Freimann:Aufwerten durch Abholzen

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Gezerre um Gehölze: Anwohner und Behördenvertreter debattieren beim Geländewall (li. im Bild). (Foto: Stephan Rumpf)

Um ökologisch gewünschte Strukturen zu schaffen, werden in der Fröttmaninger Heide Bäume gefällt. Anwohner sehen sich eines natürlichen Lärmschutzes beraubt

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Die widerstreitenden Ansprüche von Naturschützern und Anwohnern sind seit vielen Jahren Anlass für Debatten über die Frage: Wie viel Naturschutz soll in der südlichen Fröttmaninger Heide durchgesetzt werden - und welches Gewicht haben die Ansprüche der Anwohner? Auch nach dem Bürgerdialog zur Ausgestaltung der Schutzgebietsverordnung schwelt der Konflikt weiter, anders gesagt: Die Anwohnergruppe "Interessengemeinschaft Heide" (IGH) lässt nicht locker. Sie kritisiert "großflächige Ausholzungen" in der Heide, wie es in einer Mitteilung heißt. Jedoch sind die Fällungen Teil der Strategie zur "naturschutzfachlichen Aufwertung", wie der Heideflächenverein das Abholzen von Büschen und Kiefern nennt.

"Aufwertung" bedeutet: Auf dem 334 Hektar großen Gebiet südlich der Autobahn A 99 konnte die Natur munter wuchern, so lange es ein Truppenübungsplatz war. Jetzt soll es eine Heidelandschaft werden, mit Habitatstrukturen für seltene Tiere und Pflanzen. Und das sind vor allem offene Magerrasenflächen - und denen stehen wuchernde Kiefern und Sträucher im Weg. Dutzende Gehölze wurden schon gefällt, Hunderte sollen folgen. "Das halten wir für im hohen Maße unvernünftig", sagt IGH-Sprecherin Hanna Kokorsch. Denn die Anwohner der angrenzenden Siedlungen würden dadurch "einen natürlichen Luft- und Lärmfilter" verlieren, eine Art Schutzwall also vor dem Verkehr auf der A 99. Im Fokus ist dabei eine wallartige Geländeerhebung, 500 Meter nördlich des Siedlungsrands, an der Grenze zur "Schutzzone", in der das Betreten verboten ist.

Der Streit um den Kahlschlag konnte auch bei einem Ortstermin mit Vertretern der IGH, der städtischen Behörden und des Heideflächenvereins nicht beigelegt werden. Laut Gebietsbetreuer Tobias Maier erklärten Emissäre der Stadt, dass Gehölze als Lärmschutz ohnehin wenig geeignet seien. "Und es ist nicht Aufgabe des Naturschutzes, Schallschutzmaßnahmen umzusetzen", ergänzt Maier. Den Anwohnern sei angeboten worden, als Ausgleich nördlich des Walls neue Bäume anzupflanzen. Als Ausgleich mochte die IGH das nicht sehen, mithin missbilligt die Initiative die Fällaktion grundsätzlich. "Wir halten es für unverantwortlich und auch fachlich falsch, natürlichen Lärmschutz abzufällen", sagt Kokorsch. Allerdings konnte sie sich wohl bei einem anderen Kritikpunkt durchsetzen: Der Heideflächenverein plant, an jenem Wall eine gut fünf Meter breite Schneise zu schlagen, um eine betonierte Aussichtsplattform einzupassen, von wo aus man einen unverstellte Blick auf die Heidelandschaft haben soll. Die IGH ist jedoch dagegen, einerseits weil es ein "unnötiger Eingriff" sei, wie Kokorsch sagt. Zum anderen vermutet sie, dies solle ein "Kontrollpunkt für Naturschutzwächter" werden, die dort nach Regelbrechern Ausschau halten. Auf Biegen und Brechen wollen Stadt und Heideflächenverein das Projekt aber nicht; sie schlugen vor, die IGH solle ein Meinungsbild unter Anwohnern zu der Plattform einholen. Kokorsch hat das bereits getan: "Es gibt ausschließlich Ablehnung."

© SZ vom 13.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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