerade umgekehrt. Denn der Turm auf dem ehemaligen Gelände des Ausbesserungswerks der Reichs- und Bundesbahn wurde 1919 erbaut und steht heute unter Denkmalschutz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er mit Asbestplatten verkleidet, von denen jetzt einige zerbrochen sind. Anfang des Jahres ist ein Streit darüber entbrannt, ob die Gesundheit der Schüler einer anliegenden Schule gefährdet ist.

Einen Antrag auf Sanierung und die Entsorgung der Eternitplatten hatte der Bezirksausschuss Schwabing-Freimann auf Initiative der FDP-Fraktion bereits Anfang des Jahres gestellt. Die Stadt aber sieht keinen Handlungsbedarf. Gesundheits- und Umweltreferentin Stephanie Jacobs sieht weder für die Schüler noch für die Allgemeinheit eine "konkrete Gefahr". Das geht aus einem jüngst veröffentlichten Schreiben hervor. Anders als bei Dämmmaterial würden Asbestfasern in Zementprodukten nicht so schnell freigesetzt. Am Wasserturm seien nur die zerbrochenen Platten schädlich und zwar lediglich am "Schadensort", also hinter dem Zaun.

Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung verwies Anfang Mai in einem Antwortschreiben auf die Pflicht des Grundstückseigentümers CA Immo. Dieser habe dafür zu sorgen, dass der Zaun, der den Turm umgibt, intakt bleibt und die bereits heruntergefallenen Platten entsorgt werden. Die Schäden an der Fassade seien nicht durch Baumängel entstanden, sondern von Jugendlichen verursacht worden, die illegal das Gelände betreten und Steine geworfen hätten.

Die CA Immo habe schon im März einen Gutachter beauftragt, sagte ihr Sprecher Markus Diekow. Dieser habe den Zustand des Turms für gesundheitlich unbedenklich befunden. Außerdem seien laut Diekow die heruntergefallenen Platten bereits entsorgt und der Zaun repariert worden. Entsprechende Nachweise habe man der Stadt zugeschickt. "Wir haben dort immer wieder Gäste, das lässt sich nicht vermeiden", sagte er im Hinblick auf Eindringlinge. Eine Überwachungskamera, die mittlerweile im Turm hängt, habe aber gezeigt, dass es sich nicht um Schüler der angrenzenden Schule handle.

Für eine weitere Überprüfung des Asbestmantels sieht die Stadt weder Anlass noch eine Rechtsgrundlage. Und auch die CA Immo plant vorläufig keine Veränderungen am Wasserturm. Zumindest solange das Gebäude nicht für Wohnungen, Ateliers oder Gastronomie umgebaut wird. Einen ersten Vorstoß dazu habe die Stadt 2013 aus Gründen des Lärmschutzes verhindert, erklärte Diekow. Und mit einem weiteren sei frühestens dann zu rechnen, wenn der geplante Campus für Innovation südlich vom Wasserturm fertiggestellt ist.

Auch die Stadt will an dem "Dornröschendasein" des Turms nichts ändern. Sowohl Flächennutzungsplan als auch Bebauungsplan weisen das Gelände als eine "ökologische Vorrangfläche" aus. Einige Jahre wird die graue Schönheit also noch in ihrem Eternitmantel schlummern müssen. Ob mit Asbest oder ohne - ein Wahrzeichen des Viertels ist der Wasserturm heute schon.

© SZ vom 05.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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