Fotograf Andreas Gursky:Die Faszination des Großformats

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Der Fotograf Andreas Gursky schätzt das Haus der Kunst als Heimat für seine Bilder - und geht im P1 tanzen.

Christian Mayer

Andreas Gursky ist ein leiser Künstler, kein Selbstdarsteller; wenn er über seine Arbeit spricht, überlegt er lange und formuliert dann vorsichtige Sätze. Dass er an diesem Freitag im Mittelpunkt eines gewaltigen Medieninteresses steht, dass ihm die Münchner Kunstszene im Haus der Kunst huldigt, nimmt er scheinbar ungerührt hin. Genauso wie die Rede von Hausherr Chris Dercon und die Komplimente der Sammler aus dem In- und Ausland, die seinetwegen nach München gereist sind.

Da muss er jetzt durch; das Blitzlicht lässt sich nicht immer vermeiden. Zudem hat der Fotograf aus Düsseldorf im Haus der Kunst endlich ein Museum gefunden, das die Dimensionen seiner Großformate aushält: "Die Räume sind wie geschaffen für meine Bilder", sagt er. "Ich mag es, wenn an einer Wand nur ein Foto hängt."

Schon bei der Pressekonferenz am Vormittag konnte man angesichts des Andrangs glauben, hier werde mindestens Robbie Williams' neue CD vorstellt. Gursky gewährt Einblicke in seine Arbeit. "Als Einzelkind habe ich mich immer nach Gemeinschaft gesehnt - deshalb habe ich vielleicht ein Faible für Massen."

Die digitalen Riesenbilder von seiner Reise ins fremdartige Nordkorea vermitteln davon einen Eindruck. Staunenswert ist auch die Komposition, bei der die Zuschauer eines Madonna-Konzerts wie Leuchtkörper erscheinen. "Früher bin ich oft ziellos herumgefahren, inzwischen hole ich mir viele Anregungen durch die Medien", sagt der 52-Jährige.

Nach der Eröffnung drängeln und quetschen sich die Besucher vor den Bildern, es ist kein Durchkommen mehr; sogar Ex-Rennfahrer Michael Schumacher, ein Fan des Fotografen, bleibt stecken. Im letzten Saal wähnt man sich in einer gigantischen Warenwelt, in der Auslage eines Supermarkts: Das Diptychon "99 Cents" wurde im November in London übrigens für 2,48 Millionen Dollar versteigert. Das Künstlerexemplar hängt nun in München und wandert später weiter zu Ausstellungen nach Istanbul und in die Arabischen Emirate.

Glücklich sind an diesem Abend Gurskys Galeristen: Monika Sprüth und Philomene Magers, die in München, Köln und London präsent sind - sowie Matthew Marks aus New York. Mit Freunden und guten Kunden feiern sie den Erfolg der Ausstellung im P1, das sich in einen exklusiven Gursky-Club verwandelt.

Tagelang hatte zuvor das Telefon geklingelt bei Sprüth/Magers in der Schellingstraße, jeder wollte eine Einladung fürs Abendessen. Getanzt wird später auch noch - Gursky, der privat vor grellen Effekten und beruflich vor Kunstspekulanten zurückschreckt, mag elektronische Musik.

© SZ vom 15.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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