Reimraum:Ein Rapper, der sich verletzlich zeigt

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Mit seinem Debütalbum beweist Felly, dass er sich nicht nur durch die Wahl seiner Schuhe von anderen Rappern unterscheidet. (Foto: Alex Jeskulke)

Der Rapper Felly veröffentlicht zusammen mit den "Drunken Masters" sein Debütalbum. Darin stellt er das Klischee des Gangsta-Rappers auf den Kopf.

Von Vivian Harris

So lang her ist es noch nicht, da waren Baggy Pants klare Hip-Hop-Ästhetik, Doc-Martens-Träger hörten automatisch Punk, und die meiste nackte Haut gab es auf Techno-Raves. Was man trug (oder nicht trug), zeigte sofort, wer man ist. Mittlerweile verschwimmen da die Grenzen. Es ist schon immer noch so, dass das, was man hört, zu einem gehört. Aber das ist eben nicht mehr nur ein Genre. Und es ist vor allem kein Grund für eine Identitätskrise. Da textet ein Deutsch-Rapper dann schon mal selbstbewusst: "Schwarze Docs, weißes Shirt. Ja, das bin ich." Aber Felly, der Künstler hinter dieser Line, ist mehr als das.

Seit seinem Song "Ibrahimovic" wird er als der Münchner Trap-Newcomer gehandelt. Jetzt hat Felly sein selbstbetiteltes Debütalbum veröffentlicht, in dem er Turn-up mit Tiefe kombiniert. Produziert sind alle acht Nummern vom DJ- und Produzenten-Duo Drunken Masters, mit dem Felly seit Beginn seiner Karriere arbeitet: Die eine Hälfte lernt er während seiner Zeit beim Münchner Indie-Sender "Radio 80 000" vor gut drei Jahren kennen. Joe und Felly landen spontan im Studio und merken direkt, dass das ziemlich gut passt. Der gemeinsame Stil entwickelt sich schnell in Richtung Trap, und kurz darauf folgt die erste gemeinsame Veröffentlichung mit dunklen Bässen, energischen Beats und einer Prise Größenwahn.

Rappen über Schlafstörungen

Auf "Felly" dreht er jetzt zwar auch wieder auf, dreht dabei aber das Klischee des Gangsta-Rappers auf den Kopf. Unter anderem thematisiert er psychische Gesundheit. Spricht er von der Nacht, meint Felly nicht das Nachtleben, sondern rappt von Schlafstörungen. Beim Song mit Rapperin Nura geht es um selbstzerstörerisches Verhalten, und darum, dass das "Glas immer voll, wenn der Kopf so leer ist". Manche Tracks kommen dann wieder krawalliger daher - zum Beispiel "Puffer" mit Aggro-Bass, oder "Loop" mit dem Hamburger Rapper Ahzumjot. "Jedes Mal" klingt dagegen aber wie der Morgen danach, und das melodischere "Ja, das bin ich" zeigt Fellys unaufgeregten Flow. Zum Abschluss tickt für knapp sechs Minuten eine Zeitbombe. Darüber Fellys Autotune-verzerrte Stimme, die die titelgebende Zeile "Der Boden kommt näher" wiederholt. Mit seinem Debütalbum beweist Felly, dass er mehr ist als der, der "Klitoris" auf "Ibrahimovic" reimt. Und dass er sich nicht nur durch die Wahl seiner Schuhe von anderen Rappern unterscheidet.

Felly: "Felly", Crispy Crust Records

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