Flexible Betreuung:Schnelle Hilfe

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Die neue psychiatrische Tagesklinik an der Neumarkter Straße setzt auf ambulante Angebote. Die Patienten werden dort tagsüber betreut und können abends nach Hause zurückkehren

Von Jana Sauer, Berg am Laim

Patienten wohnortnah versorgen, stationäre Aufenthalte vermeiden: Dies will die neue psychiatrische Tagesklinik in Berg am Laim an der Neumarkter Straße 18 leisten, die nun als mittlerweile achter Regionalstandort des KBO-Isar-Amper-Klinikums Haar offiziell eröffnet wurde. Begrüßt wurden die Premieregäste von Peter Briegert, dem Ärztlichen Direktor der Tagesklinik. Er hob gleich zu Beginn die Vorteile dieses Standorts hervor und sagte scherzhaft, er habe auf dem verzweigten Wegenetz der Münchner Kliniken schon weinende Vormundschaftsrichter gesehen, die sich verirrt hätten und nicht weiter wussten. Das Team unter Briegerts Leitung hat schon seit Mitte Juli 2018 mit der Behandlung von Patienten begonnen, nun folgte die offizielle Eröffnung.

Mit Farben zum Ausdruck finden: In der Kunsttherapie können sich die Hilfesuchenden ganz auf sich konzentrieren. (Foto: Florian Peljak)

Briegert zufolge vertritt die neue Klinik die humanistische Idee der menschenwürdigen Unterbringung und Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen viel eher als deren historische Vorläufer, aber auch als die Kliniken am Stadtrand. Die Ausgrenzung Erkrankter habe eine lange Tradition und müsse nun endlich beendet werden, betont der Arzt in seiner Rede bei der Eröffnung. Außerdem biete die wohnortnahe Versorgung enorme Vorteile, so stünden vor allem ältere Menschen vor massiven Problemen, wenn sie für die ambulante Behandlung täglich eine weite Anfahrt auf sich nehmen müssten.

Akzente im Flur. (Foto: Florian Peljak)

Ganz im Sinne des Humanismus versucht der neue Standort, mit bunten Farben ein Ambiente zu schaffen, in dem sich Erkrankte wohlfühlen. Hier sollen Patienten in ihrem sozialen Umfeld gesund werden, ambulant: Sie verbringen den Tag in der Klinik und kehren abends nach Hause zurück. Das Angebot ist differenziert und enthält neben Musik- und Bewegungstherapie beispielsweise auch eine Schreibwerkstatt, einen Tangokurs und Yogastunden. Die neue Einrichtung in Berg am Laim will aber auch auf anderen Gebieten innovativ sein, zum Beispiel in der Personalstruktur. Im Rahmen der sogenannten Bürgerhilfe werden sozial engagierte Menschen ausgebildet, um Patienten im Klinikalltag, aber auch darüber hinaus zu unterstützen. Therapeutische Aufgaben können sie nicht übernehmen, stattdessen begleiten sie die Patienten beispielsweise bei deren Anfahrt zur Klinik, kaufen für sie ein und helfen bei den Hürden des Alltags.

Grau und Grün: die Farben im Ruheraum helfen dabei, sich zu entspannen. (Foto: Florian Peljak)

Die neue Tagesklinik sei einzigartig, betonte Bezirkstagspräsident Josef Mederer, schließlich könne sie allein den Status einer psychiatrischen Tagesklinik ohne direkte Anbindung an ein Münchener Klinikum für sich beanspruchen: "Auf diese Stand-alone-Lösung sind wir stolz, denn sie kommt den Patienten zugute."

Streng genommen beheimatet das sanierte Gebäude im Münchner Osten gleich zwei Einrichtungen: Bei der ersten handelt es sich um eine allgemeine psychiatrische Tagesklinik für Patienten über 18 Jahre. Die zweite ist auf ältere Patienten jenseits von 65 Jahren spezialisiert, weil bei dieser Bevölkerungsgruppe Diagnose und Behandlung völlig anders gelagert sind.

Ältere Menschen büßen durch nachlassende körperliche Leistungsfähigkeit sowie finanzielle und soziale Einschränkungen Mobilität ein, vielen macht der Verlust eines Partners zu schaffen. Ihre Bedürfnisse sollen durch passende Therapieangebote aufgefangen werden, zumal immer mehr Menschen ein hohes Alter erreichen.

Michael Schwarz ist Chefarzt am Hauptsitz des Isar-Amper-Klinikums in Haar und stolz darauf, dass durch die sogenannte Sektorisierung, bei der Patienten durch regionale Einrichtungen wohnortnah versorgt werden, immer mehr Menschen auf eine stationäre Behandlung verzichten und stattdessen in ihrem gewohnten Umfeld verbleiben können: "Der Bedarf bestimmt die Struktur, auch räumlich." Zentrales Element ist hier die zeitnahe Aufnahme. Wenn man lange Wartezeiten verhindert und schnell ambulant behandelt, erübrigt sich oft ein stationärer Aufenthalt.

© SZ vom 05.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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