FC Pipinsried:Erst Depp, dann Held

Lesezeit: 3 min

Pipinsrieds Ersatztorwart Sebastian Hollenzer zeigt gegen Donaustauf zunächst einige Unsicherheiten und verschuldet einen Treffer, rettet dem Tabellenführer am Ende jedoch den 4:3-Sieg.

Von Nico Horn, Pipinsried

Was wäre gewesen, hätte sich der Torwart verletzt? "Dann wäre halt ich reingekommen", antwortete der Trainer, der mit seinen 26 Jahren zwar voll im Saft ist und, wenn ihn mal kein Zipperlein plagt, auch regelmäßig selbst auf dem Platz steht - aber eigentlich doch nicht im Tor. Fabian Hürzeler, eine Hälfte des Spielertrainer-Duos beim FC Pipinsried, dürfte seine Aussage dennoch ernst gemeint haben. Viele Möglichkeiten hätte es auch nicht gegeben, wäre der Notfall eingetreten. Sebastian Hollenzer, 21, war beim Spiel der Pipinsrieder gegen den SV Donaustauf nämlich der einzige Torwart im Kader. Stammtorwart Johann Hipper hat sich einen Muskelfaserriss zugezogen. Und einen dritten Tormann gibt es nicht, nachdem Thomas Reichlmayr den Verein im Juli verlassen hat.

Letztlich ging alles gut: Der Keeper blieb unverletzt und das Spiel wurde mit 4:3 (2:2) gewonnen. Aber für einen Bayernliga-Tabellenführer ist der Engpass kein Ruhmesblatt. Hürzeler könnte nun einen Torwart aus der U19-Kreisklasse hochziehen, aber die Kreisklasse im Jugendbereich hat halt ziemlich wenig mit der Männer-Bayernliga zu tun. "Da stelle ich lieber einen Spieler rein", sagte Hürzeler. "Von hinten sieht man alles, da brauche ich jemanden mit Spielverständnis." Es sei eben das Los des Dorfvereins, dass der Unterbau nicht genauso schnell wächst wie die in eine GmbH ausgegliederte erste Mannschaft.

Drei Tore in den ersten sieben Minuten. Dachte hier eigentlich irgendwer ans Verteidigen?

Hürzeler und Kollege Muriz Salemovic können nun wählen, ob sie vor jedem Spiel beten oder drei Mal auf Holz klopfen wollen, dass Hollenzer gesund bleibt. Gegen Donaustauf wurde der Keeper kurz vor Schluss sogar zu einem kleinen Helden der Partie - wonach es zuvor weiß Gott nicht ausgesehen hatte. Aber der Reihe nach.

Der FC Pipinsried hat durch die Verletzung von Johann Hipper derzeit nur einen Schlussmann zur Verfügung, aber er jubelt am Ende trotzdem. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Nur 340 Zuschauer waren ins Pipinsrieder Stadion kommen. Vielleicht wird den Fans das ewige Siegen langsam fad. Hürzeler wunderte sich, fand aber trotzdem, dass der Start der schönste war, "den man sich vorstellen kann". Stürmer Pablo Pigl köpfelte eine Flanke von Amar Cekic zum 1:0 ins Tor. "Können ma' wieder gehen", sagte ein Fan auf der Tribüne. War zu seinem Glück offensichtlich nur ein Spaß, er blieb und bekam bald mehr Action. In der sechsten Minute sprintete Donaustaufs Pedro Braz die linke Außenbahn entlang, flankte auf Nikica Filipovic - 1:1. Gleich im Gegenzug traf Marcel Ebeling nach einer Brustablage von Pigl aus etwa elf Metern zur erneuten Pipinsrieder Führung.

Dachte hier eigentlich irgendjemand ans Verteidigen? Ein paar Minuten lang, immerhin. Wobei Pipinsried immer wieder in den gegnerischen Strafraum kam und Donaustauf gefährlich konterte. Allerdings verloren beide Teams im entscheidenden Moment die Übersicht. Dann die 34. Minute: Braz haute den Ball zielgenau quer über den Platz auf Filipovic, der schoss nach einem Übersteiger zwar auf Hollenzer, der FCP-Torwart konnte den vom nassen Boden abspringenden Ball aber nicht festhalten, so dass Braz - inzwischen auch im Strafraum angekommen - zum 2:2 abstaubte. Auf der Tribüne wussten sie, was für Hollenzer eigentlich zu tun gewesen wäre. "Da muss ein Torwart da sein." Wenigstens Hürzeler sprang Hollenzer zur Seite: "Ich weiß, manche sehen jetzt die Schuld bei Basti. Aber für einen Torwart ist es brutal schwer, ohne Spielpraxis reinzukommen."

"Es war ein geiles Spiel", fand Gästetrainer Koller. Das 4:3 kurz vor Schluss ärgerte ihn aber

Hollenzer wirkte in der zweiten Halbzeit trotzdem verunsichert. Mal kam er aus seinem Tor gelaufen, wenn er lieber drin geblieben wäre, ein anderes Mal sprang er ohne Not mit Ball ins Toraus. Für das 2:3 konnte er allerdings nichts, das war Stephan Thees Fehler: Unter lobenswertem Einsatz rettete er den Ball an der Mittellinie vor dem Seitenaus, grätschte allerdings genau in den Lauf von Nikola Vasilic. Der eingewechselte Stürmer umkurvte Hollenzer ziemlich lässig und schob ein (56.).

Sebastian Hollenzer, 21, Keeper mit Höhen und Tiefen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

"Es war ein geiles Spiel", sagte Gäste-Trainer Franz Koller, "mit viel Kampf, Zweikämpfen und Engagement". Dabei hatte die Partie noch viel mehr zu bieten. Zum Beispiel das Traumtor von Cekic zum 3:3 (62.). Von der rechten Strafraumkante zog er nach innen und schlenzte den Ball genau zwischen linken Pfosten und Latte. Und auch ein bisschen Ungerechtigkeit gab es auch noch. Erst hatte Steffen Krautschneider Glück, dass er nur Gelb sah für sein Foul an Filipovic, es war haarscharf an einer Notbremse. Das lag wohl noch im Ermessensspielraum des Referees, den entscheidenden Elfmeter für den FCP in der 89. Minute hätte es aber nicht geben dürfen: Salemovic stand im Abseits, bevor er auf den gefoulten Oliver Wargalla passte.

In der Nachspielzeit sicherte ausgerechnet Hollenzer den Sieg. Er parierte einen Flachschuss und den Nachschuss hielt er auch noch fest. Das dürfte ihm Selbstvertrauen geben, was ja nie schaden kann. Und sogar auf der Tribüne haben sie ihn wieder lieb gewonnen.

© SZ vom 21.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: