Theater:Gehaltvoll

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Das Metropoltheater spielt Georges Perec

Von Jutta Czeguhn, Freimann

Zu den guten Vorsätzen, die man sich für 2016 ganz unbedingt zulegen sollte, gehört jener: Alle Bücher von Georges Perec lesen! Denn dann wird dieses sinnlose Leben mit einem Mal zu einem heiteren, poetischen Spiel. Perec war ein Liebender der Sprache. Furchtlos und souverän hat er mit ihr experimentiert, ohne sie je zu verhunzen. Für ihn war die Literatur mit ihren Buchstaben, Satzzeichen, Regeln, Paradoxien ein Organismus voller immer neuer Kombinationsmöglichkeiten. Wer außer ihm ist je auf die Idee gekommen, einen ganzen Roman ohne den Buchstaben "E" zu schreiben? Die Sprache half dem Sohn polnischstämmiger französischer Juden zu überleben, als der Vater 1940 im Zweiten Weltkrieg fiel und die Mutter im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verschwand. Auch Georges Perec selbst starb früh, mit nicht einmal 46 Jahren 1982 an Lungenkrebs.

Zum Einstieg in Perecs Werk kann man mit dem Buch "Träume von Räumen" beginnen und seinem Ratschlag folgen: "Durchqueren Sie Paris, aber nur durch Straßen, in deren Name ein C vorkommt!" (Zur Not auch mit einem "Streetview"-Programm.) Oder man begibt sich ins Metropoltheater nach Freimann, wo sie am Dienstag, 5. Januar, 20 Uhr, Perecs Büchlein "Über die Kunst seinen Chef anzusprechen und ihn um eine Gehaltserhöhung zu bitten" auf die Bühne bringen; in einer Wiederaufnahme der Inszenierung von Jochen Schölch.

Ulrike Arnold wird als Referentin an einem wirren Organigramm aufzeigen, in welchem Spinnennetz an Eventualitäten die menschliche Existenz im Angestelltenverhältnis zappelt. Zitat Georges Perec: "Nehmen wir an ihr Abteilungsleiter der zugleich ihr Dienstvorgesetzter ist habe eine Gräte verschluckt begehen sie in diesem Fall nicht den gleichsam verhängnisvollen Fehler um 14 Uhr 30 im Büro ihres Abteilungsleiters vorstellig zu werden sondern warten sie den nächsten Tag ab was übrigens nicht sonderlich praktisch ist da der nächste Tag nach dem Freitag ein Samstag ist und sie am Samstag nicht arbeiten aber das ist ein heikles Problem . . ." Wer jetzt gleich zum Satzzeichen-Salzstreuer greifen möchte, ist dem Sprachspieler Perec auf den Leim gegangen, denn der hielt die Interpunktion fallweise für störend.

Gespielt wird im Metropoltheater, Floriansmühlstraße 5, auch am 6. Januar, 20 Uhr, und am 19. März, 20 Uhr, sowie am 20. März um 19 Uhr. Freie Platzwahl im Café Metropol, Kartenbestellung und Infos unter Telefon 32 19 55 33.

© SZ vom 24.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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