Freimann:"Mehr trauen wir uns nicht"

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Die Pläne der Investoren im Osten des Bayernkaserne-Areals stoßen im Bezirksausschuss auf Kritik. Die Monotonie der Bauten fällt negativ auf - und gefordert werden mehr belebende Nutzungen im Erdgeschoss an der Ringstraße

Von Thomas Kronewiter, Freimann

Handel und Gastronomie am Rande des östlichen Stadtplatzes sind in der Erdgeschosszone im zweiten von vier Gebäuden (von Norden betrachtet) vorgesehen. Simulationen: Max Dudler (Foto: N/A)

Künstlerateliers, Co-Working-Büros, Arztpraxen, Fitness-Studios - wie urban ein städtisches Quartier gerät, macht sich jenseits von Wohnungen und Büros auch an derartigen Angeboten fest. Dass dies aber bei der Vermarktung selbst Immobilien-Profis an ihre Grenzen bringt, zeigt sich jetzt am Beispiel der Bayernkaserne, wo über den Anteil der sogenannten Nichtwohnungsnutzung eine intensive Debatte entbrannt ist. So wehren sich die Lokalpolitiker aus Schwabing und Freimann energisch dagegen, in den Erdgeschosszonen der östlichsten Gebäudekomplexe an der sogenannten Ringstraße Wohnungen zuzulassen. Am östlichen Abschluss der früheren Kaserne plant die Sedlmayr Grund und Immobilien AG auf einer Grundstücksfläche von 93 000 Quadratmetern ein Quartier mit rund 1100 Mietwohnungen, Büros und Ladenflächen.

"Eine solche Ausnahme widerspräche den Grundzügen der Planung, in der eben die Ringstraße als belebter und urbaner Bereich vorgesehen ist", formulierte Petra Piloty (SPD), die die Planung im Übrigen "gut und sehr städtisch" nannte. Eine Wohnnutzung im Erdgeschoss konterkariere dieses Ziel in hohem Maße. "Unabhängig davon, dass man die Wohnqualität im Erdgeschoss an einer befahrenen Straße anzweifeln darf (teilweise sind dort Schlafzimmer vorgesehen), ist es für Fußgänger äußerst unattraktiv, an toten und abgeschotteten Erdgeschoss-Zonen entlangzulaufen." Schließlich: Befänden sich einmal Wohnungen in den fraglichen Erdgeschossen, sei dies eine Festlegung auf alle Zeiten: "Selbst wenn später einmal ein Nagelstudio einziehen wollte, wäre dies wegen der Zweckentfremdungsverordnung nicht mehr möglich", betonte die Politikerin.

Sedlmayr-Geschäftsführer Christoph Brandenburg verwies demgegenüber auf eigenen Immobilienbestand in der Münchner Innenstadt, wo es selbst an "guten, belebten Lagen in den Seitenstraßen keinen Bedarf" an Gewerbe- oder Gastronomienutzung gebe. "Da gibt es niemand, der diese Flächen haben will." Und das liege nicht etwa an zu hohen Mieten. Man habe deshalb Experten von außen bei der Bayernkaserne zurate gezogen, die seien ebenfalls zu "keinem schönen Ergebnis" gekommen: Danach gebe es am Ostrand des Quartiers keinen entsprechenden Bedarf - gerade weil sich alles auf den zentralen Stadtplatz in der Mitte des Quartiers konzentriere. Selbst den kleineren Stadtplatz im Osten zu beleben, den Sedlmayr gestalte, sei schon eine "ungeheure Herausforderung". Das Thema sei deshalb entlang der Ringstraße ausgereizt, "mehr trauen wir uns nicht".

An dem Ziel, auf dem Gelände der früheren Bayernkaserne sowie im östlich angrenzenden Bereich ein attraktives, lebendiges und urbanes Stadtquartier entstehen zu lassen, hält das Referat für Stadtplanung und Bauordnung weiterhin fest, das werde laut Sprecher Ingo Trömer durch die Planungen der Sedlmayr AG auch nicht infrage gestellt. Denn die Vorschläge für die Erdgeschoss-Zonen entsprächen den Vorgaben des Bebauungsplans, es handle sich nicht um eine Befreiung davon.

Der Bebauungsplan sehe auch vor, "ausnahmsweise" an der Ringstraße Wohnnutzungen zuzulassen, "wenn an anderer Stelle des Vorhabens ein vorgegebener Teil der Geschossfläche bereits für die genannten Nichtwohnnutzungen vorgesehen wird". Die Pläne der Sedlmayr AG hielten diese Vorgaben laut Trömer ein, "da am östlichen Quartiersplatz bereits der vorgegebene Teil Nichtwohnnutzungen berücksichtigt ist".

Sind die Fassaden - hier des südlichsten Komplexes am Stadtpark - hochwertig oder nur monoton? Darüber wird diskutiert. Simulation: Max Dudler (Foto: N/A)

Die Sedlmayr-Gruppe plant derzeit vier Gebäudekomplexe am Ostrand des Planungsgebiets unter dem Projektnamen "Heidepark". Um die Architektur aller vier Baufelder kümmert sich das Architekturbüro Max Dudler, das gemeinsam mit dem Büro Hilmer Sattler bereits den städtebaulichen Wettbewerb für das Gelände der ehemaligen Bayernkaserne gewonnen hat. Die gärtnerische Gestaltung übernimmt das Büro MK Landschaft.

Im nördlichsten Baufeld sind 300 geförderte Wohnungen und zwei Kindertagesstätten für 300 Kinder neben einer eingeschossigen Tiefgarage untergebracht. Das Gebäude erhält eine Putzfassade. Die beiden südlich anschließenden Komplexe rahmen den östlichen Quartiersplatz ein und werden unterirdisch durch eine gemeinsame Tiefgarage verbunden. Das nördliche von beiden wird 303 Mietwohnungen, davon 166 geförderte aufnehmen, im Erdgeschoss sollen Handel und Gastronomie berücksichtigt werden.

Zwischen den beiden geplanten Hochhäusern, 34 beziehungsweise 60 Meter hoch, entstehen 84 möblierte, auf Zeit buchbare Apartments. Die Außenfassade entsteht aus Naturstein. Direkt im Anschluss werden 272 frei finanzierte Mietwohnungen untergebracht, auch dieses Gebäude krönt ein 46 Meter hohes Hochhaus. Das Erdgeschoss ist dem Handel vorbehalten, im ersten Obergeschoss sollen Büros unterkommen. Für die Fassade sind geschlämmte Ziegelsteine vorgesehen.

Den südlichen Abschluss bildet ein Quader mit 255 frei finanzierten Mietwohnungen sowie einer eingeschossigen Tiefgarage. An der Fassade entstehen umlaufende Loggien, von denen man gute Ausblicke in den südlich folgenden Stadtpark hat und zugleich ein Stück weit die Natur in die eigene Wohnung lassen kann.

Ungeachtet der unterschiedlichen Materialien gab es Kritik an dem, was Dagmar Föst-Reich (FDP) "die Monotonie der Gebäude" nannte. "Pi mal Daumen schauen die alle gleich aus." Sie regte an, dem Auge etwas zum Festhalten zu geben. Ein Vorwurf, den der Bauherren-Vertreter Christoph Brandenburg zurückwies: "Wir leisten uns aufwendige, hochwertige Fassaden, und das finden wir gut." Man sehe sich durch die im Ideenwettbewerb siegreichen Planer darin auch unterstützt: "Sonst hätten wir ein anderes Architekturbüro beauftragen müssen." Gesamtprojektleiterin Isabell Klunker betonte zudem die Langlebigkeit der Materialien, die auch nicht so pflegeintensiv seien. Schließlich, betonte Sedlmayr-Chef Christoph Brandenburg, sei sein Unternehmen daran interessiert, den Wohnungsbestand zu behalten, und das in gutem Zustand.

© SZ vom 03.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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