Flughafen München:Kapazität reicht auch mit zwei Startbahnen

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London hat mehr Passagiere - und auch nur zwei Pisten

"Abflug in neue Sphären" vom 9. November:

Da wollen Ministerpräsident Seehofer und Oberbürgermeister Reiter sich Ende November treffen, um sich über das taktische Vorgehen zum Bau der dritten Startbahn - trotz gegenteiligen Bürgerentscheids - abzusprechen. Soll jetzt zum Halali für die dritte Startbahn geblasen werden, um die Startbahngegner endlich weich zu klopfen? Die im Bericht von Jens Flottau aufgezeigte Ähnlichkeit der Debatten um eine künftige dritte Startbahn für München (MUC) und London-Heathrow (LHR) blendet aber einen gravierenden Unterschied aus: Es sollte daher auch aufgezeigt werden, dass im Jahr 2015 in LHR 74,99 Millionen, in MUC jedoch nur 40,98 Millionen Passagiere abgefertigt worden sind, also nur etwas mehr als die Hälfte von London-Heathrow. In MUC besteht demnach noch viel Luft nach oben, denn weitere Weltflughäfen mit auch nur zwei Startbahnen, wie Hongkong (HGK 2015: 68,28 Millionen) und Singapur-Changi (SIN 2015: 55,45 Millionen) zeigen, es geht auch mit nur zwei Bahnen - man muss es nur organisatorisch wollen.

Ja, München braucht für uns Passagiere und die Wirtschaft einen TOP-Flughafen. Die Marketing-Politik von MUC-Chef Dr. Kerkloh ist aber mehr als hinterfragenswert, denn er will uns - noch kurz vor seiner Pensionierung - glauben machen, dass nicht genügend Slots für neue Flugziele zur Verfügung stehen. Hier versucht er aktiv nachzuhelfen, uns mit Chuzpe in die Irre zu führen, indem er wertvolle Slotkapazitäten an Billigfluggesellschaften (wie easyJet, Norwegian, transavia, Vueling und künftig Ryan-Air) mit deren kleinen One-Aisle-Flugzeugen (A-320, B-737 und noch kleinere) verscherbelt, die die Bahnen künstlich zupflastern, füllen sollen, die aber nur die - gefühlte - 44. Verbindung nach Mallorca und andere bereits vielfach angeflogene Destinationen anbieten, also keine wirklich neuen Flugziele aufweisen.

Eine ähnliche Vorgehensweise gilt auch für innerdeutsche Flüge: Statt fast im "Straßenbahntakt" mit kleinen One-Aisle-Maschinen nach Berlin, Düsseldorf, Hamburg und Köln zu fliegen, könnten die Airlines auch im Zwei-Stunden-Takt mit dem neuen Airbus A330 Regional (A330-343) für bis zu 400 Passagiere (also doppelt so viele wie A-320 oder B-737) fliegen und so genügend neue Slots für uns wirklich fehlende Verbindungen nach Südamerika, Schwarz-Afrika und weitere Nonstop-Verbindungen nach Asien (ohne nerviges Umsteigen in den Golf-Staaten oder Istanbul) sowie bislang nicht angeflogene - "vergessene" - europäische Ziele zu generieren; denn daran fehlt's wirklich.

Hier ist also der MUC-Aufsichtsrat, an seiner Spitze Aufsichtsratschef Dr. Söder, gefordert, wenn er Dr. Kerklohs Nachfolger einsetzt: Weg vom quantitativen Slot-Zupflastern mit Billigairlines, hin zu qualitativen neuen Nonstop-Flugzielen, auch gern mit weniger, aber größeren Maschinen pro Flugziel, wie es London, Hongkong und Singapur vormachen. Wenn im nächsten Jahr der ICE in weniger als vier Stunden von der Münchner in die Berliner City fährt, ist für zeit-anspruchsvolle Passagiere, die kritisch ihre Gesamtreisezeit von City zu City betrachten, die Entscheidung unter zeit-ökonomischen Gründen jetzt schon ausgemacht - und wieder werden Slots frei.

Wie wäre es denn, wenn Dr. Kerklohs Nachfolger den unseligen Streit um die Slot-Problematik mit einer intelligenten bayerisch-münchnerischen Lösung, nämlich "Steuern durch Steuern" (Landegebühren) beenden würde? Man muss es unternehmenspolitisch nur wollen, und der erbitterte Streit um die dritte Startbahn in München wäre endlich hinfällig; denn diese würde dann nicht mehr gebraucht. Heinbert Janze, München

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© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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