Fotograf Hansi Trompka:Selfies vom Wauwau

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"Es gibt unglaublich viele Hunde mit eigenen Facebook-Seiten", sagt Hansi Trompka. Hier posiert der Fotograf mal selbst, mit einem amerikanischen Zwergdackel. (Foto: Catherina Hess)
  • Für sein Buch "Hunde-Selfies" hat der Fotograf Hansi Trompka 120 Vierbeiner fotografiert, 40 landeten in seinem Band.
  • Trompka hat eigentlich Bauzeichner gelernt, danach hat er als freier Grafiker gearbeitet. Als er Plakate für den Tierpark Hellabrunn gestalten sollte, lichtete er Elefanten ab. Später wurde er zum Hundefotografen.
  • Warum er heute fast ausschließlich Hunde fotografiert? "Es laufen halt nicht so viele Elefanten herum."

Von Gerhard Fischer

Wenn man ein Selfie macht, ist man nah an der Kamera. Das Gesicht sieht oft sehr lustig aus. Es ist pausbackiger. Man hat einen ähnlichen Effekt, wenn man in eine Christbaumkugel schaut. Kinder machen das gerne und lachen sich dann schlapp.

Wenn es schon bei Menschen lustig ist, wie witzig muss es dann erst bei Hunden sein? Beim Boston Terrier zum Beispiel, der früher Boston Bulldog hieß und eine kurze, quadratische Schnauze hat. Und große, runde Augen. Es sieht wirklich sehr lustig aus, wenn dieser Hund fotografiert wird. Hansi Trompka hat das wohl auch so empfunden - immerhin ist der Boston Terrier auf dem Cover seines Buches über Hunde-Selfies.

"Mein Verlag sagte, die Leute sollen in erster Linie lachen, wenn sie unser Buch sehen", sagt Trompka.

Dottie hat schon eine Facebook-Seite

Er sitzt auf einem Hocker und erzählt von dem Buch und von seinem Leben als Hunde-Fotograf. Immer wieder schaut er nach rechts oder links oder auf den Boden, immer wieder unterbricht er seine Rede. Das liegt nicht daran, dass er unhöflich wäre. Trompka beobachtet die Hunde, die im Raum spielen, zick-zack laufen, bellen, zwicken. Manchmal muss er eingreifen, etwa um die kleine Dottie vor Otto und Wilma zu schützen.

Otto und Wilma sind zwar Zwergdackel, aber sie sind größer als Dottie. Die kleine Dottie ist nämlich erst elf Wochen alt und - ein Boston Terrier (aber nicht der vom Buch-Cover). Hansi Trompka und seine Freundin haben Dottie erst seit ein paar Tagen. Sie ist fast wie ihr Kind. Und da passt man natürlich auf.

Dottie hat schon eine Facebook-Seite. Da sind Fotos drauf, schließlich ist sie sehr süß. Und man kann auf der Facebook-Seite Geschichten lesen, was sie so Lustiges angestellt hat. "Es gibt unglaublich viele Hunde mit eigenen Facebook-Seiten", sagt Trompka. "Und es gibt Hunde, die haben Millionen Fans." Er findet das offenbar normal. Es freut ihn sogar. Schließlich lebt er von diesem Hunde-Hype. Man kann ihn buchen. Er macht Fotos für Hunde-Kalender, für Hunde-Werbung, für Hunde-Geburtstage, für Hunde-Spielzeug. Er lebt jetzt fast ausschließlich davon, Hunde zu fotografieren.

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(Foto: Hansi Trompka)

Große Augen,...

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(Foto: Hansi Trompka)

...dicke Nasen, ...

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(Foto: Hansi Trompka)

...lustige Gesichtsausdrücke.

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(Foto: Hansi Trompka)

40 Hunde sind in Hansi Trompkas Hundeselfie-Buch abgebildet.

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(Foto: Hansi Trompka)

Bei manchen könnte man meinen, der Hund hätte selbst abgedrückt.

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(Foto: Hansi Trompka)

Mehr als 120 Vierbeiner hat Trompka für das Projekt fotografiert.

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(Foto: Hansi Trompka)

Soooooooooo süß!

Es gibt Hunde, die haben auf Facebook Millionen Fans - Fotograf Hansi Trompka mit einem amerikanischen Zwergdackel.

Hansi Trompka hat mal Bauzeichner gelernt, danach hat er als freier Grafiker gearbeitet. Eines Tages hatte er im Tierpark Hellabrunn zu tun. Er sollte Plakate mit Elefantenbabys machen. Allerdings gefielen ihm die Fotos nicht, mit denen er arbeiten sollte. "Das kann ich besser", sagte er, holte seine große Kamera - er fotografierte schon immer gerne - und schoss neue Bilder der kleinen Elefanten. Mit den Fotos machte er dann die Plakate. Das ist jetzt gut fünf Jahre her.

Nicht lange nach den Elefantenbabys kam die Sache mit den Welpen. Trompka fuhr mit dem Bus durch München und sah durchs Seitenfenster, wie ein Mann seine Hunde Müll apportieren ließ. Er sprach ihn an, und es stellte sich heraus, dass der Mann ein Hundetrainer war; er hatte seine Hunde tatsächlich so abgerichtet, dass sie Müll einsammelten, den er dann wegwerfen konnte. "Unter ihnen war ein Pinscher, der gerne Metall apportiert hat", erzählt Trompka.

Der Hundetrainer lud ihn zu einer Welpengruppe ein. Zweimal in der Woche treffen sich Menschen mit ihren Welpen und lassen sie miteinander spielen, mal sind es drei, mal 15. Trompka fotografierte sie, und Frauchen und Herrchen hatten hier mal einen Auftrag, da mal einen Auftrag, und so langsam entstand der professionelle Fotograf Hansi Trompka. Der professionelle Hundefotograf.

Warum Hunde? "Es laufen halt nicht so viele Elefanten herum", sagt Trompka und lacht. Sicher hat man ihm die Frage schon öfter gestellt. Und sicher hat er öfter mit einem Scherz geantwortet, vielleicht sogar mit diesem. Aber es gibt auch seriöse Gründe, warum er Hunde fotografiert und nicht Menschen. "Bei Hunden kann ich mehr machen, wie ich es will", sagt er und betont das ich. "Und wenn etwas schief geht, bin nur ich schuld."

Wenn er mal einen Menschen fotografiert, "dann einen Menschen mit Hund - und den Menschen dann unscharf". Trotzdem bleibt die Frage: warum Hunde? Es gibt noch einen Grund: Für Hunde ist ein Markt da. Und er muss schließlich Geld verdienen. Selbständig zu sein, ist nicht einfach, das weiß man. Aber Trompka kann sich nichts anderes vorstellen, er macht, was er machen will. "Ich will mich über meine Arbeit freuen", sagt er, "ich lache mich jeden Abend kaputt, wenn ich die Hundebilder sehe, die ich tagsüber gemacht habe."

So wie jemand, der unglaublich gerne Kuchen esse, Konditor werden sollte, sei er Hundefotograf geworden. Das Bild ist etwas schief, denn der Konditor isst die Kuchen ja nicht, er verkauft sie im Normalfall, aber man weiß schon, was er meint.

Hunde drücken natürlich nicht selbst ab

Selbständig sein. Frei sein. Ohne Chef sein. Das tun, was man will. Das ist schon schön. Aber es ist riskant. Hat er nie Existenzängste? Trompka grinst. Er hat einen Bart, aber dahinter sieht man das Grinsen eines großen Jungen. "Existenzängste hat man als Selbständiger immer." Aber es scheint ihn nicht größer zu bekümmern. Er ist so was von begeisterungsfähig; er ist so was von lebendig, wenn er von seinem Job erzählt; und er wirkt so was von erfreut, wenn er von der Resonanz auf sein Buch erzählt. Sogar das ZDF habe sich gemeldet.

Die kleine Dottie rast durch den Raum, Otto und Wilma hinterher. Dotties Ohren sind aufgestellt. Ja, so stand es doch im Netz: dass Boston Terrier große, stehende Ohren haben. Und dass der Terrier seit 1979 der "offizielle State Dog des US-Bundesstaats Massachusetts" ist. So weit haben es Zwergdackel nicht gebracht. Aber Otto und Wilma sind immerhin in Hansi Trompkas Hundeselfie-Buch verewigt.

Wie entstand die Idee zu diesem Buch? Trompka wendet sich von Dottie ab und seinem Gegenüber zu, dann sagt er: "Ich gehe ja immer sehr nah an die Hunde ran, wenn ich sie fotografiere, und da sah ein Foto mal aus Versehen aus wie ein Selfie." Danach hat er mal probiert, nicht aus Versehen, sondern absichtlich Selfies zu machen.

Übrigens: Es heißt zwar Hunde-Selfie, aber die Tiere drücken natürlich nicht selber auf den Auslöser. Bei den meisten sei die Pfote zu kurz, sagt Trompka. Und es sei natürlich schwierig, einen Hund, selbst wenn er lange Pfoten habe, dazu zu kriegen, auf den Auslöser zu drücken. "Ein Hund mag es nicht, wenn man ihn an der Vorderpfote zieht", sagt Trompka. Also knipst er, wenn der Hund gerade nach ihm schlägt oder wenn er am Boden liegt und die Pfote hebt.

Für das Buch hat Trompka 14 000 mal auf den Auslöser gedrückt

Trompka macht sich dabei schmutzig, Hose und Socken werden dreckig, die Schuhe auch. "Ich rutsche auf den Knien herum, wenn ich die Hunde fotografiere - ich muss ja auf Augenhöhe mit ihnen sein." Und es kann ganz schön lange dauern, einmal waren es vier Stunden, für ein Foto. "Es geht ja nicht nur ums Foto machen", sagt Trompka, "der Hund ist auch mal genervt, dann macht man eine Pause oder geht mit ihm Gassi".

Wie man mit Hunden umgeht, dafür hat er sich Tipps vom Hundetrainer geholt. Dazu gehört auch: Wie nähere ich mich einem Hund an? Wie reagiere ich, wenn der Hund das Kameraklappen nicht mag?

40 Hunde sind in dem Buch abgebildet, mehr als 120 hat er für das Projekt fotografiert, 14 000 mal auf den Auslöser gedrückt. Es klappt nicht bei jedem Hund gleich gut. Sehr große Hunde wie die Ridgebacks, die ja Löwen jagen, fielen schon mal weg, sagt Trompka, sie seien einfach zu dominant; die legen sich nicht gemächlich auf den Rücken und heben die Pfote. Aber grundsätzlich gehe es nicht um die Rasse, ob ein Hund geeignet sei, sondern um das Individuum. Wie wurde der Hund erzogen? Wie sozial ist er? Wie aggressiv ist er?

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Hansi Trompka sagt, sein Hunde-Selfie-Buch sei einzigartig - im Sinne von: Es gibt kein zweites. Gut, in Großbritannien wurde eines veröffentlicht. Aber da wurden Hunde-Selfies aus dem Internet zusammengetragen. Trompka hat die Selfies eigens für das Buch gemacht.

Und? Was kommt als Nächstes? Er habe einige Projekt im Kopf, sagt der Hunde-Fotograf. Zum Beispiel eine Mopsporträt-Serie. Schade, dass Loriot das nicht mehr erlebt, er sagte einmal: Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.

© SZ vom 31.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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