Freimann:Barrieren gegen das Blech

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Die Bewohner der Siedlungen rund um die Fröttmaninger Arena fordern strikte Zufahrtssperren für Fußballfans. Der FC Bayern hat angeboten, das zu übernehmen, doch zum Ärger der Lokalpolitiker lehnt die Stadt das ab

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Einige klatschen kurz, andere klopfen auf den Tisch. Denn die Frau aus der Siedlung Haidpark findet die richtigen Worte für den Frust, der sich in der Bevölkerung rund um die Allianz-Arena in all den Jahren angestaut hat. "Ich verstehe nicht, warum die Stadt so hasenfüßig ist", sagt sie. Was, so fragt sie in die Runde, was spreche dagegen, es einfach auszuprobieren?

Der grimmige Impetus ist ansteckend am Dienstag in der Sitzung des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann - und das nicht zum ersten Mal. Es geht um das Parkchaos in den Freimanner Siedlungen beim Fröttmaninger Stadion, ausgelöst von Fußballfans, die wie eine ewig wiederkehrende Plage die Wohngebiete heimsuchen. Von Beginn an, seit der FC Bayern die ersten Pläne für das Stadion vorlegte, macht sich bei diesem Thema gallige Stimmung breit unter den Lokalpolitikern. Denn sie fordern im Schulterschluss mit den Anwohnern, die Auto-Armada der Fans mit strikten Zufahrtssperren aus den Wohngebieten herauszuhalten - und sie fordern es mit fast schon traditionellem Nachdruck auch an diesem Abend. "Wir bestehen auf der Umsetzung des Anwohnerschutzkonzepts", sagt der Gremiumsvorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD).

Rotes Warnsignal: Wenn die Allianz-Arena an einem Spieltag hell erleuchtet wird, wissen die Fröttmaninger, dass in Kürze in ihren Straßen wieder der Ausnahmezustand herrscht. (Foto: Johannes Simon)

So lautet der Kern des Beschlusses, mit dem sich das Gremium jetzt klar gegen die Haltung der Stadtverwaltung stellt. Der FC Bayern hatte angeboten, dem dringenden Wunsch nachzukommen, und es wäre die Traumlösung für die Freimanner: Zufahrtssperren an bis zu acht Knotenpunkten, die Kontrollposten werden von einem privaten Sicherheitsdienst übernommen. Ein ähnliches Konzept hat das Ordnungsamt in Köln bereits vor zwölf Jahren in Kraft gesetzt: Dort können Tausende Bewohner rund um das Rhein-Energie-Stadion bei der Stadt Berechtigungsausweise beantragen, teils wurden Schranken an den Zufahrten zu den Vierteln aufgebaut: Auswärtige Fußballfans dürfen mit ihren Autos nicht passieren.

Fast schon der Normalzustand: Fußballfans parken in den benachbarten Siedlungen gerne auch mal auf dem Gehweg in der Kurve. (Foto: Florian Peljak)

Doch die Stadtverwaltung hat der Radikal-Lösung eine klare Absage erteilt und dies bereits in einem Beschlussentwurf für den Stadtrat niedergelegt - und mit dem befasste sich der Bezirksausschuss an diesem Abend. In dem Papier legt die Behörde dar: Wenn ein privater Sicherheitsdienst die Zufahrtssperren übernimmt, würde man dieser Firma "hoheitliches Handeln" übertragen, was jedoch zum Kernbereich staatlicher Aufgaben zähle. Dafür existiere keine Rechtsgrundlage.

"Ein Anhalterecht zur Verkehrskontrolle steht nur der Polizei zu", präzisiert ein Sprecher des Kreisverwaltungsreferats (KVR). Privatleute hätten keine eigene Entscheidungskompetenz, Verkehrsteilnehmer auf öffentlichen Straßen am Durchfahren zu hindern. Dies habe "individuellen Eingriffscharakter", sei damit der "Beginn staatlicher Verfolgung" - und somit rechtswidrig. Die Behörde plädiert nun für "punktuelle und verkehrsordnende Maßnahmen", wie es ein Sprecher formuliert. Konkret heißt das: Parkschutzbügel auf Grünstreifen, etwa entlang der Kiefergartenstraße, damit dort niemand mehr parken kann. Auch neue Halteverbotszonen sollen ausgewiesen werden. Das Kalkül: Die Fußballfans finden keine Parkplätze mehr, das spricht sich dann rum - und die lästigen Eindringlinge bleiben weg.

Am Dienstag versuchten Behördenemissäre mit Vertretern des FC Bayern und der Polizei bei einer internen Sitzung Anwohner und Stadtviertelpolitiker dafür zu erwärmen. Mit mäßigem Erfolg, wie sich danach herausstellt. "Das kann nur eine vorgezogene Lösung sein und wird wohl nur partiell etwas bringen", sagte Heinz Hilger, Vorsitzender der Siedlerschaft Kieferngarten, in der Sitzung des Lokalgremiums.

Ähnlich fallen die Reaktionen der Stadtviertelvertreter aus: "Mit einem solchem Klein-Klein sind wir in zehn Jahren genauso weit wie heute", mahnte Gunhilde Peter (SPD). Aus den meisten Fraktionen meldeten sich Stimmen, welche die strikte Rechtsauffassung der Stadtverwaltung nicht akzeptieren wollen. Bernhard Dufter (Grüne) fasst das grollende Fazit so zusammen: "Wir begrüßen die Sofortmaßnahmen, fordern aber das Konzept nach der Kölner Methode."

Das lautstarke Drängen wird nun auch im Rathaus erhört: Die CSU-Fraktion im Stadtrat setzte am Tag nach der BA-Sitzung einen Antrag auf, mit dem sie sich beim Oberbürgermeister für ein Anwohnerschutzkonzept nach Kölner Vorbild stark macht. "Wir können nicht nachvollziehen, weshalb das in München nicht machbar sein soll", sagt CSU-Stadträtin Dorothea Wiepcke. Es sei an der Zeit, ein Gesamtkonzept für alle betroffenen Gebiete zu entwickeln und umzusetzen. Die SPD hält sich mit einer dezidierten Forderung nach einer Zufahrtssperren-Regelung zurück. "Man muss sich das genau anschauen und abwägen, wie das in Köln läuft", sagt SPD-Stadtrat Peter Rupp. Kategorisch ausschließen, wie es das KVR tut, mag er es aber nicht. "Wir brauchen auf jeden Fall ein Konzept. Es gibt dringenden Handlungsbedarf."

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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