Franz Beckenbauer bei Buchvorstellung:Was wollte ich eigentlich sagen?

Lesezeit: 2 min

Franz Beckenbauer stellt in München ein Buch von Exmanager Herbert Henzler vor - und zeigt dabei: Es müsste mehr Beckenbauers geben, dann wäre die Welt ein besserer Ort.

Gerald Kleffmann

Das Gute an Franz Beckenbauer ist, dass er immer der Franz Beckenbauer ist, den man erwartet. Selbst wenn er nicht artgerecht gehalten wird und sich zum Beispiel vor einer raumhohen Bücherwand im Corbusier-Sessel-Klassiker LC2 fläzt und zu plaudern anfängt, hört sich das vertraut an. "Das ist ja hier ein richtiger Freundeskreis, wir hätten uns eigentlich beim Herbert im Wohnzimmer treffen können", sagt der 66-Jährige mit seinem gewohnt lässigen Unterton, als er am Donnerstagabend die kleine Zuhörergruppe betrachtet.

"Das Buch muss ja sehr tiefsinnig sein" - Franz Beckenbauer und Herbert Henzler (links). (Foto: Robert Haas)

Der Herbert, das ist Herbert Henzler, der neben ihm sitzt, auch im LC2. Um seinen Nachbarn soll es in der Bibliothek des Münchner Literaturhauses gehen. Henzler war Jahrzehnte lang Topmanager bei der Unternehmensberatung McKinsey, er hat deutsche Wirtschaftsgeschichte mitgestaltet, ein erfülltes Leben gelebt und nun seine Erfahrungen in einer Autobiographie gebündelt.

Für einen Spezl dieses Kalibers wirbt Beckenbauer immer gerne. Was aber nicht heißt, dass er sich nicht über seinen Freund lustig macht. "Es hat mich überrascht, dass man drei Jahre für eine Biographie braucht", frotzelt er und setzt dann einen drauf: "Das Buch muss ja sehr tiefsinnig sein."

Es muss wirklich ein Höllenspaß sein, Franz Beckenbauer zu sein. Während er regelmäßig von Menschen umgeben ist, die offensichtlich noch etwas erreichen wollen, lehnt er sich entspannt zurück und beckenbauert herum, an diesem Abend etwa so: "Ich habe ihn neulich angerufen und fragte, wo biste? Und Herbert sagte: Ich bin in New York, ich jogge grad im Central Park. Da meinte ich: Zum Joggen musste doch nicht extra nach New York, das geht auch hier im Englischen Garten."

Als er dann relativ ewig über Irgendwas spricht, was nicht von Belang ist, kommt er selbst zu dem schonungslosen Bekenntnis: "Was wollte ich eigentlich sagen?" Ja, es müsste mehr Beckenbauers geben, die Welt wäre ein besserer Ort.

Genau das hat sich wohl auch Henzler gedacht, der sich das luftige Charisma von Beckenbauer zu eigen gemacht hat, der ebenfalls lange in Kitzbühel wohnte. Immer wieder spielen die beiden verbalen Doppelpass, wobei Henzler bemüht ist, Anekdoten seiner Karriere vorzutragen, die manchmal zu verschachtelt geraten, während Beckenbauer wie einst Manuel Andrack in der TV-Latenight-Show von Harald Schmidt den Sidekick mimt.

Warum man das Buch mit dem Titel "Immer am Limit" lesen sollte, fragt am Ende Mark Wössner in der ersten Reihe, viele Jahre Bertelsmann-Chef und ein Freund Henzlers. Henzler, der mit 69 immer noch unter Strom steht, erwidert: "Ich möchte der jüngeren Generation zeigen, dass man aus gewissen Situationen ausbrechen kann." Er, der Schwabe aus Plochingen, der in einfachen Verhältnissen aufwuchs, der mit 50 noch das hochalpine Bergsteigen begann, hat es geschafft. Wer neben Franz Beckenbauer sitzt, ist halt einfach auf der richtigen Seite im Leben.

© SZ vom 22.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: