Flughafenausbau:Komparsen für das neue Satellitenterminal gesucht

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Einige Bereiche sind schon bereit für den ersten Einsatz, etwa die Express-Laufbänder, die auch durch die anderen Terminals führen. (Foto: Marco Einfeldt)
  • Für 900 Millionen Euro entsteht am Münchner Flughafen ein neues Satellitenterminal.
  • Bis Mitte Dezember läuft der Testbetrieb mit Airport-Leuten, von Januar an werden Komparsen eingesetzt.
  • Im kommenden April soll das Gebäude dann offiziell eröffnet werden.

Von Marco Völklein

Was sich wohl hinter der grauen Metalltür verbirgt? Draußen haben Arbeiter ein Schild mit Klebestreifen angebracht: "ORAT-WC". Der Türrahmen ist aus grobem Baustellenholz gezimmert, auf der Tür selbst zeugen Farbkleckse davon, dass rund herum gearbeitet wird. Weiter weg dröhnt eine Bohrmaschine, ein Arbeiter trägt ein Rohr auf der Schulter vorbei. Wer aber die graue Metalltür öffnet, der tritt in eine andere Welt ein: dunkle Fliesen am Boden, kleine weiße Mosaiksteinchen an den Wänden. Die Urinale sind geputzt. Und aus polierten Hähnen rauscht Wasser in die Waschbecken.

Willkommen in der Welt des neuen Satellitenterminals im Erdinger Moos. In einer Welt, die sich von Tag zu Tag verändert. In der Rolltreppen, gerade noch in Folie verpackt, plötzlich anlaufen. In der Bildschirme anspringen, die eben noch nicht mal ans Stromnetz angeschlossen waren. Und in der sich immer öfter Menschen mit weißem Bauhelm, schweren Sicherheitsschuhen und grünen, pinken oder blauen Warnwesten zurechtfinden müssen.

Für 900 Millionen Euro errichten die Betreibergesellschaft des Flughafens und die Lufthansa ein neues Abfertigungsgebäude. Es ist als "Satellit" konzipiert, also als Ableger des bestehenden Terminals. Die Flugzeuge werden von fast allen Seiten an das Gebäude andocken, die Passagiere sparen sich so die langen Busfahrten über das Vorfeld. Im kommenden April soll das Gebäude offiziell eröffnet werden. Elf Millionen Fluggästen soll es zusätzlich Platz bieten, mehrere Lounges sind geplant, viele neue Shops und Restaurants, in denen die Fluggäste möglichst viel Geld lassen sollen.

Wie das Terminal getestet wird

Zuvor aber muss das Gebäude auf Herz und Nieren getestet werden. Laufen die Computersysteme? Schließen und öffnen die Türen? Funktionieren die Aufzüge? Finden sich die Passagiere in dem Terminal zurecht? Kennen die Mitarbeiter des Flughafens, die Beamten von Zoll und Bundespolizei die Wege? Weiß die Feuerwehr, wo sie löschen muss, wenn es mal brennt?

Der Mann, der versucht, auf all diese Fragen bis zur Eröffnung Antworten zu geben, heißt Alexander Raith. Er leitet eine fünfköpfige Spezialistenmannschaft, das ORAT-Team, das sich seit etwas mehr als zwei Jahren auf die Inbetriebnahme vorbereitet. ORAT steht für "Operational Readiness and Airport Transfer" und bezeichnet eine Abteilung des Flughafens, die sich auf Inbetriebnahmen und Flughafenumzüge spezialisiert hat. Für das Satellitenterminal hat die Truppe einen detaillierten Plan ausgearbeitet, um nach und nach alle Systeme zu testen.

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Am künftigen Gastrobereich des neuen Terminals wird noch gearbeitet.

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Die Automaten zur Passkontrolle sind noch verpackt.

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Auch an der Außenfassade gibt es etwas zu tun.

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Im Satellitenterminal ändert sich jeden Tag etwas, doch...

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...einige Bereiche sind schon bereit für den ersten Einsatz, etwa die Express-Laufbänder, die auch durch die anderen Terminals führen.

Seit 10. November läuft der Testbetrieb in kleinem Umfang. Grüppchen von 20 oder 50 Mitarbeitern in bunten Warnwesten werden in Teile des Satelliten geschickt. Einige mimen die Passagiere, andere sitzen bereits an ihrem künftigen Arbeitsplatz. Im Hintergrund haben die Tester im Computer zahlreiche Phantomflüge angelegt, Bordkarten ausgedruckt, Abflugsanzeigen aufgespielt. Die Tester wollen sehen, ob alles klappt. Und sie wollen wissen, was zu tun ist, wenn etwas nicht läuft. "Wichtig ist, offen zu sein", sagt Raith. Wenn Probleme auftauchen, müssten diese deutlich benannt werden. "Es bringt nichts, dann herumzudrucksen und zu sagen: Das wird schon irgendwie." Ziel des Testbetriebs sei es, Probleme aufzuspüren und diese zu beseitigen - damit bei der Eröffnung nichts mehr schief geht.

Was im neuen Terminal alles schief gehen kann

Bis Mitte Dezember läuft der Testbetrieb zunächst mit Airport-Leuten in Kleingruppen. Von Januar an wird das Ganze ausgeweitet: Beim "integrierten Probebetrieb" wollen die Tester bis zu 500 Komparsen durchs Gebäude schleusen. An den Schaltern werden Lufthansa-Mitarbeiter sitzen und die Bordkarten scannen, Beamte der Bundespolizei werden Pässe kontrollieren, Zöllner Einreisende zur Überprüfung rauswinken. Wie im richtigen Flugbetrieb werden die vielen kleinen Rädchen am Airport ineinander greifen.

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Und wie im richtigen Leben wird es dabei Probleme geben: Ein Fluggast wird kurz vor dem Start den Flieger verlassen wollen. "Wo wird der hingebracht?", fragt Raith. Ein anderer wird bei der Einreise kein Visum vorweisen können. "Weiß der Bundespolizist dann, wo er den Fall weiterbearbeiten kann?" Mehrere hundert Szenarien haben sich die Tester ausgedacht.

Seit dem Umzug des Flughafens ins Erdinger Moos vor mehr als 20 Jahren gibt es das ORAT-Team. Die Spezialisten haben seither einige Inbetriebnahmen und Umzüge gemanagt - Raith war unter anderem in Brüssel, Bangkok und Barcelona im Einsatz. An vielen dieser Airports wurden die Komparsen zu Testzwecken auch mit Koffern ausgestattet, die aufgegeben werden mussten, um das Gepäcksystem zu testen.

Beim Satellitenterminals indes verzichtet der Flughafen auf Probeläufe mit Koffern. "Höchstens Handgepäck kommt zum Einsatz", sagt Raith. Der Grund: Die Koffer und Taschen werden die Fluggäste auch künftig im Terminal 2 aufgeben, ankommendes Gepäck landet dort auf den Ausgabebändern. Da ändert sich also nichts. Projektleiter Raith ist darüber gar nicht mal unfroh: Andernfalls hätte er etwa 10 000 Koffer kaufen und ins System einschleusen müssen. Diesen Aufwand kann er sich sparen. Deshalb wurden für die Tests auch nur vier statt sechs Monate angesetzt.

© SZ vom 02.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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