Freimann:Anker für Senioren

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Gerade, wenn die Wege beschwerlicher werden, soll den Senioren alle mögliche Hilfe angeboten werden. (Foto: Dpa)

Auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne entsteht eine Betreuungsinsel für ältere Menschen. Neben einem "Alten-und Servicezentrum Plus" ist eine vollstationäre Pflegeeinrichtung geplant

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Ein dichtes und urbanes Quartier soll es werden, ein neues Viertel für 15 000 Menschen: Für das Gelände der ehemaligen Bayernkaserne laufen die Vorbereitungen, das Areal in Freimann, 60 Hektar groß, zu einem Stück Stadt in der Größe einer Kleinstadt umzuformen. Parallel zu den Häusern soll dabei sogleich die soziale Infrastruktur mitwachsen. Dabei geht es nicht nur um Schulen und Sportanlagen, sondern auch um die Versorgung der alten und betagten Einwohner. Die künftige Großsiedlung dürfte sich in diesem Zuge zum neuen Kerngebiet für die Seniorenbetreuung im nördlichen Teil des Stadtbezirks Schwabing-Freimann entwickeln.

Denn der Sozialausschuss des Stadtrates hat beschlossen, das bestehende Alten- und Service-Zentrum (ASZ) Freimann an der Edmund-Rumpler-Straße im Zuge des zweiten Bauabschnitts zwischen 2024 und 2027 auf das Bayernkasernen-Areal zu verlegen, und zwar in seiner modernen Variante, genannt "ASZ plus". Überdies ist eine vollstationäre Pflegeeinrichtung geplant.

Die Altenhilfe ist inzwischen ein wichtiger Baustein der Quartierentwicklung, schließlich können die Planer die demografischen Schätzungen nicht ignorieren. In München leben derzeit (Stand 2018) rund 267 300 Bürger, die 65 Jahre oder älter sind, das entspricht mehr als 17 Prozent der Bevölkerung. Davon haben 70 700 Personen ihr 80. Lebensjahr schon erreicht oder überschritten. Und deren Anzahl soll laut einer Prognose des Planungsreferats bis 2030 um 50 Prozent ansteigen.

Diese "Hochaltrigen", wie die Betagten auch genannt werden, brauchen, auch wenn sie zu Hause wohnen, verstärkte Unterstützung, zumal die städtische Statistik von stadtweit rund 32 500 Über-80-Jährigen weiß, die allein leben. In Schwabing und Freimann liegt der Anteil der 65 -Jährigen mit 11 470 und der 80-Jährigen mit 3125 Personen (Stand 2017) unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt; beide Zahlen werden laut Prognose bis 2035 leicht sinken. Deshalb hält das Sozialreferat Erwägungen für einen dritten ASZ-Standort im Stadtbezirk zunächst für nicht notwendig; es bleibt also bei der Einrichtung an der Siegesstraße - und dem neuen Standort auf dem Gelände der Bayernkaserne.

Diese Anlaufstelle der offenen Seniorenarbeit wird dann eingebettet sein in das neue Wohnquartier - und nicht wie jetzt etwas versteckt, zwischen den Gewerbeblöcken von Messecenter MOC, Zenith-Halle und BMW-Werk. "Wir sind dann mitten drin und nicht am Rand", freut sich Daniela Spießl, Leiterin des ASZ Freimann an der Edmund-Rumpler-Straße, das in Trägerschaft des Kreisverbands des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) geführt wird. Die öffentliche Anbindung sei alles andere als optimal; viele Besucher seien aufs Auto angewiesen. "Mit der eingeschränkten Erreichbarkeit können wir kaum Leute gewinnen, die einfach Mal vorbeischauen wollen", sagt Spießl. Das Sozialreferat formuliert es so: Auch wenn es eine Buslinie gebe, es bleibe der "Bedarf nach einer zentralen Verortung im Stadtbezirk".

Allerdings zeigt sich, dass der alte Standort, mag er auch etwas abseits gelegen sein, schon jetzt eine hochfrequentierte Stelle im Stadtbezirk ist. Noch 2008 verzeichnete Spießl nur elf Besucher am Tag, 2017 waren es täglich durchschnittlich 48 Menschen. 1400 "Leistungsannahmen" sind vermerkt, also die Anzahl jener, die Mittagstisch oder Hausbesuche in Anspruch nahmen. 5000 Kursteilnehmer wurden 2017 gezählt. "In unseren Räumen sind wir ausgebucht", sagt Spießl.

Das städtische Konzept der aktiven Altenhilfe kommt offenbar gut an; es wird unter dem Begriff "ASZ plus" geführt: Das "plus" steht für 1,5 mehr Personalstellen für jede der stadtweit 32 ASZ, die vor allem für kostenfreie Hausbesuche eingesetzt werden. Die Idee: Alte Menschen sind oft gebrechlich, man muss zu ihnen gehen - und dort die Hilfen besprechen. Womöglich sind Einkaufs-, Besuchs- oder Bringdienst nötig. Vielleicht muss ein Treppenlift eingebaut, die Wohnung barrierefrei umgestaltet werden.

Das neue ASZ Freimann wird gut einen halben Kilometer weiter westlich direkt am geplanten zentralen Stadtplatz untergebracht und soll laut Stadtratsvorlage mit 450 Quadratmetern Gesamtfläche gut 150 Quadratmeter mehr Raum bekommen.

Nordwestlich des Quartierzentrums sehen die Planunterlagen überdies ein Altenheim mit 175 vollstationären Pflegeplätzen vor, dazu eine teilstationäre Tagespflege mit 15 Plätzen. Ferner sind 45 Apartments für betreutes Wohnen vorgesehen, dazu 30 Wohnungen für das Personal. Die Trägerschaft soll nach derzeitigen Überlegungen des Sozialreferats die städtische Tochtergesellschaft Münchenstift übernehmen. Darüber hinaus sollen auch zwei ambulant betreute Wohngemeinschaften für pflegebedürftige Menschen entstehen.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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