Fotografie:Abenteuer in Sepia

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Das Stadtmuseum zeigt eine Retrospektive des französischen Fotografen Adolphe Braun.

Von Evelyn Vogel

Hätte man dem 1812 in Besançon geborenen Fotografen Adolphe Braun zu Lebzeiten gesagt, dass seine großformatigen Ansichten der Schweizer Berge und insbesondere des Aletschgletschers 200 Jahre später im Zusammenhang mit dem Klimawandel als Belegquellen dienen würden, er hätte wohl nicht schlecht gestaunt. Zwar waren schon zu seiner Zeit Wissenschaftler an seinen Fotografien interessiert. Aber im Vordergrund stand das touristische Interesse an einer überwältigenden Hochgebirgslandschaft, die damals nur in oft riskanten Expeditionen erkundet werden konnte. Und über deren fotografische Eroberung die Menschen am heimischen Herd dankbar waren.

Berühmt wurde Adolphe Braun zunächst mit Blumenstillleben, die der ehemalige Textildesigner 1855 in Paris auf der Weltausstellung präsentierte. Bald darauf wandte er sich der Landschaftsaufnahme zu, die er schon bald in großformatigen Panorama-Ansichten unter die Leute brachte. Und als Braun 1869 eingeladen wurde, die Eröffnung des Suezkanals in Ägypten zu fotografieren, entstand eine ganze Reihe von pittoresken Ansichten entlang des Nils, die das damalige Orientalismusinteresse der europäischen Eliten befriedigte. Während des deutsch-französischen Krieges 1870 bis 1871 dokumentierte er mit seiner Kamera zahlreiche Zerstörungen, verewigte die Gebietsverluste in Form von Elsässerinnen und Lothringerinnen in bäuerlicher Tracht. Auch den Bau der Gotthardbahn und des Gotthardtunnels hielt er fest. Von 1885 an war er offizieller Fotograf des Louvre.

Das Fotomuseum im Münchner Stadtmuseum präsentiert nun eine umfängliche Retrospektive des französischen Fotografen Adolphe Braun und seines Fotounternehmens "Ad. Braun et Co.". Gezeigt werden etwa 400 seiner Originalaufnahmen, viele davon in schönen Sepiatönen, und 20 Gemälde internationaler Künstler wie Gustave Courbet oder William Harnett. Denn viele seiner Aufnahmen dienten nicht nur Handwerkern als Vorlage, auch zahlreiche Künstler malten nach Braun. Heute interpretieren Wissenschaftler die Gletscherschmelze an Hand von Fotos von Adolphe Braun. Was für eine Karriere.

Adolphe Braun. Ein europäisches Photographie-Unternehmen und die Bildkünste im 19. Jahrhundert. Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 6. Oktober bis 21. Januar, Di.-So 10-18 Uhr

© SZ Extra vom 5.10.17 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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