Frauenfußball-Bundesliga:Glanzlos glücklich

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Auf sie mit Geschrei: Die Bayern-Frauen feiern den letztlich entscheidenden Treffer von Nicole Rolser. (Foto: Foto2Press/Imago)

Ersatzgeschwächte Bayern-Frauen gewinnen knapp gegen Frankfurt

Von Max Ferstl, München

Wenn Simone Laudehr lächelt, ist der Schaden kaum noch zu erkennen. Einer der vorderen Zähne ist etwas dunkler als die übrigen, da er von einer Schraube zusammengehalten wird. Am Mittwoch wurde Laudehr in der ersten Halbzeit des Champions-League-Achtelfinales im Gesicht getroffen. "Da waren die Lichter erst mal aus, ein paar Zähnchen sind in meinem Mund herumgeflogen", sagt sie. "Es war wie im Eishockey." Eishockeyspieler gelten als besonders harte Typen, weil sie trotz Schmerzen auf die Zähne beißen, die wiederum oft verloren gehen. Laudehr hat am Sonntag wieder für den FC Bayern gespielt, 93 Minuten stand sie gegen den 1. FFC Frankfurt auf dem Feld. Am Ende hat München 1:0 gewonnen. Es war "ein richtiger Kampfsieg", findet Laudehr.

Thomas Wörle, Trainer der Bayern-Frauen, hat schon am Mittwoch nach dem 4:0-Sieg gegen den russischen Meister Rossiyanka vermutet, dass seine Mannschaft das hohe Level wohl nicht werde halten können. Zu dezimiert sei der Kader in den vergangenen Wochen. Es spielen nur die, die keine "massiven Probleme" haben, sagt Wörle. Ein paar gebrochene Zähne fallen offenbar nicht in diese Kategorie. Das Spiel gegen Frankfurt war die vierte Partie innerhalb von 16 Tagen. Der Verschleiß war den Münchnerinnen anzumerken.

Zu Beginn, als sich die Beine noch frisch anfühlten, agierte der Deutsche Meister überlegen und hätte nach sechs Minuten in Führung gehen können. Doch Nora Holstad Berge brachte nach einer Ecke nicht genügend Wucht hinter den Ball. Anschließend schlichen sich Ungenauigkeiten ins Münchner Spiel. Pässe landeten beim Gegner oder im Seitenaus statt bei der Mitspielerin. "Es war sicher nicht der große Glanz", gab Wörle zu: "Aber wir haben uns verausgabt."

Das Verausgaben auf dem tiefen Boden des Grünwalder Stadions begann gefühlt schon nach zwanzig Minuten. Die Münchnerinnen ließen sich fallen und gingen in der Phase in Führung, als sich Frankfurt kleine Vorteile erspielte. Vivianne Miedema, die bereits in der Champions League bei zwei Treffern ihren wuchtigen Schuss präsentiert hatte, dribbelte sich durch Frankfurts Verteidigung, und zog abermals hart ab. Frankfurts Torfrau Desiree Schumann konnte den Schuss zwar parieren, nicht aber den Nachschuss von Nicole Rolser. Anschließend überließen die Bayern den Gästen weitgehend die Initiative. "Frankfurt hatte mehr Energie", erklärte Wörle. Sein Team verließ sich auf die Verteidigung, die mit nur vier Gegentoren zur Ligaspitze zählt - im Gegensatz zum Angriff (bislang nur zehn Treffer).

Die Frankfurter hatten zwar Energie, aber keinen klaren Plan, wie sie diese in Tore ummünzen sollten. Das liegt auch an Simone Laudehr, die im Sommer von Frankfurt nach München wechselte. Weil auch Kerstin Garefrekes (Karriereende) und Dzsenifer Marozsán (Lyon) nicht mehr dabei sind, fehlen Frankfurt Spielerinnen, die eine Partie gegen eine Spitzenmannschaft wie Bayern in klare Bahnen lenken. "Die Abgänge taten ihnen weh", glaubt Bayern-Kapitänin Melanie Behringer.

Frankfurt spielte zwar ansehnlich nach vorne, aber der finale Pass schlug mehrmals fehl. "Wir hatten viele Halbchancen, aber keine ganz klare", klagte Frankfurts Trainer Matt Ross: "Es ist schwer, Bayerns Abwehr zu knacken. Sie haben so viel Qualität." Einmal sprang Stürmerin Yuki Nagasato zwar hoch, aber nicht hoch genug, um die Richtung des Balles entscheidend zu verändern (60.), einmal schoss Jackie Groenen aus vielversprechender Position eine Münchner Verteidigerin an (71.). "Wir hatten nicht mehr allzu viele Körner im Tank", sagte Wörle: "Mehr ging nicht."

Unter der Woche steht nun ein kräftezehrender Trip ins frostige Russland an, am Sonntag empfängt man in der Liga Schlusslicht Mönchengladbach. Die Münchner werden also auf absehbare Zeit weiter auf dem Zahnfleisch daherkommen. Für eine Spielerin ist das allerdings kein Problem: "Ich kenne das eigentlich nicht anders", sagt Simone Laudehr und lächelt.

© SZ vom 14.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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