FC Pipinsried:Zwölf Charaktertests

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Pipinsried führt die Bayernliga nahezu uneinholbar an. Dann geht der sportliche Leiter, die Trainer hören auf. Der neue Sportdirektor Sarisakal verbreitet Zuversicht.

Von Ralf Tögel, Pipinsried

An diesem Freitag startet der Fußball-Bayernligist FC Pipinsried in die Vorbereitung auf die restlichen zwölf Saisonspiele. Die Bilanz aus den 22 bisherigen Partien: 19 Siege, drei Unentschieden, Torverhältnis 76:20, satte 19 Punkte Vorsprung. Grund genug für eine ruhige Winterpause - eigentlich. Aber in den vergangenen Wochen haben sich die Ereignisse beim beschaulichen Dorfklub überschlagen. Erst trennte sich der Tabellenführer von seinem sportlichen Leiter und Geschäftsführer Roman Plesche, dessen Arbeit ein Gutteil am atemraubenden Aufstieg des Klubs zuzuschreiben ist. Dann verkündeten die beiden Spielertrainer Fabian Hürzeler und Muriz Salemovic, dass sie nach dem Saisonende aufhören werden. Ist das nicht ein bisschen viel Risiko?

Unsinn, sagt Geschäftsführer Uli Bergmann, der nach dem Ausscheiden von Plesche verbliebene Geschäftsführer der Fußball-GmbH. Bergmann sieht keinen Anlass zur Sorge, dass die beiden Spielertrainer ihre Aufgaben fortan nicht mehr mit dem selben Eifer verfolgen wie bisher. Zum einen, weil er beide charakterlich als tadellos einschätzt, zum anderen, weil sich ein Aufstieg in jeder Trainervita gut macht. Außerdem sehe es danach aus, dass "uns Muriz als Spieler erhalten bleibt", meint Bergmann. Er würde Salemovic gerne im Regionalliga-Kader sehen.

Auch Tarik Sarisakal würde den 31-Jährigen in der kommenden Saison gerne beim FCP sehen, auch Sarisakal glaubt an die Honorigkeit der beiden Angestellten. Der 47-Jährige ist Plesches Nachfolger. Bergmann habe ihn kürzlich kontaktiert, man wurde sich schnell einig, seit vergangenem Sonntag ist Sarisakal in Amt und Würden. Er ist kein Unbekannter im Münchner Fußball, hat selbst für viele Klubs gekickt, auch ein kurzes Gastspiel als Profi in der Türkei bei Galatasaray Istanbul kann er vorweisen. Als Trainer war er unter anderem bei Landesligist Fürstenfeldbruck und Bezirksligist Jetzendorf engagiert, aus dieser Zeit kennt er Bergmann. Zuletzt trainierte er den Bezirksligisten FC Schwabing. Dem Bayernligisten Pipinsried hat Sarisakal bereits ein neues Mantra verordnet: "Back to the roots", zurück zu seinen Wurzeln soll der Dorfverein also.

Noch Spielertrainer, bald nur noch Spieler? Nachrangig, Muriz Salemovic, 31, will in jedem Fall als Aufsteiger die Saison beim FC Pipinsried beenden. Was dann folgt, ist noch nicht besprochen. (Foto: Toni Heigl)

Vor allem Vorgänger Plesche darf sich angesprochen fühlen. Der war selbständig und konnte, wie er erzählt, seinen Beruf flexibel den Aufgaben im Klub anpassen, die immer stärker in den Vordergrund gedrängt hätten. Also habe sich für ihn die Frage gestellt, welcher Tätigkeit er zukünftig den Vorzug geben wolle - Tendenz Fußball. Es folgte die einvernehmliche Trennung, denn beim FC Pipinsried sieht man in der Regionalliga das Ende der Fahnenstange erreicht. Profistrukturen seien in dem 500-Seelen-Dorf nicht realisierbar, erklärt Sarisakal, schon gar kein hauptamtlicher sportlicher Leiter. Er sei beruflich zwar sehr eingespannt, weshalb er auch nach 17 Jahren das Trainerdasein beendet habe: "Das hat zeitlich mit dem Beruf nicht mehr zusammengepasst." Für die Aufgabe als sportlicher Leiter in Pipinsried sieht er aber keine Probleme. Schließlich lebe er in Markt Indersdorf, das ist nicht einmal zehn Kilometer entfernt.

Wie es weitergehen soll? "Wir wollen uns in der höchsten Amateurliga etablieren", sagt Sarisakal, Bergmann pflichtet ihm bei. Die "strukturelle Basis" sei dafür gegeben, nicht für mehr - was im Übrigen auch finanziell gelte. Das schmucke Stadion wurde bekanntlich noch unter Präsidenten-Legende Konrad Höß regionalligatauglich saniert, finanziell steht der Klub auf gesunden Beinen - für diese Spielzeit. Spielerverträge aber laufen aus, ein Trainer muss gefunden werden. Vor allem die Beschaffung monetärer Ressourcen sei eine tägliche Herausforderung in einem Ort wie Pipinsried, betont Bergmann. Diesbezüglich werde er auch Sarisakal in die Pflicht nehmen.

Die Trainersuche inklusive erster Gespräche laufe bereits, Namen gebe es keine, "aus Rücksicht auf die Kandidaten", so Sarisakal, denn einige stünden noch bei anderen Klubs unter Vertrag. Das war bei Sascha Mölders kein Problem, der war ja ebenfalls Kandidat. Das hat sich aber bereits erledigt, woran auch Sarisakal mitgewirkt hat. Er wollte sich erst ein Bild machen, bevor er in ein Gespräch mit dem Löwen-Stürmer gehen wollte. Bergmann hatte die Bitte telefonisch überbracht, was bei Mölders wenig Begeisterung hervorrief - er beendete die Angelegenheit, ehe mehr daraus werden konnte. Zur Freude von Günther Gorenzel, dem Kollegen von 1860 München: "Ich bin permanent im Gespräch mit der Familie Mölders und habe ein ganz gutes Gefühl", ließ der sportliche Leiter der Löwen mitteilen.

Vom Bezirksliga-Trainer zum sportlichen Leiter eines Regionaligisten? Tarik Sarisakal, 47, soll den Aufstieg begleiten, dann will er den FCP in der vierten Liga etablieren. (Foto: Lackovic / Imago)

Bliebe noch die Kleinigkeit des Aufstiegs, woran Bergmann kaum Zweifel plagen: "Da müssen wir ja fast zehn der verbleibenden zwölf Spiele verlieren." Auch die momentane Verfassung des Kaders macht Hoffnung. "Ich weiß von keinen Verletzten", sagt Hürzeler, das habe es in der gesamten Saison bisher noch nie gegeben. Am Freitag zum Vorbereitungsstart würden nur zwei Akteure berufsbedingt fehlen, doch "sie stoßen am Samstag zur Mannschaft". Dann testet der FCP gegen Freising.

Hürzeler warnt aber vor Leichtfertigkeit: "Wir starten mit dem Spiel in Deisenhofen, schwerer geht es nicht." Deisenhofen ist der ärgste Verfolger des FCP, sofern man bei dieser Konstellation überhaupt von einem Verfolger sprechen kann. "Da müssen wir gewinnen, darauf konzentrieren wir uns." Im Übrigen müsse sich niemand Gedanken machen, dass er nicht mit 100 Prozent in die Restsaison gehe: "Wer mich kennt, der weiß, dass ich immer gewinnen will. Egel ob Deisenhofen, Testspiel oder zu Hause beim Kartenspielen."

© SZ vom 07.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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