Freimann:Brückenschlag in die Zukunft

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Die Lokalpolitiker fordern, den Linienweg der Tram 23 vom Endpunkt "Schwabing Nord" nicht nur bis Kieferngarten zu verlängern, sondern gleich nach Fröttmaning und zum Fußballstadion. Den Verkehrsbetrieben ist das zu teuer

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Stadtplaner richteten lange Zeit nur ihren Blick nach Freimann, wenn es darum ging, dort etwas hinzuschieben oder abzuladen, was die übrige Stadtgesellschaft nicht wollte: Kläranlage, Müllberg, riesige Gewerbegebiete. Heute ist das anders, Freimann ist Boomtown, ein Wachstumssektor, auf den sorgsam geschaut wird - und in den jede Menge Geld investiert wird. Was sich nicht geändert hat, ist der Elan des Bezirksausschusses (BA), bei den geplanten Infrastrukturprojekten mitzureden - und sich mitunter quer zur städtischen Planung zu stellen. Jüngstes Beispiel ist der Trassenverlauf für die anvisierte Verlängerung der Tram 23 bis zum U-Bahnhof Kieferngarten. Der BA fordert jetzt: "Für die Zukunft bauen: Tram 23 bis Fröttmaning realisieren". So lautet der Titel eines überfraktionellen Antrags, den das Gremium beschlossen hat.

Diese Tramverbindung rangiert im städtischen Nahverkehrsplan weit oben auf der Prioritätenliste. Denn sie soll das 48 Hektar große neue Wohngebiet auf dem Areal der ehemaligen Bayernkaserne dereinst an den öffentlichen Nahverkehr anbinden. Die Münchner Verkehrsbetriebe (MVG) sind schon ziemlich weit eingestiegen in die Planungen. Der größte Brocken ist dabei ein neues Brückenbauwerk über den Bahn-Nordring, nördlich des Frankfurter Rings, quasi gleich der Auftakt von der nicht weit entfernten bisherigen Endhaltestelle "Schwabing Nord". Die Brücke, ausgestattet mit einem Geh- und Radweg, mündet am Helene-Wessel-Bogen in den Euro-Industriepark. Von dort aus geht's weiter durch das Bayernkasernen-Gebiet über die Heidemannstraße zum Bahnhof Kieferngarten, wo die Park-and-Ride-Anlage platt gemacht werden und einer Tram-Wendeschleife weichen soll, die zugleich zum "neuer Verknüpfungspunkt Tram, Bus, U-Bahn" ausgebaut werden soll, wie es in einem MVG-Dossier heißt.

Eine neue Brücke über den Bahn-Nordring nördlich des Frankfurter Rings ist Teil der Trassenverlängerung. Simulation: Stadtwerke/Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) (Foto: N/A)

Doch die Schwabinger und Freimanner Politiker glauben, es sei sinnvoller, die Tramstrecke gleich bis zum U-Bahnhof Fröttmaning, also zum Standort der Allianz-Arena, weiterzuführen. "Es rechnet sich nicht nur für Fußballfreunde", sagte Ekkehard Pascoe (Grüne). In ihrem Antrag haben die Lokalpolitiker eine ganze Reihe von Vorteilen aufgelistet, welche eine Tram-Verlängerung ihrer Ansicht nach brächte. So ist die Rede von einer "differenzierten Feinerschließung" zwischen dem Stadtrand und dem Bereich innerhalb des Mittleren Rings, womit eine Entlastung der Linie U 6 einher gehe. Ferner prognostizieren die BA-Politiker, dass dieser Tram-Nordast die Park-and-Ride-Auslastung an der Fußball-Arena erhöhen werde, zudem attraktiv sei für Berufspendler ebenso wie für Freizeitnutzer, ferner eine "Zubringerfunktion" erfüllen werde für die Schulen an der Burmesterstraße. Überdies weisen die Stadtviertelvertreter auf das "Wachstum auch im Bereich Fröttmaning" hin. "Wir werfen jetzt mal diesen Stein ins Wasser und schauen, was daraus wird", merkte Pascoe zu dem Antrag an.

Ob die Initiative Wellen schlägt, könnte sich in den kommenden Wochen zeigen, wenn der Stadtrat in der Vollversammlung über den Nahverkehrsplan und anstehende Tram-Projekte berät. Die Stadtverwaltung wird die Idee wohl ziemlich sicher abperlen lassen. Schon bei anderer Gelegenheit konstatierte das Planungsreferat, die Endhaltestelle Kieferngarten sei der "verkehrlich sinnvolle Endpunkt der Tram 23". Das gilt wohl auch für die Finanzierung, wie ein MVG-Sprecher durchblicken lässt. Nach seinen Worten müsste eine Trasse nach Fröttmaning auf die Ostseite des U-Bahnhofes Kieferngarten gelegt werden, was gemäß den Voruntersuchungen aber "wirtschaftlich nicht darstellbar" sei. Heißt konkret: Die Kosten-Nutzen-Analyse fiel unter jenen Wert, der nötig wäre, um staatliche Fördergelder zu beantragen.

Die bestehende Tram-Strecke kreuzt den Mittleren Ring auf einer Brücke östlich des Petueltunnels. (Foto: Stephan Rumpf)

Spannend wird es, ob die Stadträte den Daumen über der Tram 24 heben oder senken. Die könnte die U-Bahnhöfe Kieferngarten und Am Hart verbinden. Für diese dringend nötig Spange wäre eigentlich eine neue U-Bahn-Verbindung (U 26) wünschenswert, die aber wegen der immensen Kosten in weiter Ferne liegt. Beschlusslage ist derzeit: Die Verwaltung soll eine Schnellbus-Verbindung - mit eigenen Busspuren - konzipieren, quasi als Überbrückung, bis der U-Bahnbau ansteht; parallel dazu soll die Planungsbehörde aber auch "die Planungen der Tram auf der Bustrasse wieder aufnehmen".

© SZ vom 12.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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